„Das war ein richtig schöner Tag“, sagt Simon Geschke über den 3. Oktober 2024 – seinen letzter Renntag als Profi. „Aber der Münsterland Giro war schwerer, als ich ihn in Erinnerung hatte“, schiebt er mit einem Lachen nach. „Ich hatte noch einmal gute Beine, das Wetter hat gepasst, aber es war richtig Zug drauf. Am Ende hatten wir einen 46er Schnitt“, fasst er sein letztes Rennen zusammen.

Vor dem Start standen die Profi-Kollegen Spalier, Geschke wurde unter großem Applaus verabschiedet. „Das war schon emotional. Ich hab es wirklich sehr genossen. Fast schon zu viel“, sagt Geschke, dessen Sache der große Wirbel um seine Person nie war. „Es war super organisiert und wirklich schön. Nur war ich nicht darauf vorbereitet, dass ich auf dem Podium eine Rede halten muss“, sagt Geschke mit einem Lachen.

„Es war auch ein komisches Gefühl, das letzte Mal im Cofidis-Trikot zu starten. Lustigerweise bin ich mit einigen Fahrern in Münster das erste Mal gemeinsam gefahren. Das lag daran, dass eher die Jungs für die belgischen Klassiker am Start waren. So konnte ich am allerletzten Tag nochmal eine Sprintvorbereitung fahren“, so der Kletterer grinsend.

Ein Spalier für Geschke vor dem Start des Münsterland Giro (Foto: © Roth&Roth)

Partyabend

Nach dem Rennen hat Geschke noch in Münster mit Freunden gefeiert. Johannes Fröhlinger, Fabian Wegmann, Roy Curvers, Dominik Klemme, Marcel Kittel waren dabei, auch John Degenkolb war für Simons Abschiedstag nach Münster gekommen. „Wir waren bis zum Morgen noch in einer Bar. Morgens halb vier haben wir versucht einen Namen für meine Tochter zu finden. Da kamen dann nicht nur gute Vorschläge“, so Geschke trocken.

Simon Geschke (Mitte) – mit Fabian Wegmann, John Degenkolb, Marcel Kittel und Johannes Fröhlinger (Foto: © Roth&Roth)

„Die Zuschauer, das Rennen, die Party – es war einfach ein richtig schöner Tag. Ich bin sehr dankbar, für meine lange Karriere, die Freunde, die Erfolge und auch die Chance, mich mit dieser Saison so zu verabschieden. Ich bin meine Lieblingsrennen gefahren, genau wie ich es wollte. Ich war vor allem beim Giro so gut wie nie zuvor, konnte mich bei den heimischen Fans mit einigen Renntagen verabschieden und hatte mit meinen Kollegen viele schöne Momente. Ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, seine Karriere auf diese Art zu beenden.“

Dankbarkeit & Neustart

So richtig angekommen ist der neue Lebensabschnitt bei Simon Geschke noch nicht. „Erstmal alles wie immer, in der Offseason. Nur, dass es nicht in den Urlaub geht, wegen des Kindes (Anmerk. Geschkes Frau erwartet bald das erste Kind). Es sind auch einige Sachen in den letzten Wochen liegengeblieben, so dass doch einiges zu tun ist. Zudem gibt es schon reichlich Medienanfragen wegen meines Karriereendes“, so Geschke.

„Aber eine Sache gab es schon. Ich hab mich beim Adams System vorzeitig abgemeldet. Das fühlte sich dann schon endgültig an, als ich unterschrieb, keine Rennen mehr fahren zu dürfen. Gestern waren wir im Schwarzwald in einem Spa, und ich hab dann einfach mein Telefon im Schrank gelassen. Das ist für einen Moment schon ein komisches Gefühl – aber nee, die kommen nicht mehr“, sagt Geschke und lacht. „Ein wenig umstellen muss ich mich schon noch. Ich war diese Woche ne Runde Mountainbiken. Einfach so, ohne Trainingsplan. Da muss ich mich allerdings noch dran gewöhnen“. Der Radsport hat Geschkes Leben bestimmt, er hat seinen Traum verwirklicht, den Ehrgeiz ausgelebt.

„Es ist schon so, dass auch ein wenig Wehmut mitschwingt, keine Rennen mehr zu fahren. Ich habe es geliebt, Rennen zu fahren. Es hat einfach mega Spaß gemacht, zumindest wenn die Form gut war. Es kommen Gedanken, dass ich nochmal voll angreifen würde, wenn ich 25 wäre. Aber ich werde im Frühjahr 39″, sagt Geschke ruhig.

„Man kann eine Karriere nicht rückwärts leben. Gedanken, dass man in diesem oder jenem Jahr vielleicht hätte etwas anders machen können, sind normal. Wenn man ehrgeizig ist, will man immer mehr. Aber ich bin wirklich zufrieden, mit meiner Karriere und besonders mit meinem letzten Jahr. Die WM war noch einmal ein absolutes Highlight, ich war richtig aufgeregt vor dem Start. Da habe ich mir gedacht: Es ist richtig schön, dass es so ist. Ich höre im richtigen Moment auf, habe deutlich gemerkt, dass ich nicht zu lange gefahren bin.“

Simon Geschke ist kein lauter Typ, der das Rampenlicht sucht und den Wirbel um seine Person genießt. Er verpackt seine Gedanken nicht in viele Worte. Aber es ist ihm anzumerken, dass er mit einem guten Gefühl in den Radsport-Ruhestand geht und seine letzte Saison sehr genossen hat.

„Ich bin extrem dankbar, eine so lange Karriere gehabt zu haben, bei der ich wirklich bis zum Ende gut gefahren bin. Ich weiß, dass dies nicht selbstverständlich ist! Ein Karriereende wie meins ist wirklich schön.“


Simon Geschke im Video-Interview nach der WM 2024