
1 | Traum vom Vierkampf wird zerplatzen
Die Tour-Organisation kann den Grand Départ kaum erwarten, Fans und Medien fiebern gleichermaßen auf den Kampf der Big Four hin. Jonas Vingegaard, Primoz Roglic, Tadej Pogacar und Remco Evenepoel sollen den Tour-Sieg unter sich ausmachen. Alle vier in einem Rennen wird es davor nicht geben. Und meiner Ansicht nach auch bei der Tour nicht, zumindest nicht topfit. Nennt mich pessimistisch, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass alles reibungslos verläuft, dafür ist der Radsport zu unberechenbar. Sicher ist trotzdem: Die Tour wird grandios!
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- Ich wäre gern widerlegt worden. Doch die Unberechenbarkeit des Radsports schlug mal wieder zu, wenn auch in einer völlig unerwarteten Art und Weise. Denn dass es bei der Baskenland-Rundfahrt in einem Sturz gleich Jonas Vingegaard, Remco Evenepoel und Primoz Roglic schwer erwischt, ist dann auch statistisch recht unwahrscheinlich. Vielleicht erhöht das aber auch die Chance auf einen Vierkampf im nächsten Jahr, denn zweimal wird so etwas wohl kaum passieren.
2 | Ronde? Roubaix? Van Aert holt das Kopfsteinpflaster-Double
Wenn nicht jetzt, wann dann? „Jetzt fängt es an wehzutun“, sagte Wout van Aert nach seinem Plattfuß im Finale von Paris-Roubaix 2023. Auch bei der Ronde hatte es zuvor nicht zum Sieg gereicht. Am Ende der Saison verlor der Belgier seinen langjährigen Trainer Marc Lamberts an Bora, was für ihn schwer zu verdauen war. Im Winter erfolgte der Neustart mit einem stark abgespeckten Cross-Programm, zudem verzichtet er auf die Tour 2024. Für van Aert zählt verständlicherweise nur ein Monument-Sieg auf dem Kopfsteinpflaster. Welcher? Völlig egal. Mein Tipp: Van Aert holt das Double.
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- Hach, Woutje. Wieder nix. Und diesmal bekam er nicht einmal die Chance, eines der beiden Monumente zu gewinnen. Der heftige Sturz bei Dwaars door Vlaanderen ließ alle Träume zerplatzen wie eine Seifenblase. Ob van Aert seinem großen Rivalen Mathieu van der Poel ebenbürtig gewesen wäre, darüber lässt sich nur spekulieren. Auf ein Neues im Jahr 2025. So langsam tickt die Uhr.
3 | One Cycling als Chance für den Radsport
Bekannt ist über die Bewegung One Cycling bisher wenig. Sie soll den Radsport revolutionieren, heißt es. Gut, haben wir schon oft gehört. Ich glaube, One Cycling hat eine Chance – wie auch immer diese aussieht. In Richard Plugge und Patrick Lefevere hat das Projekt wichtige Köpfe. Ineos und Lidl sollen ebenfalls dabei sein, ebenso Bora-hansgrohe. Nicht zu vernachlässigen ist hier der Einstieg von Red Bull, was dem Projekt neben den VC-Investoren noch mehr disruptives Potenzial bescheren sollte. 2024 soll das Projekt in kleinen Schritten wachsen. Hilfreich wäre, bereits jetzt mehr darüber zu erfahren.
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- Puh, tja… One Cycling. So richtig viel schlauer ist man ein Jahr später auch nicht. Insbesondere in den vergangenen Monaten ist es doch sehr ruhig geworden um das Projekt. Mittlerweile weiß ich gar nicht mehr so richtig, was man damit anfangen soll. Da hilft wohl nur abwarten bis zum nächsten Jahr. Dann endet der nächste dreijährige World-Tour-Zyklus.
4 | Lipperts wegweisendes Jahr
Endlich Chefin! Für Liane Lippert dürfte es ein herausforderndes wie auch wegweisendes Jahr in ihrer Karriere werden. Gerade 26 Jahre alt geworden, ist sie in einem Top-Alter im Leistungssport. Zudem dürfte sie nach dem Karriereende von Annemie van Vleuten die unangefochtene Nummer eins von Movistar bei der Tour de France Femmes sein. Lippert kann sich beweisen und hat aus meiner Sicht zweifelsohne das Potenzial für die Top 5 der Tour.
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- Okay, es ist nicht die Top 5 der Tour geworden. Aber hey, so ganz daneben lag ich nicht. Liane Lippert erlitt im Winter einen Ermüdungsbruch, hatte lange mit der Verletzung zu kämpfen und fuhr erst Ende April ihr erstes Rennen. Im Juli folgte ein Etappensieg beim Giro, im August zwei dritte Plätze bei der Tour. Und dann war da noch die ganz starke und mutige Vorstellung bei der WM, wo nur Zentimeter zu Bronze fehlte. Lippert ist auf dem richtigen Weg. Da wird noch mehr kommen.
5 | Cavendish schnappt sich Nummer 35
Diesmal klappt es. Im vergangenen Jahr hielt Mark Cavendish ein Problem mit der Schaltung in Bordeaux vom 35. Etappensieg bei der Tour de France ab. Am nächsten Tag brach er sich das Schlüsselbein. Auch in diesem Jahr wird er die volle Unterstützung seines Teams Astana bekommen. Mark Renshaw ist als Berater fest dabei. Und ganz wichtig: In Michael Mørkøv hat man den wohl immer noch besten Anfahrer (neben Mathieu van der Poel) verpflichtet. Eddy Merckx wird Ende Juli nur noch die zweitmeisten Etappensiege bei der Tour haben.
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Saint Vulbas. Ein Kaff mit etwas mehr als 1.000 Einwohnern. Im Nirgendwo zwischen Lyon und Genf. Und dennoch steht es nun in den Geschichtsbüchern der Tour. Denn hier nutzte Mark Cavendish gleich seine erste richtige Chance auf einen Etappensieg. Es war die ominöse Nummer 35. Eddy Merckx ist nur noch die Nummer zwei – und Mark Cavendish der beste Sprinter der Tour-Geschichte.