Ein Top15-Ergebnis beim flämischen Pflaster-Monument – für das Q36.5 Pro Cycling Team ein Erfolg. Kamil Malecki war über sich hinausgewachsen, holte das Top-Resultat für das ProTeam. „Ich habe mich selbst umgebracht. Mein Körper ist tot. Ich möchte mein Rad eine Woche lang nicht sehen! Ich bin so glücklich“, sagte der Pole im Ziel. Es war ein denkwürdiges Rennen für die Schweizer Mannschaft. Eine Achterbahnfahrt beim größten flämischen Klassiker. Wir geben einen Einblick, in die „Ronde von Q36.5“.
Kaderplanung und Vorbereitung
Welche Bedeutung dieses Radsport-Monument für das Wildcard-Team hat, kann man sich vorstellen. „Die Ronde ist etwas ganz besonderes, die ganze Radsportwelt blickt auf diesen Tag. Das ist auch den Jungs anzumerken. Wir haben für diese Rennen eine starke Mannschaft, waren aber arg gebeutelt“, erklärt der Sportliche Leiter Jens Zemke. Mit Frederik Frison, Tom Devriendt, Giacomo Nizzolo und Nicolò Parisini fehlten einige Stammkräfte. „Ausfälle gehören zum Radsport, damit muss man umgehen. Aber uns hat es schon hart erwischt“, sagt Zemke am Tag vor der Ronde ruhig.
Jannik Steimle absolvierte gemeinsam mit Zemke noch ein zusätzliches Motortraining, neben dem obligatorischen Recon – der Streckenbesichtigung, dem gemeinsamen Abendessen und der Besprechung für das Rennen. Szymon Sajnok rutschte erst am Tag vor der Ronde in den Kader. „Unser Ziel ist ein Top-20-Resultat. Jannik (Steimle) ist unser Kapitän“, sagte Zemke vor dem Rennen. Der 27-Jährige Deutsche hatte beim Grand Prix de Denain den ersten Saisonsieg für das Team eingefahren, kam als Klassikerspezialist zur Saison vom QuickStep-Team.
„Wie wir als Mannschaft gefahren sind, damit bin ich mega zufrieden. Kamil hat ein super Rennen gefahren und für uns ein gutes Ergebnis geholt. Hab mich mega für ihn und unser Team gefreut“, sagt Steimle rückblickend. Direkt nach dem Rennen war er noch super enttäuscht, zwei Tage nach dem Rennen sieht das schon wieder ganz anders aus. „Mein persönliches Ziel war ein Top-20-Resultat, das habe ich verpasst, bin dennoch auch mit meiner Leistung zufrieden, weil mein Rennen nach dem Sturz eigentlich schon mehr als 100 Kilometer vor dem Ziel zu Ende war!
Eine Frage der Strategie
Der Plan fürs Rennen war dem Ziel Top-20 untergeordnet. „Wir hatten Schlüsselstellen definiert, bei denen wir vorn sein wollten. Wenn wir unsere Leader dort nicht vorn haben, wird es für sie extrem schwer, das war uns klar. Die Jungs sind dann Leadout in Lippenhovestraat und Paddestraat gefahren. Das hat gut geklappt. Aber so hatten wir zwei Fahrer, deren Ziel bereits nach 130 Rennkilometern war“, erklärt Zemke.
Während das Positionieren der Leader gut klappte, verfehlte man ein anderes Ziel. „Wir wollten natürlich auch in der Gruppe des Tages präsent sein. Das klappte leider nicht“, so Zemke. Die Gruppe stand schneller als gedacht. Versuche nachzusetzen, gemeinsam mit Bahrain Victorious, scheiterten. Alpecin-Deceuninck kontrollierte im Feld, ließ niemanden mehr weg. Cyrus Monk stürzte früh im Rennen, fehlte den Leadern ebenso.
Improvisation im Rennen – Aufholjagd zwischen den Autos
Eine der Schlüsselstellen des Rennens war die Anfahrt zum Kapellenberg. Denn nach dem Helling ging es direkt in den Holleweg und dann zum Molenberg – in jedem Jahr eine wichtige Schlüsselstelle. In der Anfahrt zum Kapellenberg stand Jannik Steimle plötzlich am Straßenrand. Kaum Funkverbindung und das Teamauto mit der Nummer 22 ganz weit hinten in der Kolonne. „Mir ist da jemand hinten reingefahren und ich musste das Rad wechseln“, sagt Steimle. Speichen kaputt, keine Chance weiterzufahren. „Eigentlich war mein Rennen gelaufen. Viele der Jungs, die da in den Sturz involviert waren, haben das Handtuch geschmissen. Ich habe mir gedacht: Scheiß drauf, die Beine sind gut, gib einfach Vollgas“.
Steimle fährt schon mehr als 100 Kilometer vor dem Ende sein Finale, um zurückzukommen. „Jannik ist da 25 Kilometer Vollgas hinter dem Feld hergejagd, aber die vorn sind ja auch nicht langsam gefahren“, beschreibt es Zemke.

„Das ist mental nicht einfach. Du fährst All Out in den Kapellenberg, weißt aber: Das Feld vorn macht das genauso. So machst du einfach keine Zeit gut. Ich habe wirklich ’ne halbe Stunde voll durchgezogen und schaffe dann am Fuße des Molenbergs den Anschluss. Aber oben raus war das Feld in 20 Teile gerissen und ich in einer der hinteren Gruppen“, so Steimle.
Steimle kämpft sich von Gruppe zu Gruppe nach vorn, während sein Teamkollege Malecki sich vorn halten kann. Nach der zweiten Kwaremont-Passage geht es in Richtung Koppenberg. Es regnete inzwischen und die Straßen und Kopfsteinplaster-Abschnitte waren nass und glatt. „Gerade bei den Klassikern ist Top-Ausrüstung enorm wertvoll.
Da hatten wir in diesem Frühjahr schon andere Rennen als die Ronde, wo das noch wichtiger war“, sagte Steimle. Lachend schiebt er nach: „Aber darum müssen wir uns bei diesem Team keine Gedanken machen.“
Der Hauptsponsor der Mannschaft ist Bekleidungshersteller Q36.5. Sie produzieren Highend Klamotten. Im Namen der Marke steht das „Q“ für Quaerere, was ‚Forschung‘ auf Latein bedeutet. Und die ‚36.5‘ stehen für die optimale Körpertemperatur eines Menschen – im Radsport natürlich von Bedeutung. (mehr infos in diesem Sponsored Post des Herstellers)

Koppenberg – Rutschpartie und Drama
„Eigentlich war mein Plan, am Koppenberg in die nächste Gruppe nach vorn zu fahren. Aber vor mir musste ein Fahrer ausklicken, ich musste ausweichen und es schmiert mir komplett das Hinterrad weg. Also zu Fuß weiter. Ich und laufen – das ist keine gute Kombination“, sagt Steimle zwei Tage nach dem Rennen mit einem Lachen. Er büßt wieder Boden ein, Teamkollege Malecki kommt recht gut den Koppenberg hinauf. „Um es klar zu sagen, der Koppenberg war problemlos fahrbar, allein und geradeaus. Aber wenn vorn was passiert, hast du fast keine Chance“, so Steimle.
„Für mich war das wieder ein kleiner Rückschlag, aber ich wollte meinem eigenen Ego beweisen, dass ich noch was ausrichten kann. Aber es ist brutal, wenn du teilweise zwischen den Autos im Stau stehst, bergauf an ihnen vorbei fährst, sie dich dann aber in der Ebene stehenlassen. Am Kwaremont habe ich dann mein eigenes Teamauto überholt – es ist schon skurril, was in solchen Rennen alles passiert.“
Ein perfekter Tag – mit einer großartigen Geschichte
„Natürlich hatte ich mehr erwartet, als Rang 34. Aber ich bin am Ende auch mit meiner Leistung zufrieden, wenn man sieht, was passierte. Eigentlich müsste ich sagen, dass es ein perfekter Tag gewesen wäre, wenn ich auch noch vorn in den Top20 gelandet wäre, aber es ist auch so fast ein perfekter Tag für uns. Denn mit der besonderen Geschichte von Kamil, ist das Resultat einfach mega. Ich habe mich für ihn ganz besonders gefreut“, sagt Steimle ruhig.
Im Herbst 2020 stürzte Kamil Malecki im Training schwer. Beckenbruch, Reha, selbst Laufen war zunächst kaum möglich. Die Rad-Karriere schien bereits beendet. Er fuhr Ende 2021 wieder Rennen, absolvierte 2022 wieder eine fast komplette Saison, aber eine solche Verletzung wirkt nach. Q36.5 holte ihn im Januar 2023 ins Team, nachdem er keinen Vertrag mehr bekommen hatte. Ein Jahr später landet er bei der Ronde in den Top15. „Das war die größte Leistung und das beste Ergebnis in seiner Karriere. Es freut mich riesig für Kamil. Wir sind als Mannschaft gut gefahren, haben uns nicht unterkriegen lassen und eine super Leistung gezeigt. Top15, dann noch Jannik und Fabio (Christen) in den Top50 – wir sind super happy“, so Zemke.
Am Sonntag steht das nächste Monument an – Paris-Roubaix. Das Q36.5 Pro Cycling Tag hat auch für die Hölle des Nordens eine WildCard erhalten. Mit Selbstbewusstsein und großer Motivation geht es dann nach Nordfrankreich.
Der Text entstand mit Unterstützung von Q36.5