Zweifel an der Übermacht
Das Team Jumbo-Visma ist eine absolute Top-Mannschaft. Mit üppigem Budget ausgestattet, ein Ensemble aus Ausnahmesportlern. Fahrer, die bei Jumbo-Visma bei einer Tour de France als erster Helfer das Tempo machen müssen, wären in anderen Teams Kapitän. Eine Weltklasse-Equipe, mit Weltklasse-Sportlern. Dass diese Startruppe erfolgreich ist, überrascht nicht. Dennoch, die Dominanz, mit der Jumbo-Visma auftritt, sorgt für hochgezogene Augenbrauen. Im Frühjahr extrem stark, auch in der Breite. Giro und Tour gewonnen, bei der Vuelta mit drei Fahrern in der Gesamtwertung vorn. Beeindruckend!
Mit großen Erfolgen geht immer auch etwas Skepsis einher – das hat sich der Radsport in der Vergangenheit erarbeitet, mit vielen Dopingskandalen, die großartige Leistungen und tolle Erfolge später als Sportbetrug entlarvten. Bei Jumbo-Visma wird nun auch besonders kritisch hingeschaut, nach dem positiven Dopingtest von Michel Heßmann.
Für eine erfolgreiche Mannschaft ist es ärgerlich, wird die Frage gestellt, ob sie „zu gut um sauber zu sein“ sind. Solch Misstrauen ist ärgerlich, für saubere und ehrlich Athleten. Doch der Radsport hat sich selbst in die Position gebracht, dass Erfolg von Skepsis begleitet wird. Das ist nicht zwangsläufig zum Nachteil des Sports, denn wird genau hingeschaut und Verdachtsmomenten nachgegangen, trägt das zur Glaubwürdigkeit bei. Wegschauen hat den Sport in eine Krise geführt, aus der er sich mühsam herauskämpfen musste. Vor allem in Deutschland. Glaubwürdigkeit ist wichtig, für Sponsoren und Fans. Bei Michel Heßmann wurden bei einer Hausdurchsuchung keine Dopingmittel gefunden, die sichergestellten Datenträger werden offenbar noch ausgewertet.
So nervig und ärgerlich es für Jumbo-Visma sein mag, dass man ihre Erfolge ein Stück weit skeptisch betrachtet und hinterfragt, sie müssen damit klarkommen und können mit Transparenz und offener Kommunikation dem entgegentreten. Das würde dem Radsport insgesamt gut zu Gesicht stehen, vor allem nach dem Fall Heßmann.