„Der Sieg 2022 in Hamburg war einer der größten Erfolge in meiner Karriere“, sagt Marco Haller nicht ohne Stolz. „Es war immer ein schönes Rennen, ich war dort oft am Start“, so Haller, der in Hamburg meist in der Helferrolle war. „Wir haben oft gute Ergebnisse eingefahren – damals den Sieg mit Alex Kristoff oder auch Rang zwei mit Danny (Van Poppel) im vergangenen Jahr. Aber es geht einfach nichts über den eigenen Sieg„, erzählt der Österreicher. Der ganz große Coup in Hamburg gelang aber ihm, als er 2022 Wout van Aert im Sprint einer kleinen Gruppe bezwang.

Die Goldene Regel für Hamburg

„Ich kann mich genau daran erinnern. Als ich nach dem Waseberg zur Spitzengruppe aufgeschlossen hab, habe ich zu meinem Teamkollegen Patrick (Konrad) gesagt: Voll drauf, Vierter und Fünfter ist auch gut“, erzählt Haller. „Wir sind dann zwei Kilometer vor dem Ziel rechts runter gebogen und es war klar, dass wir es mit der Gruppe bis zur Linie schaffen. Patrick war ultraprofessionell in dem Moment und hat es für mich angrichtet“, erzählt Haller.

Der Dank an den Kollegen – Haller & Patrick Konrad (Foto: © Roth&Roth)

Erfahrung bei den Cyclassics hatte Haller bereits gesammelt. „Ich hatte schon die Ehre, mit Erik Zabel als Sportlichem Leiter in Hamburg zu fahren. Die Goldene Regel ist, du musst rechts bleiben, auch wenn es dich automatisch nach links rüberzieht, weil das der kürzere Weg ist“, sagt Haller. „Aber links bist du sehr schnell eingebraut und bekommst schnell dein Vorderrad blockiert, wenn alle rüberziehen. Ich habe mir gedacht, was in einer großen Gruppe klappt, kann auch in einer kleinen Gruppe funktionieren. Klar, ist es der längere Weg, aber damit rechnet eben niemand.“

In einer Gruppe mit Wout van Aert war die Favoritenrolle für den Sprint klar vergeben. „Am Ende weiß jeder, wie Radsport funktioniert, vermutlich keiner besser als Wout van Aert, wie man Rennen gewinnt. Aber jede Zielgerade ist anders, jedes Rennen läuft irgendwie anders. Man muss seinem Instinkt folgen“, sagt Haller, der sich für die letzten Meter in Hamburg einen klaren Plan zurechtgelegt hatte und auf den perfekten Moment wartete.


Der perfekte Moment und die entscheidende Lücke

„Ich wusste, dass es perfekt laufen muss, um Van Aert zu bezwingen. Er ist die ganze Zeit rechts gefahren und hat über seine linke Schulter geschaut. Dabei hat er aber rechts die Tür noch etwas auf gelassen. Ich habe gedacht – okay, wenn er sich das nächste Mal umblickt und dann nach vorn schaut – dann muss ich los! Dann hab ich vielleicht den Moment Vorsprung um bis zur Linie vorn zu bleiben“. Gesagt, getan. Haller spurtete los, Van Aert kann die Lücke nicht mehr schließen. „Ein taktisch perfektes Rennen, dennoch am Ende eine Zentimeterentscheidung“, so Haller über seinen Coup bei den Cyclassics 2022.