Lange Zeit saß im Einzelzeitfahren der U23 bei den Straßenweltmeisterschaften in Wollogong ein Fahrer in einem rosa-blau gefärbten Zeitfahreinteiler im Hot-Seat, mit dem wohl niemand gerechnet hätte. Am Ende wurde es für Kaden Hopkins Platz 13. Damit etablierte er seine Heimatinsel Bermuda in Mitte der Weltspitze des Radsports. Schon im Vorjahr in Brügge vertrat er sein Land bei den Weltmeisterschaften, landete dort noch auf dem 48. Platz mit einem Rückstand von fast drei Minuten. Diesen konnte er fast halbieren, auf einem viel anspruchsvollerem Kurs rund um die australische Küstenstadt.
„Die Vorbereitung war viel besser als im letzten Jahr. Ich hatte viele Straßenrennen, konnte mich aber auch sehr gezielt auf das Zeitfahren einstellen, war im Höhentraining in Andorra. Auch von der Ausrüstung her konnte ich mich verbessern“, erklärte der 22-Jährige im Gespräch nach seinem überraschenden Auftritt in Wollongong. Mit schnelleren Reifen distanzierte er Fahrer wie den Belgier Lennart Van Eetvelt, immerhin Gesamtzweiter des Baby Giro in diesem Jahr, ließ beispielsweise auch Hannes Wilksch hinter sich.
„Ich hatte das Selbstvertrauen in mein Material und bin auch in der besten Form meines Lebens“ , strahlte der aus dem britischen Überseegebiet stammende Sportler. Ähnlich wie der spätere neue U23-Weltmeister Soren Waerenskjold aus Norwegen fand Hopkins die richtige Taktik für die schwere, 28,2 Kilometer lange Strecke in der australischen Küstenstadt. „Bei den ersten Zwischenzeiten lag ich noch zurück, aber am Ende hatte ich dadurch noch ein paar Tropfen im Tank, die ich auf den letzten Metern dann noch ausspielen konnte“, grinste er überglücklich.
Diese Taktik bezog er mit seinem Trainer vor allem auch aus dem Beobachten des Eliterennens der Männer. „In der letzten halben Runde sind da viele Profis richtig eingegangen und daher hat mich mein Trainer angewiesen voll auf unseren Plan zu achten, damit ich am Ende noch ein paar Kräfte übrig habe“, so Hopkins, der vor zwei Jahren seine Heimat verließ, um den nächsten Schritt in seiner Entwicklung zu gehen.
Chance in Spanien
Am Ende des Jahres 2020 eröffnete sich für ihn eine Möglichkeit nach Europa zu gehen. Ein erfahrener Kontrahent aus der Dominikanischen Republik, der mit spanischen Wurzeln ausgestattete Diego Milan, der schon bei Teams wie Acqua e Sapone und Caja Rural fuhr, fragte ihn nach einem Rennen, ob Hopkins den Weg nach Spanien wagen möchte: „Er kannte mich von Rennen aus der Dominikanischen Republik und erzählte mir, dass ich einen Platz in einem Amateurteam haben könnte.“
Woraufhin sich der damals 20-Jährige mit seinen Eltern, die selbst Athleten waren, beratschlagte. „Am Ende des Tages haben sie gesagt mach es, das ist doch die Chance deines Lebens„, erinnerte er sich und seitdem bestreitet er die Ligarennen und kleinen Rundfahrten auf der Iberischen Halbinsel. „Das Niveau ist natürlich ganz anders als in der Karibik. Deshalb waren die beiden Saisons Lernjahre und ehrlich gesagt ist Spanien gar nicht so mein Terrain. Ich bin kein Kletterer“, musste der Bermudianer schmunzeln.
„Aber dort habe ich gelernt meine Kräfte mir so einzuteilen, dass ich, wenn Rennen auf mich zugeschnitten sind, das im Finale noch ausspielen kann“, fügte er an, was er im U23-Zeitfahren auch eindrucksvoll unter Beweis stellte. Sein persönliches Ziel, die Top 15 zu erreichen, schaffte er deutlich. Fand er sich vor einem Jahr noch im Kreis der Exoten, so hat er diesen nun verlassen: „Ich wollte mein bestes Rennen fahren und hätte wohl keinen besseren Tag erwischen können.“
Sprung zu den Profis?
Nun hofft er, dass er für 2023 einen Profivertrag bekommen kann und sich auch mit dem guten Ergebnis aus Wollogong ein paar Türen öffnen. „Ich wollte für Aufmerksamkeit sorgen bei der WM und das ist mir auch gelungen„, strahlt Hopkins, der erst mit 16 Jahren aufs Rennrad kam. Denn vorher war er, wie übrigens auch der aktuelle Vuelta-Sieger Remco Evenepoel, noch Fußballer. „Aber bezeichnet mich jetzt bitte nicht als der Remco der Karibik, das ist noch kein Titel für mich“, scherzte er. Am Freitag wird er dann auch noch im Straßenrennen im Einsatz sein. Dort erwartet er das typische Chaos des Nachwuchsrennens, hofft sich aber im Feld lange verstecken zu können und etwaig seine guten Fähigkeiten im Finale auszuspielen zu können. „Das wird natürlich schwer, denn unser Trikot fällt schon auf im Feld“, sprach er den rosa-blauen Kit der Bermudas an, die übrigens in allen Sportarten mit diesem Farbdesign auffallen: „Aber für das Trikot bekommen wir nur Komplimente. Auf ein so cooles Trikot sind einige Nationen neidisch.“
Das U23-Straßenrennen wird am Freitag ausgetragen. Infos, Strecke, Startliste – hier