5 Thesen für die Saison 2025 – Albrecht Röder

Wir sammeln die Thesen einiger Radsportexperten für die Saison 2025 ein – hier die von Radevent-Profi, Streckenplaner & Ex-Nationalfahrer Albrecht Röder.

1 | Pogi und die Leichtigkeit – das Ende des Regenbogens

Die Radsportwelt rechnet fest damit, dass Tadej Pogacar und sein Team UAE Team Emirates XRG auch in der kommenden Saison die Rennen dominieren. Pogacar wird wohl die Tour de France zum vierten Mal gewinnen und erneut mehrfach spektakulär abräumen. Doch ich glaube, die Quote von 25 Siegen bei 58 Renntagen aus dem vergangenen Jahr ist nicht zu wiederholen. Ihm fehlt etwas die Leichtigkeit, die ihn 2024 auszeichnete und dieses Sensationsjahr 2024 bescherte. Deshalb, so meine These, wird ein anderer Fahrer in Ruanda Weltmeister.

Fehlt Pogacar die Leichtigkeit, wird das anderen Fahrern im Team Chancen einräumen. Davon werden Yates, Vine, Vermeersch, Del Torro, Bjerg, Christen und weitere Fahrer profitieren können. Insgesamt wird es erneut eine sehr gute Saison für das UAE-Team, auch wenn sie die 81 Siege nicht erreichen.

2 | Visma | Lease a Bike holt ein Monument

Visma | Lease a Bike wird sich zunächst auf das Frühjahr konzentrieren und dann versuchen, bei der Tour de France Pogacar zu schlagen. So viel Pech und Krankheiten wie Anfang der Saison 2024 kann es nicht nochmal geben. Ich prognostiziere: Bis zum 1. Mai springen mindestens drei bedeutende Siege fürs Team heraus. Gut vorbereitet werden alle großen Namen im Team sein: Van Aert, Benoot, van Baarle, Simon Yates (neu dabei), Uijtdebroeks, Laporte, Jorgenson, da muss doch was gehen! Dazu noch die jungen Wilden: Hagenes, Nordhagen, Tullet und auch Niklas Behrens sind unfassbar viele Optionen auf Sieg zu fahren. Einen Plan wird das Team haben und muss sich nicht auf den einen Superstar dabei konzentrieren. Sie holen mindestens ein Monument im Frühjahr! Bei der Tour müssen sie sich dann aber wohl Pogacar geschlagen geben.

3 | Wachablösung bei Red Bull – kein Tour-Podium für Roglic

Saison Nummer zwei für Red Bull – BORA – hansgrohe, was kommt nun in 2025? Ein Schritt nach vorne, eine Entwicklung wird sich zeigen müssen (!). Red Bull will ins Radsport-Rampenlicht – braucht dabei aus Marketingsicht keine Bekanntheit. Es geht Red Bull um die Sichtbarkeit von „High Performance“, Emotionen und Stories im „Netflix-Drama-Stil“. Ich bin sehr gespannt, wie die Rennfahrer das liefern können? Da sind wohl nicht nur Erfolge gefragt – das Publikum soll Markenwerte spüren – in allen Kanälen. Ich bin noch immer der Meinung, dass dies nicht erfolgreich von außen verordnet werden kann.

Die Teamführung braucht einen Plan, Zusammenhalt aller Bausteine von Management über Trainer, Performance-Spezialisten, Mechaniker, Soigneure und und und. Wie sieht dieser Plan aus? Leben ihn alle im Team und können die Rennfahrer mitziehen? Ich glaube diese Überzeugung und der notwendige krasse Zusammenhalt im Team muss wachsen. Das richtige Mannschaftsgefüge wird für das jeweilige Rennen entscheidend sein – dann passiert Großes. „Der Star ist die Mannschaft“.

Adria, Denz, Herzog, Hindley, Martinez, Lazkano, Lipowitz, Martinez, Moscon, Pithie, Tratnik, van Poppel, Vlasov – können miteinander und gemeinsam in ihren Rollen liefern. Hab ich Primoz Roglic vergessen? Nein, da glaube ich, passt es nicht mehr zusammen. Meine These ist: Roglic schafft es nicht auf das Podium der Tour.

4 | Der Erfolg von Lidl-Trek belebt den Radsport in Deutschland

Es ist zwar kein deutsches Team, doch Lidl als deutsches Unternehmen entdeckt den Radsport. Die Popularität, der Teamgedanke, die Analogie „Lidl offizieller Partner…“ ist Werbebotschaft in jedem Prospekt und kommt direkt aus dem Herzen des Sports. Dies zeigt Lidl auch im Engagement bei der Lidl Deutschland Tour. Und was da möglich ist, hat man 2024 gesehen, wenn die Teambesten bedingungslos all ihre Fähigkeiten einsetzen. Zum ersten Mal sind nun auch zwei Deutsche Fahrer im WT-Team Lidl–Trek. Ich freue mich sehr auf die Rückkehr von Lennard Kämna und wünsche ihm 1-2 Saisonhighlights bei denen er einfach wieder alles zeigen kann, was vor seinem Sturz da war. Ich wünsche ihm dazu auch Geduld und jegliche Unterstützung – es ist ein weiter Weg und fühlt sich dann auch umso schöner an, wenn es gelingt.

Tim Torn Teutenberg, Thibau Nys und Mathias Vacek sind mal richtig freche Jungs – lasst sie bitte von der Leine. Ich prognostiziere nicht ganz das Level von 2024, dennoch mindestens 30 Saisonsiege von Lidl-Trek. Mit Erfolgen bei Rennen in allen Lidl-Zielmärkten wird das Engagement weiter bestehen – was auch für den Radsport in Deutschland gut ist. Die Sogwirkung für andere große Marken ist nicht zu unterschätzen. „Lidl lohnt sich!“ – auch für den Radsport in Deutschland – denn es lockt für 2026 neue Sponsoren in den Sport!

5 | Frauen-Radsport – nötige Erfolge für eine gesunde Entwicklung

Die rasante Entwicklung im internationalen Frauen-Radsport braucht in Deutschland noch mehr Substanz. Aktuell sind 5 Fahrerinnen in den erweiterten TOP 100 der internationalen Rankings. Dahinter tut sich schon eine größere Lücke auf. Das Ende des CT-Teams Maxx-Solar Rose Women Racing war sicher nicht hilfreich für eine Entwicklung in die Breite. Als Mitorganisator beim Women’s Cycling Grand Prix Stuttgart & Region treibt mich das Thema sehr um. Schön wäre mehr Öffentlichkeit für den Frauen-Radsport über die ganze Saison hinweg. Dass dies in Deutschland schwierig ist, wenn nur wenige deutsche Fahrerinnen bei Frühjahrsklassiker oder großen Women’s Tours am Start stehen, ist klar. Da müssten schon sehr herausragende Ergebnisse der oben erwähnten 5 Fahrerinnen passieren. Zuzutrauen ist es ihnen, alle sind im besten Rennfahrerinnen-Alter. Meine Thesen zu den Namen: Liane Lippert (27 Jahre im Januar) fährt ein tolles Frühjahr – da haben wir schon die Aufmerksamkeit! Leider reicht bei ihr der Akku nicht bis zum August und einer Top-Platzierung bei der Tour de France Femmes avec Zwift. Da geht noch eher was bei der ganz speziellen WM in Ruanda.

Antonia Niedermaier (22 Jahre im Februar) geht eine kontinuierliche Entwicklung. Bitte gebt ihr im Team die Freiheit, ihren mutigen Fahrstil beizubehalten. Hier prognostiziere ich bei mindestens einer WT-Rundfahrt einen Podiumsplatz. Franziska Koch (24) ist nicht nur Deutsche Meisterin geworden, sie hat in 2024 einen tollen Sprung nach vorne gemacht. Sie wird hoffentlich gesund bleiben und dann mindestens drei Saisonsiege einfahren. Ricarda Bauernfeind (24) ist irgendwie schon etabliert. Ich hoffe, sie kann diesen einen Schritt machen und zum TdF-Etappensieg von 2023 noch weitere Siege, trotz Teamtaktik-Zwängen, im nächsten Jahr hinzufügen. Hannah Ludwig (25 Jahre im Februar) ist auch sportlich viel auffälliger geworden. Sie kann noch eine beständige Stütze in ihrem Team Cofidis (nun als Women’s ProTeam) werden.