Cian Uijtdebroeks (Foto: © Roth&Roth / CV)

Es war der Höhepunkt einer heißen Transfer-Saison. Das Team Visma | Lease a Bike verkündete den Zugang des belgischen Supertalents Cian Uijtdebroeks. Einige Minuten später meldete sich das Team Bora-hansgrohe mit einer Stellungnahme zu Wort: „Cian ist und bleibt ein Mitglied von Bora-hansgrohe, auch in der kommenden Saison 2024. Er ist vertraglich bis zum 31. Dezember 2024 an uns gebunden.“ Verwirrung bei vielen Fans, ein echter Popcorn-Moment. Der große Knall einer langen Geschichte, die viele Verlierer hat und möglicherweise noch einige weitere Kapitel bekommt.

Die ganze Geschichte beginnt im Jahr 2020. Uijtdebroeks gilt in den Junioren als Supertalent. Mega professionell, fokussiert, extrem veranlagt. Einige WorldTeams haben Interesse. Dan Lorang, damals noch Chef-Trainer bei Bora-hansgrohe überzeugt den Belgier vom Weg des Bayrischen Rennstalls. Ein Jahr bei den Junioren im Team Auto Eder, dann in die WorldTour. Ein gut geplanter, angepasst ruhiger Aufbau – so der langfristige Plan. Bora-hansgrohe sieht in Uijtdebroeks einen Rohdiamanten. Einen Fahrer, den man sich voll entwickelt wohl kaum leisten könnte. Einen potenziellen GC-Siegfahrer, einen echten Champion. Beide Seiten haben das gleiche Ziel – Cian Uijtdebroeks zu einem erfolgreichen WorldTour-Fahrer entwickeln, der große Siege einfahren kann.

Im ersten Profi-Jahr stehen kleinere und auch vereinzelt große Rennen auf dem Programm. Die Tour de l’Avenir im Nationaltrikot ist eines der großen Ziele. Uijtdebroeks gewinnt souverän. Im Team Bora-hansgrohe erkennt man neben seinem Potenzial aber auch Schwächen. Vor allem im fahrtechnischen Bereich ist Verbesserung nötig. So wird Uijtdebroeks auch mal zu einem Klassiker-Recon hinzugeholt, um zu lernen. Uijtdebroeks ist extrem professionell – gehört in Sachen Lebensstil sicher zu den krassesten Profis. Essen wiegen, Coretraining, Askese, Training – Uijtdebroeks lebt 100% seinen Sport. Das beeindruckt, hat aber auch Begleiterscheinungen. Ein Radteam ist ein komplexes Geflecht. Es geht um Erfolg und Geld, ein Rudel von erfolgshungrigen Leistungssportlern. Man muss seinen Platz im Team finden – manchmal erkämpfen. Das gilt für alle Profis, da geht es auch mal rau zu. Doch Erfolg ist im Radsport-Rudel nur möglich, wenn ein Team zusammenarbeitet. Ein Fahrer allein kann nicht gewinnen, egal wie gut er ist.

Uijtdebroeks Art lässt sicher bei einigen Fahrern die Augenbrauen hochgehen. Neckereien zwischen Profis ist Teil des Sports, diese wird es auch gegenüber Uijtdebroeks gegeben haben. Wie man so etwas empfindet, ist individuell. Wenn beispielsweise Bahrain-Teamkollegen Matej Mohoric aufziehen, weil er mit Helm auf der Rolle sitzt, mag das nicht für alle lustig sein. Im nächsten Rennen sind es aber genau diese Kollegen, die ihm den Erfolg ermöglichen, sich für ihn aufopfern. Mohoric trägt den Beinamen „Professor“, ist ein Tüftler, ein „Radsport-Nerd“, der mit Motorradklamotten Abfahrten übt um an Grenzen zu gehen. Seine Abfahrt nach Sanremo mit der versenkbarer Sattelstütze haben nicht wenige Kollegen als „verrückt“ bezeichnet. Aber sie haben Respekt vor seiner Leistung, seinem Mut, seiner Akribie und natürlich dem Erfolg. Fast das gesamte Sanremo-Fahrerfeld gratulierte Mohoric im Ziel zu seinem Coup beim italienischen Monument. Sich gegenseitig aufziehen, kleinere Neckereien sind im Profisport verbreitet. Diese werden unterschiedlich empfunden, und natürlich gibt es Grenzen. 

Uijtdebroeks hatte sicher keinen leichten Stand. Performance-Chef Rolf Aldag ließ das im „The Cycling Podcast“ durchblicken. So würden sich wohl ältere Fahrer die Frage stellen, was in ihrer Karriere möglich gewesen wäre, hatten sie ähnlich akribisch und professionell gearbeitet wie Uijtdebroeks. Dennoch sprachen viele Teamkollegen gegenüber Medienvertretern stets sehr respektvoll über den jungen Belgier. „Ich war beeindruckt von Cian. Ich habe mich bei der Vuelta sehr für ihn gefreut, und gedacht, er hat sich seinen Platz mit Leistung erkämpft und sich den Respekt verdient erarbeitet“, sagte ein Teamkollege nach der Spanien-Rundfahrt gegenüber CyclingMagazine. Damals gab es noch keine Anschuldigungen bezüglich Mobbing. Die Beziehung zwischen Team und Fahrer hatte aber wohl bereits vor der Vuelta gelitten.

Früh keine Bora-Zukunft gesehen

Der geschlossene Vertrag von Uijtdebroeks lief bis Ende 2024. Bereits zu Beginn des Jahres 2023 unternahm das Team offenbar Bemühungen, diesen zu verlängern. Damals war Uijtdebroeks noch vor allem durch sein familiäres Umfeld beraten. Es kam zu keiner Verlängerung. Das Team legte vor der Saison 2023 gemeinsam mit Uijtdebroeks fest, dass die Vuelta im Spätsommer das große Ziel sei, wenn er bereit ist, für seine erste Grand Tour. In seiner Vorbereitung bekam Uijtdebroeks viel Support. Etappen wurden angeschaut, Trainingslager, optimale Renn-Vorbereitung. Das zeigt den Stellenwert des 20-Jährigen im Neo-Profi-Vertrag recht eindeutig. 

Emanuel Buchmann vor „Vuelta-Uijtdebroeks-Bodyguard“ Jonas Koch (Foto: © Roth&Roth / CV)

Aldag unterstrich dies im Podcast – Uijtdebroeks hatte bei seiner ersten Grand Tour direkt Helfer, die nur für ihn abgestellt waren. Zudem bekam er direkt eine Co-Leader-Rolle, obwohl niemand wusste, wie er drei Wochen verkraften würde. Doch Uijtdebroeks war unzufrieden, schielte wohl bereits zu den superprofessionellen Teams mit dickem Budget, bei denen er für sich ein besseres Umfeld sah. Das Interesse von Ineos Grenadiers war in der Branche kein Geheimnis.

Während der Vuelta fühlte sich Uijtdebroeks dann ganz offensichtlich ungerecht behandelt. Er griff seine Teamkollegen an, bemängelte die Unterstützung. Uijtdebroeks machte das öffentlich, über die Medien. Das kam bei einigen Teamkollegen nicht gut an. Zumal Uijtdebroeks aufgrund seiner fahrerisch-taktischen Defizite immer wieder ins Hintertreffen geriet, ohne Helfer wie Jonas Koch in der Gesamtwertung keine Rolle hätte spielen können. Gruppenaktivitäten am Ruhetag blieb er fern, zumindest einige Teamkollegen nahmen es so wahr, dass er sich wenig bemühte, Teil der Gruppe zu sein.

Im Nachgang scheint dies nun so, als habe Uijtdebroeks sich zu diesem Zeitpunkt bereits isoliert gesehen und der Bruch mit dem Team war vielleicht nur eine Frage Zeit. Seine Aussagen, das Team wäre gegen ihn gefahren – was sicher auf die Aktion von Denz und Vlasov bezogen war – stützen diese These. Vlasov war klarer Leader, Denz war nicht nur für diesen, sondern auch Uijtdebroeks Helfer. Aus mehreren Gesprächen wurde klar: Die Wahrnehmung von Uijtdebroeks bezüglich des Rennens ist eine andere, als die seiner Kollegen.

Der Knall

Nach der Vuelta war in der kleinen Welt des Profiradsports klar, dass Uijtdebroeks das Team unbedingt vorzeitig verlassen will. Bei Bora-hansgrohe musste man abwägen, ob man das große Talent, das man selbst formte und förderte, nun einfach ziehen lässt – zu Beginn der sportlichen Groß-Erfolge. Die Scouts, das Performance-Team, die Teamleitung – sie hielten große Stücke auf Uijtdebroeks, hatten viel in dieses „Projekt“ investiert. Doch ein Team ohne Zusammenhalt kann kaum erfolgreich sein. Uijtdebroeks warf dem Team immer wieder vor, ihn zu wenig zu unterstützen, gar schlampig zu arbeiten. 

Nach dem Chrono des Nations machte er sich in der Presse richtig Luft. „Nach zehn Kilometern löste sich mein Schalthebel und ich musste mit dem Ersatzrad weiterfahren, das überhaupt nicht in Ordnung war. Ich komme, um zu lernen, aber es macht mehr Spaß, wenn die Fahrräder in Ordnung sind.“ Er sagte, es gäbe immer wieder Materialprobleme bei Bora, zudem sei er gegenüber der Konkurrenz im Nachteil. „Ich hoffe, dass Bora einen Plan machen wird, es wäre dumm, das nicht zu tun. Jeder weiß, dass ich die Kraft habe, ein gutes Zeitfahren zu fahren“, polterte Uijtdebroeks. 

Das Team schwieg lange zu diesen Vorwürfen, doch Aldag äußerte sich nun im „The Cycling Podcast“ auch dazu – er stellte klar, dass der Einsatz bei Chrono des Nations ursprünglich nicht geplant war und das Vorgehen im Vorfeld abgesprochen war. Aldag brachte auch den Vergleich zu Evenepoel an, der mit sehr ähnlichem Material eine gute Leistung bringt. „Er ist Zeitfahrweltmeister“, sagte Aldag. So schlecht könne das Material nicht sein, spielt er darauf an, dass sowohl Evenepoel, als auch Uijtdebroeks auf Specialized unterwegs sind. 

Aldag hat viele Jahre bei QuickStep gearbeitet, gute Kontakte und weiß als Performance Chef für diesen Bereich genau, wie der aktuelle Stand ist. Klar, Evenepoel ist extrem aerodynamisch, das hat mit seiner Position auf dem Rad und dem Equipment zu tun. Dass die Leistungsunterschiede allein am Material hängen, glaubt man bei Bora-hansgrohe nicht.

Was nach der Vuelta zwischen Uijtdebroeks und der Teamleitung passierte, wird im Detail noch aufzuarbeiten sein. Es zeichnet sich ein Bild, wonach die Bora-hansgrohe-Führung recht schnell dem Abgang gegen eine Ablöse positiv gegenüberstand. Doch bezüglich der Ablöse gab es Probleme. Uijtdebroeks nahm die Dienste von Agent Alex Carrera an. Ralph Denk stellte die Summe von 1 Mio € als Ablöse in den Raum. Das Team Ineos Grenadiers war offenbar bereit, diese Summe zu bezahlen, heißt es im Peloton. Doch Uijtdebroeks hat für seine Zukunft ein anderes Team auserkoren: Visma | Lease a Bike. Dieses Team jedoch war offenbar nicht bereit, eine Ablöse zu zahlen.

„In diesem konkreten Fall stellt sich die Frage, welches Gericht zuständig und welches Recht überhaupt anwendbar ist“

Christian Raiser, Experte für Sportrecht

Uijtdebroeks kündigte den Vertrag mit Bora-hansgrohe und schloss sich als ungebundener Fahrer dann Visma | Lease a Bike an. Die UCI prüft den Fall, laut HLN fehlte bis Anfang Dezember noch die nötige Zustimmung des PCC – Professional Cycling Council der UCI. Uijtdebroeks ist in neutralen Klamotten beim Dezember-Trainingslager des Teams Visma | Lease a Bike dabei. Nun wird vermutlich juristisch geklärt, ob die Kündigung rechtens ist. Hier wird es kompliziert und möglicherweise knifflig.

Die juristische Ebene

Zunächst kann man festhalten, dass vorzeitige Wechsel durchaus üblich und möglich sind – wie auch der Wechsel von Primoz Roglic zeigt. Doch dafür muss nach den Bestimmungen des Weltradsportverbandes das „UCI Pro Cycling Council“ zustimmen und sich auch beide Teams über die Transferbedingungen einigen. Das ist in diesem konkreten Fall jedoch nicht geschehen. Sondern Uijtdebroeks hat seinen Vertrag mit Bora-hansgrohe gekündigt, sich dann einer anderen Mannschaft angeschlossen.

Klar ist, dass Uijtdebroeks das deutsche Team verlassen wird. „Wenn die Kündigung rechtmäßig war, kann auch die UCI der Kündigung nicht ohne weiteres widersprechen und ihn zwingen, weiter für Bora-hansgrohe zu fahren“, sagt Jurist Christian Raiser, Experte für Sportrecht. Die UCI hält sich derzeit noch bedeckt. Ein Gericht wird nun im nächsten Schritt die Wirksamkeit der Kündigung bestätigen müssen. „In diesem konkreten Fall stellt sich die Frage, welches Gericht zuständig und welches Recht überhaupt anwendbar ist“, so Raiser. Uijtdebroeks ist Belgier, hat seine Lizenz beim belgischen Radsportverband. Er ist beim in Österreich ansässigen Unternehmen hinter dem Bora-Radteam zudem offenbar nicht angestellt, sondern als Radprofi selbstständig, wobei diese Selbständigkeit faktisch als Arbeitsverhältnis gewertet werden könnte, mit der Folge, dass Arbeitsrecht anwendbar wäre.

Eine Kündigung muss in jedem Fall aus einem wichtigen Grund erfolgen. „Allein die sportliche Unzufriedenheit wird als Kündigungsgrund nicht ausreichen. Es handelt sich um Leistungssport, da gibt es auch teamintern einen Wettkampf und ein Direktionsrecht der sportlichen Leitung. Um einen möglichen Verstoß gegen Vertragsdetails bewerten zu können, müsste man diesen aber kennen“, so Raiser. Ein Fahrer kann nicht einfach auf eine Leaderrolle oder einen bestimmten Renneinsatz pochen, wenn dies vertraglich bei der damaligen Verpflichtung nicht ausdrücklich fixiert wurde, was bei einem Nachwuchssportler eher unwahrscheinlich scheint.

Ohne die genauen Kündigungsgründe und die Beweislage zu kennen, ist es schwer zu beurteilen. Es stehen Mobbingvorwürfe im Raum. „Auch da müsste es schon schwerwiegend sein, damit die Kündigung berechtigt ist. Solche Vorwürfe juristisch ausreichend zu belegen ist schwierig“, sagt Raiser. Ob die Kündigung berechtigt war, wird das zuständige Gericht in einem ggf. langen Verfahren entscheiden – einigt man sich nicht doch noch.

Im Falle einer unberechtigten Kündigung, könnten auf Uijtdebroeks Entschädigungszahlungen zukommen. An dieser Stelle ist relevant, welches Recht anwendbar ist. Laut des Sportrechtsprofessors Frank Hendrickx der KU Leuven ist es nach belgischem Recht offenbar erlaubt, gegen eine pauschale Entschädigung in Höhe des Gehalts für die verbleibende Vertragslaufzeit zu kündigen. Das wären bei Uijtdebroeks 13 Monate. „Das wäre vermutlich nach österreichischem oder deutschen Recht so nicht zu erwarten. Man könnte sogar versuchen zu argumentieren, dass Ralph Denk für die Restlaufzeit nun Ersatz für sein Team schaffen und einen Fahrer, der dem sportlichen Wert von Uijtdebroeks entspricht, verpflichten muss“, sagt Raiser. Da zudem wohl offenbar ein Team bereit war, eine Million Euro als Ablöse zu zahlen, ist der Wert Uijtdebroeks sogar im Markt halbwegs bestimmt.

Welche Interessen die jeweilen Parteien haben, ist leicht abzulesen. Doch dieser Fall könnte für die Zukunft des Radsport durchaus von Bedeutung sein. Denn würde Uijtdebroeks nun tatsächlich gegen die Zahlung von nur 13 Monatsgehältern seinen Vertrag kündigen können und das Team wechseln, würden das sicher andere belgische Fahrer in Zukunft ebenso machen wollen. Welchen Wert langfristige Verträge dann noch haben, ist in Frage gestellt.

Ebenso ist fraglich, welche Handhabe die UCI gegen ein solches Vorgehen hätte. Die UCI wird sich nicht über geltendes Recht hinwegsetzen können. Ob es für das ehemalige Team durchsetzbar wäre, zumindest einen Renneinsatz für ein anderes Team zu verhindern, ist ebenso fraglich.

Und dabei ist eine Ebene der Geschichte bislang außer Acht gelassen: Sollten Richard Plugge und Merijn Zeeman bereits vor dem 1. Dezember Kontakt zu Uijtdebroeks aufgenommen haben, würde ihnen möglicherweise eine Strafe nach UCI-Reglement drohen und ggf. auch zivilrechtlich wegen Förderung eines Vertragsbruchs in Anspruch genommen werden können. Denn sie argumentierten bislang im Widerspruch hierzu, dass sie einen vertragslosen Fahrer verpflichtet haben. 


Fazit

Cian Uijtdebroeks wird nicht mehr für das Team Bora-hansgrohe starten, so viel scheint sicher. Ob seine Kündigung rechtmäßig war, wird wohl ein Gericht entscheiden, sollten sich die Parteien nicht doch noch einigen. Die Frage ist, welches Gericht zuständig und welches Recht anwendbar ist.

Im Falle einer Entscheidung gegen Uijtdebroeks, würden auf ihn wohl Entschädigungszahlungen zukommen. Spannend ist auch, ob wirklich belgisches Recht angewendet wird und er tatsächlich „nur“ die 13 Monatsgehälter zahlen müsste. Dies könnte weitreichende Folgen für vergleichbare Fälle im Radsport haben. So wird die Radsportwelt genau hinschauen, wie dieser Transfer-Krimi weitergeht.

Gewinner gibt es am Ende wenige, Verlierer vermutlich einige. Der Ruf von Cian Uijtdebroeks nimmt ganz sicher Schaden, sollte seine Kündigung nicht durch ein Gericht als berechtigt bestätigt werden. Sein Verhalten gegenüber den Teamkollegen, die Kritik am Team und dann solch Abgang – in den sozialen Medien üben Fans bereits reichlich Kritik am jungen Belgier. Viele sehen für seinen Wechsel vor allem ökonomische Motive. Zumal es an der Geschichte der „Anti-Cian-Whatsapp-Gruppe“ inzwischen Zweifel gibt, da sich auch die Sportlichen Leiter dazu öffentlich klar positionierten. Der niederländische Radsportjournalist Thijs Zonneveld hatte die Geschichte in einem Podcast aufgebracht, keine Quellen genannt. „Während der Vuelta gab es bei Bora-hansgrohe eine ‚Anti-Cian‘-WhatsApp-Gruppe, in der er selbst nicht vertreten war, damit sie über ihn lästern konnten“, so Zonneveld.

Auch das Team Visma | Lease a Bike steht in keinem guten Licht da – vor allem dann, sollte es sich als zutreffend erweisen, dass man bereits vor Dezember Kontakt zu Uijtdebroeks gehabt hatte. Auf der anderen Seite verliert Bora-hansgrohe einen hochtalentierten Fahrer, in den man viel Energie investiert hat. Solch Abgang kann man sportlich kaum kompensieren. Zudem klebt an den Vuelta-Fahrern die „Mobbing-Anschuldigung“ durch die Aussagen des niederländischen Journalisten Thijs Zonneveld. In den sozialen Kanälen werden die Fahrer bereits beschimpft. Solange es einen Restverdacht gibt, werden sicher einige Bora-Fans von „ihrem Team“ ein Stück weit abrücken.

Am Ende ist auch der Radsport insgesamt Verlierer. Die ganze Geschichte ist eine echte Popcorn-Seifenoper, bei der sich Fans völlig berechtigt fragen: Wie kann sowas sein? Im Detail sind die Abläufe nachvollziehbar, aber der Fan runzelt berechtigt die Stirn, wenn zwei Teams via Social Media die Dienste desselben Fahrers für sich beanspruchen. Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass die Kündigung von Uijtdebroeks vor Gericht nicht als berechtigt standhält, dieser aber dennoch gegen eine recht geringe Entschädigungszahlung das Team wechseln kann, gerät der Sport insgesamt noch mehr unter Druck. Dann würde dieses Modell vielleicht Schule machen und den Wert langfristiger Verträge extrem mindern. Hier wäre dann unbedingt auch die UCI gefordert, denn ihre Regularien würden ebenfalls einfach ausgehebelt werden – was ganz sicher nicht in ihrem Interesse ist und die Stabilität des Sports gefährdet.

Diese Geschichte kann noch für einige Überraschungs-Momente sorgen und sich vielleicht über Monate oder gar Jahre hinziehen. Zumindest bis die neue Saison losgeht, wird jedes weitere Kapitel dieser Transfer-Story reichlich Aufmerksamkeit bekommen.