Léo Bisiaux ist das nächste Riesentalent aus dem Juniorenteam von Decathlon AG2R La Mondiale. Anders als in der Vergangenheit, als Talente wie beispielsweise Romain Grégoire nach der Juniorenzeit mangels U23 Development-Team das Team verließen, bleibt Bisiaux der Struktur erhalten. Er wird eines der Gründungsmitglieder des neu aufgesetzten U23 Teams, das die Lücke zwischen Junioren und World Tour Team schließen soll. Warum man gerade bei Bisiaux wohl alles versucht hat, um ihn nicht an andere Interessenten zu verlieren, ist schnell ersichtlich.
Bisiaux war als Junior von Tag eins an ein Siegfahrer. Wie es in Frankreich häufig passiert, startete er seine Juniorenzeit erst einmal im üppigen nationalen Rennkalender, bevor er nach zwei Siegen schnell zu seinen ersten Internationalen UCI-Einsätzen geschickt wurde. Bei der traditionsreichen Gipuzkoa Klasikoa im Baskenland holte er sich direkt in einem internationalen Spitzenfeld das Nachwuchstrikot. In der Folge konnte er auch in zahlreichen Eintagesrennen überzeugen und fuhr etwa bei der Flandernrundfahrt der Junioren in die Top 10, wurde Zweiter beim wohl schwersten Eintagesrennens im Juniorenkalender, der Classique des Alpes.
Diesen Ergebnissen ließ er weiter Top-Resultate bei UCI-Rennen in Italien folgen und fuhr dann bei der Straßeneuropameisterschaft zu Bronze. Anschließend überzeugte er wieder als Rundfahrer und schloss die schwere, oft als Tour de France der Junioren betitelte, Tour du Valromey als Vierter ab.
Multitalent
Nach einer frühen Saisonpause wurde er im darauffolgenden Winter einer großen Zahl Fans vor allem als großes Cross-Talent bekannt. Über den gesamten Winter gewann er 13 der 18 Cross-Rennen, in denen er an der Startlinie stand. Er gewann den UCI-Gesamtweltcup der Junioren, wurde Französischer Meister, Europameister und krönte sich zum Abschluss der Saison zum Weltmeister der Junioren. Eine wohl perfekte Saison in der auf jedem Terrain überzeugen konnte.
Nach dem kräftezehrenden Winter stieg Bisiaux auf der Straße vergleichsweise langsam wieder ein. Einer Top 10 bei den Due Giorni Eroica in Italien im April folgte ein relativ anonymer Auftritt bei der Friedensfahrt. Und so ging es auch im Sommer zunächst weiter mit einem Auf und Ab der Ergebnisse. Nach einem überragenden Soloauftritt über Klassikerterrain auf der abschließenden Etappe der Internationalen Junioren Driedaagse holte er sich dort seinen ersten UCI-Rundfahrt Sieg des Jahres. Doch wegen eines Schlüsselbeinbruchs bei der Classique des Alpes verpasste er die Straßenweltmeisterschaften.
Nach einem langsamen Wiedereinstieg wurde er Dritter der französischen Zeitfahrmeisterschaften und fand gegen Ende der Saison absolute Topform. Er gewann den schweren und prestigeträchtigen Giro Lunigiana durch seine konstante Fahrweise und fuhr anschließend beim GP Rüebliland auf der letzten Etappe einen dominanten Soloetappensieg ein, mit dem er auch die Gesamtwertung der Rundfahrt gewann. Bei dem für ihn eigentlich viel zu flachen Keizer der Juniores fuhr er eine weitere Top 10 Rundfahrtplatzierung ein und startete nach einem DNF bei der Europameisterschaft wenig später in seine erste U23 bzw. Elite Cross Saison. Insbesondere bei den U23 Weltcups kann er mit mehreren Top 10 und einer Podiumsplatzierung bereits überzeugen. Bei der Elite hat er, sicherlich auch wegen seiner hinteren Startpositionen, noch etwas mehr Schwierigkeiten.
Zukunftsfragen
Bei Léo Bisiaux ist es aktuell schwierig einzuschätzen, was die Zukunft bringen wird. Durch die Doppelbelastung von Straße und Cross wird sein Rennkalender und die Trainingssteuerung sicherlich etwas anders sein, als die des typischen U23 Fahrers. Man darf gespannt sein, wie er die unterschiedlichen Disziplinen künftig kombinieren wird. Insbesondere auf den schweren Kursen wie in Namur zeigt er eine Menge Potential.
Potenzial hat er auch auf der Straße und dort muss man zunächst einmal abwarten, wie gut das neu gegründete U23 Development Teams von Decathlon AG2R La Mondiale funktionieren wird. Zudem ist Bisiaux auch als Fahrertyp schwer einzuschätzen. Er hat sich bei den Junioren als guter Kletterer gezeigt, könnte sich also Richtung Rundfahrer entwickeln. Im Zeitfahren hat er bisher noch nicht überzeugen können. Je länger und flacher das Zeitfahren, desto größere Probleme hat er.
Spannend wiederum waren 2023 seine beeindruckenden Solosiege, die zeigen, wie gerne er offensiv agiert und mit seinem Motor auch in der Lage ist, dies durchzuziehen. Momentan sieht es so aus, als würde Bixiaux sich als starker und offensiver Kletterer entwickeln, dem durch eine Zeitfahrschwäche als GC-Fahrer aber Grenzen gesetzt sind. In der U23 allerdings kommen ihm schwere Rundfahrten wie etwa der Giro della Valle d’Aosta oder der Giro Next Gen sicherlich sehr entgegen. Auch als Klassikerfahrer besitzt er Potenzial. Bei schweren Eintagesrennen wie Lüttich-Bastogne-Lüttich oder auch Strade Bianche hat er Chancen, vorne dabei zu sein.