
Das Olympia Straßenrennen von Paris 2024 ist für die Männer rund 273 Kilometer lang, die Frauen absolvieren knapp 158 Kilometer. Bei den Männern müssen nur etwas mehr als 3000 Höhenmeter bewältigt werden. Klingt bei dieser Länge nicht sonderlich viel. Doch aufgrund des durchaus hügeligen Profils und der kniffligen Schlussrunde, inklusive Steigung auf den Montmartre, ein durchaus anspruchsvoller Parcours. Und allein die Länge macht es zu einem schweren Rennen.
Radrennen mit Nationalmannschaften sind meist besonders. Zum einem müssen die Nationen ein Teamgefüge schaffen und auch bei mehreren Kapitänen einen gemeinsamen Plan umsetzen, zum anderen finden sich meist nationenübergreifend Allianzen – oft durch den engen Kontakt im gleichen Profiteam. Nicht selten sichern sich potenzielle Sieger die Dienste der Profi-Kollegen und wissen ihre Dankbarkeit entsprechend auszudrücken – auch mal in Form von Geschenken.
Dieses Olympia-Rennen ist zusätzlich besonders! Denn das Starterfeld ist sehr klein! Voraussichtlich nur rund 90 Fahrer werden ins Rennen der Männer starten. Bei den Frauen sind es nur wenige mehr. Mit solch kleinem Feld ist es schwer, das Rennen zu kontrollieren. Denn bei den Männern haben nur wenige Nationen das Maximum – 4 Fahrer – im Rennen: Belgien, Großbritannien, Slowenien, Dänemark und Frankreich. Spanien, Italien, Niederlande und Australien haben nur drei Starter. Nationen wie Deutschland, Norwegen, Irland, Neuseeland oder Kanada nur zwei Startplätze. Will man eine Ausreißergruppe kontrollieren, oder die Attacken der Konkurrenz abdecken, muss man mit – im Vergleich zu Rennen wie der Tour de France – sehr wenig Personal auskommen.
Olympia 2024: Die Strecke des Straßenrennen der Männer | 273 km
Insgesamt 13 Anstiege müssen die Männer auf den 273 Kilometern bewältigen. Die Anstiege sind kurz und nicht supersteil, aber mit zunehmender Renndistanz saugen sie förmlich die Kraft aus den Beinen.
Gestartet wird das Rennen am Trocadéro. Dann geht es gen Südwesten. Der erste Anstieg des Rennens ist die Côte des Gardes (1,9 km bei 6 %) – dieser ist auch Teil der Frauen-Strecke und der Einstieg in die Schleife außerhalb des Pariser Zentrums. Es ist übrigens auch der letzte Anstieg – allerdings aus anderer Richtung gefahren – bevor es nach mehr als 150 Rennkilometern (bei den Männern) wieder in Richtung Pariser Zentrum geht.
Die Männer absolvieren nach der ersten Auffahrt der Côte des Gardes eine nördliche Schleife, ehe sie auf eine etwas südlichere zweite Schleife gehen. Diese südliche Schleife absolvieren auch die Frauen, allerdings in einer etwas entschärften Variante. Viele Fahrer kennen das Terrain von Paris-Nizza, wo oft die Auftaktetappen über diese Straßen südwestlich von Paris führen.
Im Vergleich zur nördlichen Schleife ist diese südliche deutlich anspruchsvoller. Die Frauen lassen einige Anstiege auf ihrer Runde weg. Nach der Côte de Port-Royal (1 km bei 5 %) fahren die Frauen statt der Côte de Senlisse über Cernay la Ville. Die Côte d’Herbouvilliers (850 m bei 5,7 %) wird bei den Frauen weggelassen und es geht für sie direkt zur Côte de Saint-Rémy-lès-Chevreuse (1,3 km bei 6,3 %).
Für die Männer ist die Schleife nach der Côte de Port-Royal im Vergleich zum Frauen-Parcours deutlich anspruchsvoller. Es beginnt so nach rund 160 Kilometern ein kniffliger Abschnitt. Côte de Senlisse (1,3 km bei 5,3 %), die Côte d’Herbouvilliers (850 m bei 5,7 %), Côte de Châteaufort (900 m bei 5,7 %), Côte de Saint-Rémy-lès-Chevreuse (1.3km at 6.3%) und Côte de Bièvres (1,2 km bei 6,5 %) folgen kurz nacheinander. Dann geht es über die angesprochene Côte des Gardes wieder zurück in Richtung Pariser Innenstadt.
Zwei Schlussrunden – 3x mal den Montmartre hinauf
Es geht flach zurück ins Zentrum von Paris, von Südwesten vorbei am scharfen Start. Im Finale dann sowohl für die Frauen, als auch die Männer auf den Schlussrunden jeweils über den gepflasterten Montmartre-Anstieg (1km at 6.5%) – dann noch einmal über diese Steigung und dann die letzten rund neun Kilometer flach zum Ziel am Pont d’Iéna am Eifelturm. Die beiden Schlussrunden sind etwas mehr als 18 Kilometer lang – haben neben dem Montmartre-Anstieg zwei weitere kurze Steigungen, die nicht sehr schwer sind, aber nach mehr als 250 Kilometern können auch 600 Meter mit 5% mächtig weh tun.
Hier: Infos zu den Straßenrennen
Die Favoriten
Der Parcours ähnelt ein wenig der WM in Leuven, wo sich Julian Alaphilippe den Titel sicherte. Ähnlichkeiten gibt es auch mit dem WM-Parcours von Glasgow aus dem vergangenen Jahr, wo sich Mathieu van der Poel souverän den Titel sicherte. Doch die Vorzeichen dort waren aufgrund der Teamstärken und der Größe des Starterfeldes ein wenig anders. Auch war der Parcours der Schlussrunde in Glasgow deutlich größerer Bestandtreil der Strecke, als die zwei Schlussrunden in Paris. Für das Olympia-Rennen in Paris ist Van der Poel erneut in der Favoritenrolle.
Neben Van der Poel und seinen Niederländern ist das belgische Team in der Favoritenrolle. Remco Evenepoel ist in herausragender Verfassung, dazu sind Wout van Aert, Jasper Stuyven und Tiesj Benoot dabei. Weder Evenepoel, noch Van Aert und Stuyven will die Konkurrenz in einer Gruppe entschwinden lassen. Der Däne Mads Pedersen zählt auch zum Favoritenkreis. Der Parcours ist für ihn ideal, dazu ist er sehr endschnell. Allerdings wird die Konkurrenz ihn nicht gern mit ins Finale nehmen wollen. Das gilt auch für den endschnellen Spanier Alex Aranburu. Doch wirklich gestalten – bzw. kontrollieren – wird das Team von Aranburu mit nur drei Startern das Rennen wohl nicht können – sie haben nur drei Starter.
Es gilt, die Kräfte und Helfer sehr geschickt einzusetzen, nicht in die Defensive zu geraten und den richtigen Moment nicht zu verpassen – das klingt nicht nur sehr kompliziert, sondern ist es ganz sicher auch!
Der clevere Matej Mohoric, aber auch Ben Healy, Marc Hirschi oder auch Maximilian Schachmann könnten versuchen, die zahlenmäßige Unterlegenheit durch offensive Fahrweise auszugleichen. Ist man in Gruppen dabei, wo beispielsweise auch ein Belgier, ein Brite oder Niederländer vertreten ist, stellt man diese Nationen vor die Kapitäns-Entscheidung – mitfahren, oder warten auf den Leader! Findet sich eine gute Gruppe mit gleichen Interessen zusammen, kann das Rennen bereits früh gelaufen sein.
Auf der Schleife außerhalb von Paris ist es für die Kapitäne schwer, nach vorn wegzufahren. Da eignet sich der Parcours im Zentrum deutlich besser für eine entscheidende Attacke. Doch müsste man dafür bis zum tiefen Finale in Schlagdistanz bleiben. Keine leichte Aufgabe, für die kleinen Teams. Investiert man allerdings sehr weit vor dem Ende, büßt man das aufgrund der Länge natürlich irgendwann – es müsste also schon ein gutes Grüppchen zusammenarbeiten, will man dem „Feld“ früh enteilen und die Entscheidung weit vor Paris erzwingen. Den Ablauf dieses Rennens zu prognostizieren fällt extrem schwer!
Sehr gut möglich, dass sich früh eine kleine Gruppe mit Fahrern löst, die eher nicht zur Weltspitze zählen. Dann Teams wie Belgien kontrollieren. Doch dieses Rennen wird vielleicht „nach vorn“ entschieden – also es formiert sich eine Gruppe und es springen aus dem Feld nach und nach Fahrer nach vorn in diese Gruppe, aus der dann die Entscheidung fällt.
***** Mathieu van der Poel
**** Wout van Aert
*** Remco Evenepoel, Mads Pedersen, Jhonatan Narváez
** Laporte, Stuyven, Alaphilippe, Van Baarle
* Matthews, Mohorič, Bettiol, Hirschi, Girmay, Skujiņš, Pidcock, Jorgenson
Zeitplan:
Männer: Samstag 11 Uhr – 18:15 Uhr
Frauen: Sonntag 14 Uhr – 18:45 Uhr
Startliste Männer:
Data powered by FirstCycling.com
Infos: olympics.com
Startliste Frauen
Data powered by FirstCycling.com