Karte der Tour de Frances Femmes 2024 (Foto: © ASO)

In den wenigen Austragungen hat sich das dieses Jahr siebentägige Etappenrennen schon zu den absoluten Highlights im Kalender des Frauenradsports entwickelt und wartet 2024 mit einigen Neuerungen auf. Denn aufgrund der Olympischen Spiele in Paris ist das Rennen erstmals völlig getrennt von den Männern und die erste Rennhälfte findet nicht in Frankreich, sondern in den Niederlanden und in Belgien statt.

Für die 27-jährige Österreicherin Christina Schweinberger wird es ihre dritte Teilnahme sein. Seit der Wiedereinführung des Rennens durch den Tour-Veranstalter A.S.O. war sie immer am Start, wie übrigens auch ihre Zwillingsschwester Kathrin. Die beiden Tirolerinnen werden auch dann am 12. August wieder in Rotterdam mit dabei sein, für ihre Teams Fenix – Deceuninck und Ceratizit WNT Pro Cycling.

„Die Vorfreude ist groß. Von Jahr zu Jahr hat sich das Rennen gesteigert, vor allem im medialen Bereich. Hatten wir 2022 noch den Start auf der Champs-Élysées vor dem Männerfinale, war es 2023 schon ein separater. Trotzdem war die Aufmerksamkeit groß und zahlreiche Fans am Straßenrand. Heuer wird das sicher noch einmal was anderes“, ist sich die Österreicherin sicher.

2024 beginnt die Rundfahrt in Rotterdam in den Niederlanden und somit ist der Grand Depart der Frauentour erstmals außerhalb von Frankreich angesiedelt. Nachdem die ersten zwei Austragungen immer gleich im Anschluss an die Tour de France der Männer stattfanden, liegen diesmal drei Wochen dazwischen, aufgrund der Olympischen Spiele in Paris.

Christina Schweinberger begrüßt ihre Schwester Kathrin Schweinberger (Foto: © Roth&Roth / CV)

Mit dem Auftakt in den Niederlanden startet man auch in jenem Land, in dem der Frauenradsport wohl in Europa den größten Stellenwert hart. „Klar, in Frankreich herrschte immer eine tolle Stimmung, aber die Niederlande sind eine Radsportnation, vor allem eine der Frauen“ , weiß Schweinberger, die für eine belgische Equipe in die Pedale tritt. Die Niederländerinnen stellen die beiden bisherigen Toursiegerinnen Annemiek van Vleuten und Titelverteidigerin Demi Vollering, die wohl auch für diese Austragung die große Gejagte und Favoritin sein wird.

„Sie sind dort Superstars und was ich von meinen Teamkolleginnen gehört habe, wird der Grand Depart recht groß ausfallen“, erzählte Schweinberger. Die 1. Etappe führt dann von Rotterdam nach Den Haag, zuerst geht es auf einen Rundkurs im Süden, ehe man nordwärts in die Regierungsstadt fährt. Auch dort wartet noch eine Runde durch die Stadt, ehe das Ziel dann direkt an der Atlantikküste erreicht wird.

„Der Auftakt wird vor allem für die Sprinterinnen sehr wichtig sein, weil halt neben dem Etappensieg auch das Gelbe Trikot winkt. Auch wenn der Parcours durchaus windanfällig sein könnte, sind natürlich Fahrerinnen wie Charlotte Kool, Lorena Wiebes oder Elisa Balsamo hochmotiviert und werden diese Chance nicht hergeben“, blickte die Österreicherin auf die 1. Etappe voraus.

Sie erwartet vor allem ein richtig schnelles Rennen, hofft aber, dass der Wind eine Rolle spielt. „Vielleicht ergibt sich dadurch auch die Möglichkeit, dass sich eine gute Gruppe an einer Windkante absetzt. Ich persönlich, hätte nichts dagegen“, grinste sie. Denn wie viele der angehenden Profis, träumte auch sie als junge Nachwuchsfahrerin vom Maillot Jaune. Immer wieder saß sie im Sommer mit ihrer Schwester Kathrin vor dem Fernseher. „Das Coolste war natürlich immer die Paris-Etappe, aber selbst als es für uns noch keinen Ausblick gab, dass es die Tour auch für die Frauen gibt wie in dieser Form jetzt, so war die Motivation, die wir aus diesen Stunden vorm Fernseher zogen, immer groß. Auch jede junge Radfahrerin will mal in die Rolle schlüpfen der Profis bei der Tour.“

Am zweiten Tourtag bei den Frauen geht es gleich doppelt zur Sache, denn gleich zwei Etappen stehen am Programm: „Das macht den Tag viel länger und man muss zweimal bereit sein, sich zweimal am Tag pushen. Die Halbetappe wird sicher brutal schnell gefahren, zumal sie so kurz ist. Da wird von Beginn an Vollgas gegeben und keine spart sich irgendwas auf für das Zeitfahren.“ Schon früh am Morgen warten 67 flache Kilometer von Dordrecht nach Rotterdam. In der Stadt, wo am Vortag die Rundfahrt begann, steht dann ein 6,3 Kilometer langes Einzelzeitfahren an.

Profil der 2. Etappe der Tour de Frances Femmes 2024 (Foto: © ASO)

Dieses gehört zu den Lieblingsdisziplinen der Österreicherin, die 2023 sowohl bei den Welt- als auch den Europameisterschaften Bronze gewinnen konnte. „Natürlich hätte ich mir einen wenig längeren Parcours gewünscht, aber inmitten der Stadt zu fahren wird sicher cool„, blickte die 27-Jährige voraus.

Herausfordernd für die Tagesplanung wird sicherlich auch der Stand im Gesamtklassement, da diese für die Startreihenfolge herangezogen wird: „Das ist schon sehr speziell für die Vorbereitung, da du deine Einsatzzeit so gar nicht kennst bis zum Ende der 2. Etappe.“

Von Valkenburg aus führt die 4. Etappe dann nach Lüttich und beide Orte sind den Frauen mehr als bekannt aus der Ardennen-Woche und Anstiege wie Cauberg, Bemelerberg, Cote de la Redoute oder Cote de la Roche aux Faucons aus Rennen wie Amstel Gold Race oder Lüttich-Bastogne-Lüttich mehr als geläufig, wenn nicht sogar gefürchtet. „Wir kennen die Straßen aus dem Frühjahr und wissen, dass es dort ordentlich zur Sache gehen wird“, ist sich Schweinberger sicher und fügte an: „Viele Fahrerinnen werden sich diesen Tag dick angestrichen haben und dort wird das Tourfeld zum ersten Mal richtig auseinandergesprengt.“

Profil der 4. Etappe der Tour de Frances Femmes 2024 (Foto: © ASO)

Denkt man an die Rennen vor mehreren Monaten zurück, so erinnert man sich zwangsmäßig an die extrem kalten Temperaturen im einstelligen Bereich. Im August wird es richtig heiß werden für die Frauen, was eine zusätzliche Herausforderung sein wird. „Mir persönlich wäre es sogar lieber, wenn es kalt wäre, denn mit der Hitze komme ich nicht so klar“, meinte die Österreicherin dazu.

Erst nach der Halbzeit der Rundfahrt erreicht das Feld der Frauen am vierten Tag erstmals Frankreich. Am Weg von Bastogne nach Amneville warten viele kleinere Hügel und eigentlich ein ideales Terrain für Fluchtgruppen. Angesichts der drei noch anstehenden Bergetappen und dem Verlauf des Auftakts wäre dieser Tag der einzige mit einer Möglichkeit für eine erfolgreiche Fluchtgruppe.

„Bei vielen Teams wird sich ab da dann der Fokus auf die Gesamtwertung legen, wo du deine Kapitäninnen zu schützen beginnst vor den Bergen. Es ist aber sicherlich auch der Tag, wo man die Chance suchen muss für eine Ausreißergruppe“, analysierte Schweinberger, die es sogar für Möglich hält, dass die großen Favoriten sogar den Ausreißern die Chance auf das Maillot Jaune zugestehen könnte. „Es folgen dann noch drei schwere Bergtage, wo du genug Zeit aufholen kannst“, so die Österreicherin.

Profil der 5. Etappe der Tour de Frances Femmes 2024 (Foto: © ASO)

Am sechsten Tag warten dann die Vogesen auf das Feld der Fahrerinnen. 2022 endete hier die Tour de France Femmes bei ihrer Premierenaustragung. „Das war damals eine sehr spezielle Atmosphäre, vor allem weil das radbegeisterte Publikum dort für die gleiche Stimmung bei den ersten Fahrerinnen als aber auch noch beim Gruppetto gesorgt hat. Eigentlich ist es eine wunderschöne Gegend zum Rennradfahren, halt für Radrennen ist es nicht so die meine“, schmunzelte die 27-Jährige, die als Tourfavoritinnen vor allem Titelverteidigerin Demi Vollering als auch die Polin Kasia Niewiadoma ausmacht: „Elisa Longo Borghini war beim Giro bärenstark, aber ich fürchte ihr werden die langen Anstiege zu schwer.“


Auf der 6. und vorletzten Etappe geht es für die Frauen erstmals in die Alpen. Von Champagnole aus geht es nach Le Grand Bornard, wo die letzten 30 der 167 Kilometer fast durchgehend bergauf führen. Das Ziel liegt dann auf 1.265 Metern. Das Ganze ist aber nur ein Warm-Up für das, was am Schlusstag auf die Teilnehmerinnen wartet. Denn dann geht es vom Zielort über den Col du Glandon nach Alpe d’Huez, wo 21 teuflische Kehren zu absolvieren sind, ehe man den Tour-Etappenort der Alpen schlechthin erreicht.

Profil der 7. Etappe der Tour de Frances Femmes 2024 (Foto: © ASO)

„Ich war noch nie dort, sehe das aber eher locker wie im Vorjahr beim Tourmalet. Einmal dort gewesen, ein Häkchen darunter und nie mehr wieder. Klar kenne ich auch die Bilder aus dem Fernsehen, hoffe auf genauso viele frenetische Fans wie bei den Männern, wenn die dort hochfahren. Ich erinnere mich noch, dass selbst die Sprinter noch mit einem Grinser da hochgefahren sind, so gut war die Stimmung“, schilderte die Tirolerin.

Speziell die Alpen werden die Frauen vor eine neue Herausforderung stellen. Denn so lange Anstiege gibt es sonst nur ganz selten. „Vor allem fahren wir auch 17 Kilometer auf über 1.500 Metern und damit kommt auch nicht jede Fahrerin gleich zurecht“, merkte Schweinberger an. Selbst die lange Abfahrt vom Glandon wird eine neue Aufgabe werden: „Normal denken wir in den Rennen nicht so oft ans Zeitlimit, aber hier könnte das schon passieren.“

Profil der 8. Etappe der Tour de Frances Femmes 2024 (Foto: © ASO)

Eigentlich hat die Österreicherin aber gute Erinnerungen an die Berge bei der Tour. Im Vorjahr verfügte sie über eine gute Form, war zumeist die letzte Helferin für die Niederländerin Yara Kastelijn, die lange im Bergtrikot fuhr und selbst sogar eine Etappe für das Team gewinnen konnte. „Wenn ich mich zurückerinnere, dann war das schon richtig cool in die Bergetappen reinzugehen, alles rauszulassen am Berg um deiner Teamkollegin so lange es geht zu helfen“, erzählte die Tirolerin. Damals wurden die Pyrenäen angefahren, nun warten 2024 die Alpen.

Erneut wird auch ihre Zwillingsschwester mit dabei sein bei der Tour und mit der ehemaligen Ruderin Valentina Cavallar ist sogar schon eine dritte Österreicherin fix im Starterfeld der diesjährigen Austragung der Tour de France Femmes mit dabei. „Somit haben wir eigentlich aus rot-weiß-roter Sicht fast für jeden Tag eine Spezialistin mit dabei“, erklärte Christina Schweinberger, die als Klassikerspezialistin und Zeitfahrerin bekannt ist. Ihre Zwillingsschwester gilt als starke Sprinterin und Cavallar ist eine begnadete Kletterin. „Bleibt dann nur die Ausreißeretappe übrig, wo wir halt dann zu dritt in die Gruppe gehen werden, dann besteht wirklich jeden Tag die Chance auf einen österreichischen Etappensieg“ , witzelte sie abschließend.