Andrew August (Foto: © Roth&Roth / CV)

Ähnlich wie Nordhagen ist auch AJ August bereits seit geraumer Zeit und vor allem sehr früh mit seinem Talent aufgefallen. Durch seine Ergebnisse in den vergangenen zwei Jahren hat sich ihm nun die Möglichkeit geboten bei den INEOS Grenadiers direkt den Sprung aus den Junioren in die World Tour zu vollziehen. Diese hatten ihn schon im Januar 2023 zu Testzwecken in ihr Trainingslager eingeladen, wo er offensichtlich überzeugen konnte.

Dass er aus der gleichen Struktur wie sein jetziger Teamkollege und alter Freund Magnus Sheffield kommt dürfte dabei sicherlich auch nicht geschadet haben. Auch sein bisheriger Teamchef beim US-Amerikanischen Juniorenteam Hot Tubes spart gegenüber GCN nicht mit Superlativen, wenn es um sein Talent geht. Dazu hat Agent Jamie Barlow auch die jungen Ineos-Talente Joshua Tarling und die Hayter-Brüder unter Vertrag.

Stark auch im Gelände

Das erste Mal aufgefallen war August 2021 bereits im Alter von 15 Jahren, als er das amerikanische Green Mountain Stage Race für Junioren als U17 Fahrer gewann. Auch im Winter als Crosser zeigte er bereits bei seinen ersten Rennen in der Juniorenklasse in Europa auf, dass er zur internationalen Spitze gehört. Mehrere Podien sowie zum Abschluss ein Fünfter Platz bei der Heim-WM in Fayetteville sorgten für eine sehr überzeugende Cross Kampagne.

Sein Start bei den Junioren auf der Straße verlief 2022 dann etwas ruhiger. Dies änderte sich als er bei den Internationale Junioren Driedaagse in Axel im frühen Sommer das erste Mal in die Top 10 einer UCI-Junioren-Rundfahrt fuhr. Nach einer Stippvisite in den Staaten bei der er die Podien bei den Nationalen Meisterschaften jeweils knapp verpasste, kam er später im Sommer zurück nach Europa und gewann mit der Junior Tour of Ireland sein erstes Etappenrennen, wenn es auch kein UCI-Rennen war.

Von nun an lief es bei August. Bei der Internationalen Junioren Rundfahrt in Österreich fuhr er in die Top 10 und gewann das Nachwuchstrikot, bei der Watersley Challenge gewann er eine Etappe, die Ronde des Vallées sowie Vuelta del Ribera del Duero beendete er jeweils als Gesamtzweiter. Man konnte übers Jahr sehr gut sehen, wie er stärker und besser wurde und am Ende des Jahres zur internationalen Spitze aufschloss. Ein Grund für diese Entwicklung war sicherlich auch das ihm das Programm mit etwas schwereren Rennen in der zweiten Saisonhälfte eher entgegenkam.

Auch im Winter 2022/23 fuhr August wieder viele Cross-Rennen, konzentrierte sich hierbei komplett auf Europa, mit der Weltmeisterschaft als großem Ziel. Schon im dritten Rennen holte er beim schweren Koppenbergcross seinen ersten Sieg, dem er direkt den nationalen Meistertitel folgen ließ. In den kommenden Rennen fuhr er immer in die Top 10 und gehörte damit zu den großen Favoriten bei der Weltmeisterschaft in Hoogerheide. Dort hatte er jedoch Pech, stürzte schon kurz nach dem Start und war infolgedessen chancenlos. Mit zerrissenem Trikot legte er zwar die schnellsten Rundenzeiten hin, beendete das Rennen nach langer Aufholjagd jedoch nur auf Platz 22.

Auf der Straße startete August die Saison 2023 in den USA mit einem Zeitfahrsieg bei der Valley of the Sun Junioren Rundfahrt, bevor er bei der traditionellen Redlands Classic bei der Amerikanischen Elite mitfuhr und vollends überzeugen konnte. Er gewann die schwere Bergankunft, fuhr ein solides und beendete die Rundfahrt auf dem zweiten Platz der Gesamtwertung. Die große Junioren Öffentlichkeit erlangte er dann bei seinem ersten Auftritt zurück in Europa beim Grand Prix West Bohemia. Das hügelige Rennen, dass bei seinen vorherigen zwei Austragungen jeweils vom Team Auto Eder dominiert wurde, gewann er solo mit über Sechs Minuten Vorsprung. Das schaffte er trotz einer solide besetzten Startliste, insbesondere mit dem internationalen Spitzenteam Auto Eder.


Bei der folgenden Friedensfahrt der Junioren lieferte August sich dann ein spannendes Duell mit Jørgen Nordhagen. Die beiden waren die stärksten Kletterer und Zeitfahrer des Rennens, wobei August jedoch jeweils knapp geschlagen wurde, und Gesamtzweiter wurde. Dass er ein talentierter Zeitfahrer bei den Junioren ist, konnte er dann auch mit seinem Zeitfahrsieg bei den Internationalen Junioren Driedaagse beweisen. Wieder schlug er sich hier auf flachem Klassikerterrain sehr gut. Zurück in den Vereinigten Staaten wurde er nationaler Meister im Zeitfahren, bevor er im Juli zur Tour du Valromey anreiste. Die „Tour de France der Junioren“ konnte er nach zwei Etappensiegen, unter anderem am legendären Col du Grand Colombier, für sich entscheiden.


Sprung zu den Profis

In dieser Form war August einer der großen Favoriten bei der WM in Glasgow, hatte jedoch abermals Pech bei einem Großereignis: Er wurde krank. Dadurch verpasste er das Straßenrennen und fuhr im Zeitfahren, sicher noch nicht bei 100%, auf Platz 9. Mit einem weiteren Zeitfahrsieg in den USA beendete August seine Juniorenlaufbahn und wird nun in die World Tour wechseln.

Das INEOS Team hat inzwischen Erfahrung gesammelt, wie man mit so jungen Sportlern umgeht. Mit Carlos Rodriguez hat man einen ähnlichen Fahrertyp jüngst sehr erfolgreich aus den Junioren in die Weltklasse geführt. Bisher waren die Rennprogramme dem Alter entsprechend stets recht konservativ angelegt. Je nachdem wie August sich im Laufe der Saison entwickeln wird, wird sein Programm wohl auch angepasst werden.

Wie immer sollte man die Erwartungshaltung an solch junge Fahrer in der World Tour nicht zu hoch hängen. Nicht jeder Fahrer schlägt ein wie Remco Evenepoel oder Joshua Tarling. Bei AJ August gilt es zudem zu beachten, dass er sich möglicherweise vor allem als reiner Kletterer entwickeln wird. Seine besten Ergebnisse kommen bislang von Bergankünften und schweren Rennen. Selbst als Crosser fuhr er am Koppenberg sein bestes Rennen.

Als Kletterer hat August wohl enormes Potential, das man sicherlich auch in seiner Anfangszeit in der World Tour schon mal wird aufblitzen sehen. Ob er sich jedoch als Rundfahrer wird etablieren können – analog zu Junioren-Konkurrent Nordhagen – hängt wohl an seiner Entwicklung im Zeitfahren. Hier war er als Junior gut, jedoch nicht überragend. Zudem ist auch er ein eher schmaler und sehr leichter Fahrer, bei dem man erstmal wird sehen müssen, wie sich das bei den Profis überträgt.

Je nachdem wie er sich entwickelt, wäre es auf jeden Fall spannend einen Fahrer wie August im Sommer bei der Tour de l’Avenir und später bei der profilierten WM in Zürich im U23 Feld zu sehen. In Sachen Talent gibt es keine Zweifel, doch man sollte bedenken – August ist spät im Jahr geboren, wird seine ersten beiden Profi-Saisons als Teenager bestreiten – erst im Oktober 2025 seinen 20. Geburtstag feiern.