„Ich bin positiv überrascht“, sagt Pascal Ackermann über sein neues Team. Im Dezember-Trainingslager hat er seine neuen Teamkollegen kennengelernt und die Arbeitsweise seiner neuen Mannschaft Israel-Premier Tech erlebt. „Personell und was die Struktur betrifft, sind wir ganz weit vorn„, sagt Ackermann. „Normal versprechen Teams viel, aber ich habe tatsächlich hier alle wiedergefunden – ich kann mich nicht beschweren“, sagt Ackermann und lacht. Er hat das Dezember-Teamcamp um einige Tage verlängert, war in seiner früheren Wahlheimat Girona geblieben und reiste kurz vor Weihnachten zurück nach Hause.
Hinter Pascal Ackermann liegen schwierige Jahre. Im Team Bora-hansgrohe reifte er zum Top-Sprinter heran, gehörte im Jahr 2019 endgültig zu den besten der Welt – gewann beim Giro mehrere Etappen und holte das Ciclamino. Er eilte von Sieg zu Sieg, musste sich teamintern aber mit einer Rolle neben Superstar Peter Sagan arrangieren. Auch im Corona-Jahr 2020 feierte er Erfolge – bei der Vuelta. Das Jahr 2021 war dann eine halbe Katastrophe, an dessen Ende die Trennung von Bora-hansgrohe stand. Die Hintergründe dieser Trennung arbeiteten wir damals im Text „Pascal Ackermann & Bora-hansgrohe – das unvermeidliche Ende einer Beziehung“ ausführlich auf.
Ackermann wechselte zum Team UAE. Er startete gut, hatte dann jedoch im Frühjahr 2022 Pech und brach sich das Steißbein. Bei der Polen-Rundfahrt konnte er im Sommer einen Sieg feiern, bei der Vuelta gelang das nicht. „Ich bin jetzt sieben Jahre dabei, hatte nur dieses eine schlechte Jahr“, sagt Ackermann rückblickend.
Mit seiner Leistung im Jahr 2023 ist der 29-Jährige zufrieden: „Mit einer taktisch etwas anderen Ausrichtung wäre noch mehr drin gewesen.“ Oft war er auf sich allein gestellt, oder hatte nur wenige Helfer an seiner Seite. Dennoch gelang ihm beispielsweise beim Giro ein Etappensieg.
„Von Pogacar kann man sich nicht viel abgucken, der ist einfach eine andere Liga“
Pascal Ackermann
Im Team UAE um Superstar Tadej Pogacar spielten Sprints keine besonders große Rolle. „Ich habe damals die Entscheidung getroffen und es war sehr gut, mal was anderes gesehen zu haben. Man kann dann vergleichen, sieht hier und dort gute und weniger gute Dinge. Diese Erfahrungen helfen weiter“, sagt Ackermann. Auf die Frage, ob er sich denn auch etwas von Pogacar abgucken habe können, lacht er und sagt: „Von dem kann man sich nicht viel abgucken, der ist einfach eine andere Liga“.
Neues Kapitel – mit Wohlfühlfaktor
Nach zwei Jahren verlässt Ackermann UAE und wechselt zum ProTeam Israel – Premier Tech. Eine ganz bewusste Entscheidung mit einem großen Ziel: Die Tour de France. „Das ist der Grund für den Wechsel„, sagt Ackermann ruhig. „Das ist mein großes Ziel, da will ich hin. Das Team setzt auf einen Sprint, wir wollen einen gut Zug haben und ich bin wirklich optimistisch“, sagt Ackermann. Eine wichtige Person für Ackermann ist Michael Schwarzmann. Nach zwei getrennten Jahren haben sie wieder zusammengefunden.
„Das war ein sehr wichtiger Punkt für meine Entscheidung“, sagt Ackermann. Beide verbindet eine Freundschaft, aber sportlich vertraut Ackermann dem 32-Jährige voll. „Wir hatten immer Kontakt, auch in den vergangenen zwei Jahren. Schwarzi ist noch stärker geworden. Wir kennen uns in- und auswendig, da spielt sich das auch in Sachen Leadout ganz schnell wieder ein“, ist sich Ackermann sicher. Der Wohlfühlfaktor war ihm sehr wichtig, betont Ackermann.
Beim Team Israel – Premier Tech will er wieder an alte Erfolge anknüpfen, wird wieder mehr Unterstützung bekommen. „Wir wollen einen Sprintzug, der funktioniert. Immer vier Mann für den Sprint haben. Neben Schwarzi wird auch Rick (Zabel) zum Leadout gehören. Auch er macht einen starken Eindruck, ist sehr motiviert und wird sehr wichtig sein. Das Material passt auch und ich schaue wirklich voller Vorfreude auf 2024“, sagt Ackermann.
Sein Team ist zwar nur ein ProTeam, aber finanziell üppig ausgestattet. „Sie gucken, dass wirklich alles zusammenpasst, sind da nicht so sehr auf Sponsor angewiesen und müssen daher keine Kompromisse machen.“
„Schwarzi ist noch stärker geworden. Wir kennen uns in- und auswendig, da spielt sich das auch in Sachen Leadout ganz schnell wieder ein“
Ackermann über Schwarzmann
Ein guter erster Eindruck
Ackermann scheint einen sehr guten ersten Eindruck von seinem neuen Team zu haben. Sowohl was Fahrer, als auch Personal betrifft. „Natürlich war es am Anfang bei fast 150 Leuten die zum Team gehören nicht so einfach, zu wissen, wer denn nun Ansprechpartner für die konkreten Sachen ist. Aber das hat sich nach ein paar Tagen alles eingespielt. Personell ist die Mannschaft wirklich extrem gut und breit aufgestellt“. Einige Fahrer kannte Ackermann bereits, andere hat er neu kennengelernt. „Wir haben sehr erfahrene Jungs, aber auch ganz junge Fahrer, die ich noch nicht kannte. Die Gruppen wurden immer wieder neu zusammengestellt und so hat man jeden mal etwas kennengelernt“.
Von Ex-Tourdominator Chris Froome ist Ackmermann positiv überrascht. „Ich hätte Froomy etwas anders eingeschätzt. Das ist ein lustiger Typ und man merkt ihm direkt an, dass er zu allen gleich ist. Er hält sich nicht für was besseres, ist oft ruhig, aber am Tisch hat man immer ein Gespräch mit ihm“, sagt Ackermann und fügt an: „Er fährt Rad, weil es ihm Spaß macht, das ist ganz klar zu spüren“.
Fahrplan für 2024
„Ich werde etwas später in die Saison einsteigen, erst Mitte Februar. Nach der UAE Tour geht es zu Paris-Nizza, anschließend einige belgische Klassiker. Dann die Pause und der Aufbau für die Tour de France. Das ist grob mein Fahrplan“, sagt Ackermann mit einem Lachen. Die Tourstrecke hat er sich angeschaut und findet sie für sich „eigentlich ganz ok“. In absoluter Top-Form will er im Juli sein, dann beim größten Rennen der Welt angreifen. Endlich. Bei Vuelta und Giro hat er bereits Etappensiege gefeiert, die Tour de France ist er bislang noch nicht gefahren.
Nach der Weihnachtspause steht ein gemeinsames Trainingslager an, dann auch spezifische Vorbereitungen mit der Sprint-Fraktion. „Wenn wir insgesamt als Team gut zusammenfinden, dann können wir eine wirklich starke Mannschaft sein. Für jedes Terrain haben wir starke Fahrer, können viele Siege einfahren – in den Bergen, auf hügeligem Terrain und hoffentlich auch in den Sprints“, sagt Ackermann.
Die Vorfreude auf die neue Saison ist ihm anzumerken. Er wirkt im Gespräch anders, als noch vor Monaten. So, als hätte er mit mit dem „Wohlfühlfaktor“ und der Motivation für die neue Saison auch die dringend nötige Zuversicht getankt.