Rui Costa und das perfekte Match – der Fuchs & das Underdog-Team
Nach neun Jahren beim Team UAE (und der Vorgänger-Equipe Lampre) wechselte der 36-Jährige zum Team Intermarché-Circus-Wanty. Ein Transfer, den man schnell in die Kategorie „locker die Karriere auslaufen lassen“ einsortieren könnte. Aber Costa muss niemandem etwas beweisen, hat während seiner langen Karriere ordentlich verdient und hätte entspannt seine erfolgreiche Karriere als einer der besten portugiesischen Radprofis aller Zeiten 2022 auslaufen lassen können. Hat er aber nicht.
Costa hat den Wechsel als Neustart betrachtet, wusste, dass er bei „Wanty“ die Chance bekommt Leader zu sein. Rennen fahren, auf eigene Rechnung, dazu Vorbild und Berater für die jungen Sportler im Team.
Costa zeichnet seine Cleverness aus. Er hat oft bewiesen, dass er einen herausragenden Renninstinkt besitzt, stets dazu bereit ist, eine clevere Taktik für den eigenen Vorteil anzuwenden. Er ist ein „Fuchs“ auf dem Rad. Ausgebufft, clever, zur Not eiskalt.
Im Trikot des Teams Intermarché-Circus-Wanty ist er dazu nun in der Rolle des Underdogs. Die anderen, großen Teams müssen die Rennen gestalten, bestimmen, die Verantwortung tragen. Costa kann auf seine Chance lauern. Das ist genau das, was ihn auszeichnet. An dieser Stelle sind Intermarché-Circus-Wanty und Rui Costa das perfekte Match.
Das Paradebeispiel war die Schlussetappe der Valencia-Rundfahrt. Giulio Ciccone als Leader, dazu die bärenstarken Teams Ineos Grenadiers und Bahrain-Victorious. Ex-Champion Aleksander Vlasov mischte auch mit. Sie kämpften zu viert um Sekunden für den Gesamtsieg, belauerten sich. Costa profitierte. Seine Attacke hätte vielleicht jeder von ihnen neutralisieren können, aber nicht, ohne dabei der Konkurrenz einen Gefallen zu tun und eventuell den Konter vorzubereiten. Genau darum geht es oft im Radsport, in solch packenden Finales.
Man könnte sagen, die Taktik Costas lag auf der Hand. Das stimmt auch, aber sie umzusetzen, ist kein Kinderspiel. Den richtigen Moment wählen, die richtige Position in den Minuten zuvor. Das Gespür für die Stärke der Konkurrenz und die Sicherheit, den richtigen Moment nicht zu verpassen – all das braucht Cleverness und viel Erfahrung. Costa hat diese, dazu eine sehr gute Form und nichts zu verlieren. Eine perfekte Mischung, mit der er den Etappensieg und das Gelbe Trikot der Valencia-Rundfahrt holte. Beeindruckend! Costa erscheint in den ersten Wochen der Saison wie ein perfektes Bauteil eines unglaublich starken Teams, dass beeindruckt, und viele ungläubige Blicke provoziert.