Mailand-Sanremo 2025

Das erste Monument des Jahres, eines der prestigeträchtigsten Rennen der Welt – Mailand-Sanremo ist längst mehr als nur ein Radrennen. Mit mehr als 100 Austragungen und einem ganz besonderen Charakter ist „la Primavera“ einer der bedeutendsten Radklassiker der Welt. Die Strecke der 116. Auflage führt in diesem Jahr über satte 289 Kilometer. Der Startschuss fällt in Pavia und wie der Veranstalter RCS mitteilte, wird das Rennen auch in den folgenden zwei Jahren in Pavia starten.

Mailand-Sanremo folgt einer klaren Dramaturgie. Zunächst eher Langeweile über Stunden, dann steigert sich mit jedem Kilometer die Spannung. An den beiden letzten Anstiegen – den Sanremo-Legenden Cipressa und Poggio – entlädt sich diese Anspannung dann in einem Feuerwerk. Jede Austragung hat eine eigene Geschichte, ein eigenes Finale. Über Jahre war es ein Rennen der ganz großen Namen, ehe es in der „Zabel-Zeit“ zum Sprinterrennen wurde. Doch in der Neuzeit kehrt es sich wieder um – dass Mailand-Sanremo zum letzten Mal im Massensprint entschieden wurde, ist inzwischen fast 10 Jahre her – 2016 gewann Arnaud Demare aus einer rund 30-Mann-Gruppe.

Im vergangenen Jahr holte sich Jasper Philipsen 2024 den Sieg, im Sprint der kleinen Spitzengruppe. Der Belgier zählt erneut zu den Top-Favoriten, nach seinem Sturz am Mittwoch bei Nokere-Koerse jedoch eingeschränkt.

Für dieses spezielle Finale gibt es mehrere mögliche Szenarien, wie die Vergangenheit zeigt – eine späte Attacke von Vincenzo Nibali am Poggio mit epischem Solo, der unglaubliche Triumph des Downhill-Mohoric mit versenkbarer Sattelstütze und waghalsiger Poggio-Abfahrt. Die Kwiatkowski-Millimeterentscheidung 2017, der Degenkolb-Sprint-Sieg 2015, oder auch der beeindruckende Solosieg von Mathieu van der Poel im Jahr 2023, als er kurz vor dem Gipfel des Poggio allen davonzog. Eine „Ciolek-Edition“ mit Eis, Schnee und Unterbrechung droht in diesem Jahr zwar nicht – doch die Prognose sagt Regen statt einer sonnigen Fahrt in den Frühling voraus.

„Um Mailand-Sanremo zu gewinnen, braucht man Improvisationstalent und die Fähigkeit, den Moment zu nutzen“, erklärt Vincenzo Nibali. Seine späte Attacke am Poggio brachte ihm 2018 überraschend den Sieg. „Man kann sich nicht im Voraus überlegen, wo man angreifen wird. Man muss wissen, wie man improvisieren kann, und man muss in der Lage sein, jederzeit die höchste Aufmerksamkeit aufzubringen, denn die Dinge können sich jeden Moment ändern“, so der „Hai von Messina“, der gemeinsam mit Klamottenhersteller Q36.5 ein Sondertrikot entworfen hat, das seinem Sieg bei Milano-Sanremo gewidmet ist.

In diesem Jahr ist der Blick besonders auf Tadej Pogacar gerichtet. Der beste Fahrer der Welt möchte gern einen Haken an das erste Monument der Saison machen. Gelingt ihm das, fehlt nur noch Paris-Roubaix, dann hätte er alle fünf Radsport-Monumente gewonnen. Doch selbst für einen Überfahrer wie Pogacar ist Mailand-Sanremo eine knifflige Angelegenheit. Die Berge nicht lang genug, um die Konkurrenz mit bloßer Kletterfähigkeit abzuhängen, und trotz seiner Explosivität fehlt es etwas an Endschnelligkeit, um Fahrer wie Philipsen im direkten Duell schlagen zu können. Pogacar muss es schlau anstellen, und die Konkurrenz möglichst abschütteln. Von seinen taktischen Zwängen wollen andere profitieren. Auch das Mailand-Sanremo 2025 verspricht Spannung!


Die Vorschau wird präsentiert von Q36.5

Tom Pidcock und Ex-Sanremo-Champion Vincenzo Nibali im Sanremo-Sondertrikot
(Foto: Chris Auld)

Die Strecke von Mailand-Sanremo 2025

Karte Mailand-Sanremo 2025

Die Strecke führt über 289 Kilometer, der Startschuss fällt 2025 in Pavia. Wie der Veranstalter RCS mitteilte, wird das Rennen auch in den folgenden zwei Jahren in Pavia starten.

Die Strecke führt das Peloton in diesem Jahr zunächst nach Norden in Richtung Mailand. Anschließend geht es dann gen Süden, mit einem kleinen Schlenker, ehe man in Tortona wieder auf die klassische Strecke trifft und durch Ovada und über den Passo del Turchino zum Ligurischen Meer rollt.

Mit den fünf „Capi“ – den kurzen, aber steilen Anstiegen auf den letzten rund 55 Kilometern zum Ziel, beginnt das Finale des Rennens. Zunächst Capo Mele (51,6 km vor dem Ziel) und Capo Cervo (46,7 km vor dem Ziel). Dann Capo Berta (38,9 km vor dem Ziel). Vor den Anstiegen wird es im Feld extrem schnell, und alle Favoriten müssen hellwach sein. Die Kapitäne wollen möglichst weit vorn sein, damit sie bei Stürzen oder einem Riss im Feld nicht abgehängt werden.

Das Finale von Mailand-Sanremo 2025

Finale Mailand-Sanremo 2025

Der vorletzte Anstieg ist die 5,6 km lange Cipressa (Steigung 4,1 %). Eine recht lange Steigung, allerdings in weiten Teilen moderat steil. Eine sehr kurze Passage hat jedoch 9% Steigung, im oberen Teil wird es dann aber wieder flacher.

Will man hier die Sprinter abhängen, die Konkurrenz ans Limit bringen oder gar einen Angriff starten, muss man direkt ab dem Einstieg Vollgas geben. Vom Gipfel sind es exakt 21,7 Kilometer bis zum Ziel. Traut sich Tadej Pogacar zu, hier All In zu gehen?

Die letzte Steigung ist eine Legende – der Poggio. Nur rund 3,7 Kilometer lang bei moderaten 3,7% Steigung – für Profis nur ein kleiner Hügel. Doch nach rund 300 Kilometern im Sattel wird der Poggio zum Scharfrichter.

Mit vier Haarnadelkurven geht es bergan. Wer angreifen will, sollte schon vor dem Anstieg gut positioniert sein. So wird es vor der Steigung in den Positionskämpfen schnell und hektisch.

Die Abfahrt ist kurz, hat aber einige enge Kurven. Auch hier kann man den Unterschied machen – jedoch wird ein kleiner Fahrfehler meist hart bestraft.

Etwa zwei Kilometer vor dem Ende ist die Abfahrt geschafft, dann geht es flach zum Ziel.

Zeitplan Mailand-Sanremo 2025

Start: 10:15 Uhr
Turchino Pass (149 km vor dem Ziel) ~13:40 Uhr
Capo Mele (51,6 km vor dem Ziel) ~15:45 Uhr
Capo Cervo (46,7 km vor dem Ziel) ~15:53 Uhr
Capo Berta (38,9 km) ~16:05
Cipressa (21,7 km vor Ziel) ~16:35 Uhr
Poggio (5,6 km vor Ziel) ~16:53 Uhr
Ziel: ~17 Uhr

Den gesamten Zeitplan gibt es auf milanosanremo.it


Die Vorschau wird präsentiert von Q36.5


Die Favoriten

Für Mailand Sanremo gibt es einige Favoriten, denn reichlich Top-Stars kommen in Topform zum ersten Monument des Jahres. Beispielsweise Mathieu van der Poel, der vor zwei Jahren mit einer Monster-Attacke am Poggio die Konkurrenz abstellte und souverän zum Sieg fuhr. Aber auch der endschnelle Mads Pedersen ist in herausragender Verfassung. Ebenso Filippo Ganna, dem man mit seiner Tempohärte keinen Meter Vorsprung geben darf, sonst sieht man ihn wohl erst im Ziel wieder. Auch Tom Pidcock zeigt bislang eine herausragende Saison und zählt zu den Favoriten. Beim Titelverteidiger Jasper Philipsen muss man nach seinem Sturz am Mittwoch bei Nokere Koerse abwarten, ob er tatsächlich zu 100% leistungsfähig ist.

Welche Rolle der aktuell beste Fahrer der Welt einnimmt, ist streitbar. Denn Tadej Pogacar tut sich bei Mailand Sanremo schwer, die Konkurrenz abzuhängen. Im Sprint ist er gegen die endschnelleren Philipsen, Pedersen & Co eher Außenseiter. Pogacar braucht ein schweres Rennen, um an den Anstiegen die Konkurrenz tatsächlich distanzieren zu können. Vermutlich wird das Ziel seines UAE-Teams sein, an den Capi ein horrendes Tempo anzuschlagen, damit das Feld mit einem Angriff an der Cipressa komplett zerlegt wird.

Wobei Pogacar nicht die komplett Konkurrenz an der Cipressa abhängen muss – es bleibt der Poggio für den finalen Angriff. Doch für solch Szenario braucht er Helfer, die zwischen Cipressa und Poggio für ihn die Arbeit machen. Denn es ist wohl eher nicht zu erwarten, dass in einer kleinen Gruppe mit einigen Favoriten Einigkeit herrscht. Oder versucht es Pogacar tatsächlich mit einem Solo ab der Cipressa? Zuzutrauen ist es ihm, und wie die Vergangenheit zeigte, reicht ihm der Poggio vielleicht nicht aus, den Unterschied zu machen. Doch all diese Überlegungen stellt die Konkurrenz natürlich auch an, und wird versuchen, bestmöglich vorbereitet zu sein.

Der Kreis der Favoriten kann zudem um einige Namen erweitert werden. Michael Matthews war bei diesem Rennen schon mehrfach ganz weit vorn, würde es natürlich sehr gern gewinnen. Für Sprinter Jonathan Milan müsste das Rennen im Finale wohl taktisch werden, damit er um den Sieg sprinten kann – ist er allerdings ganz vorn dabei, wir er schwer zu schlagen sein. Olav Kooij ist ebenso endschnell und zeigte sich zuletzt auch bergauf sehr stark. Das gilt ähnlich für Magnus Cort. Das Tudor-Team hat eine Mischung aus Erfahrung und Talent – Alaphilippe und Trentin, dazu der junge Rick Pluimers, der ein herausragendes Frühjahr zeigt und dem vielleicht sogar eine Überraschung zuzutrauen ist.

Und reichlich weitere Namen kann man für den erweiterten Favoritenkreis auf eine Top-Platzierung aufzählen – Bini Girmay, Stefan Küng, Neilsson Powless, Corbin Strong, Ben Turner, Axel Laurence, Matej Mohorič, Alex Aranburu, Ivan Cortina, Maxim van Gils …

***** Mathieu van der Poel
**** Tadej Pogacar, Mads Pedersen
*** Jasper Philipsen, Tom Pidcock
** Ganna, Matthews, Kooij, Van Gils
* Milan, Cort, Turner, Pithie, Alaphilippe, Grégoire, Schmid, Pluimers, Aranburu, Powless

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Sein erster Sieg 1966 – Eddy Merckx, der Rekordhalter. 7 Mal gewann "der Kannibale" Mailand-Sanremo – hier 1966

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Mailand-Sanremo


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