Paris-Roubaix ist der Anachronismus des Radsports. Die „Hölle des Nordens“, die „Königin der Klassiker“ – es ist das krasseste Radrennen der WorldTour. Es wirkt eigenartig, dass immer wieder über die Sicherheit der Sportler diskutiert wird und dann ein Peloton über das absurde Kopfsteinpflaster Nordfrankreichs gejagt wird. Doch Paris-Roubaix ist eben besonders, faszinierend, nahezu magisch. Und für viele Fans und Fahrer das ganz große Highlight des Jahres.

An der Strecke herrscht eine ganz besondere Atmosphäre. Die Pflastersektoren verwandeln sich in Arenen, die Fahrer in Gladiatoren der Neuzeit. Wer Roubaix besiegt hat, wird im Betonoval von Roubaix als Held verehrt.

„Ein Haufen Scheiße & das schönste Rennen der Welt“

Keine unserer Vorschauen auf diesen Klassiker kommt ohne das legendäre Zitat von Theo de Rooy aus dem Jahr 1985 aus. Denn es beschreibt den Mythos Roubaix sehr gut. „Dieses Rennen ist Schwachsinn. Du arbeitest wie ein Tier, du hast keine Zeit zum Pinkeln, machst dir in die Hose. Es ist ein Haufen Scheiße”, sagte er nach dem Rennen. Als der Reporter fragte, ob er denn jemals wieder starten würde, antwortete de Rooy sofort: „Natürlich, es ist das schönste Rennen der Welt“. 

„Wer behauptet, dass er es liebt, erzählt Schwachsinn“, sagte einst Rolf Aldag. Absurd, brutal und wundervoll. Das Pflaster von Roubaix hat eine magische Anziehungskraft und seit nun fünf Jahren auch Heldinnen – denn endlich gibt es auch eine Austragung für die Frauen.

Am Sonntag soll es zunächst vormittags noch etwas regnen, dann überwiegend trocken bleiben. Man muss abwarten, ob die Sektoren abgetrocknet sind, bis die Profis kommen. Der Rückenwind dürfte für ein schnelles Rennen sorgen. Viele Fahrer wollen sicher in die Gruppe des Tages, die bei Rückenwind bessere Karten auf Erfolg hat. Das dürfte für einen schnellen Start und harten Kampf um die Gruppe sorgen. Gut Möglich, dass die Gruppe des Tages so erst kurz vor dem ersten Pflasterstück steht und keinen sehr großen Vorsprung bekommt.

Die Vorschau wird präsentiert von Q36.5

 

Die Strecke von Paris-Roubaix 2025

Satte 259 Kilometer sind zu absolvieren, 55,3 davon auf Kopfsteinfplaster. Gestartet wird das Rennen auch in diesem Jahr in Compiegne. Nach dem Startschuss am Schloss geht es neutralisiert aus der Stadt und dann erfolgt die Freigabe des Rennens. Die ersten 95 Kilometer geht es über Asphalt gen Norden. Je näher das Peloton dem ersten Pflasterstück kommt, desto größer wird die Anspannung und der Positionskampf.

Die Strecke wurde in diesem Jahr nur leicht verändert. Rund um die Gemeinde Quérénaing sind die Abschnitte „Quérénaing nach Artres“ (#24, nach 130,9 km, 1.300 m lang) und „Artres nach Famars“ (#23, nach 133,8 km, 1.200 m lang) hinzugekommen.

Ab Sektor 22 ist die Strecke und die Abfolge der Pave-Stücke dann gleich dem Vorjahr.

Neu ist hingegen die Anfahrt zum Wald von Arenberg. Hier will man mit einer kurvenreichen Anfahrt zum brutal schweren Pflastersektor das Feld etwas einbremsen und die Gefahr von schweren Stürzen eindämmen. Das Peloton wird so mit nicht ganz so viel Tempo in den Sektor fahren.

Start: 11:10 Uhr
Ziel: ~ 17:10 Uhr

Die Favoriten

Der Start von Tadej Pogacar sorgt im Vorfeld für intensive Diskussionen. Kann der Toursieger auf Kopfsteinpflaster mit den Spezialisten tatsächlich mithalten? Oder sind die „schweren Jungs“ zu stark für den Weltmeister? Die Antwort liefert das Rennen! Top-Favorit ist Pogacar jedenfalls nicht, denn das ist Titelverteidiger Mathieu van der Poel. Wobei man vielleicht besser sagen müsste, Van der Poel wäre der Top-Favorit, würde er in Top-Form am Start stehen. Das jedoch scheint nicht der Fall. Vor der Flandern-Rundfahrt war der Niederländer nach eigenen Angaben krank, lieferte dann aber eine starke Ronde. Nun heißt es, er hätte erneut gesundheitliche Probleme gehabt und sei nicht bei 100%. Auf dem Pflaster wird man sehen, ob Van der Poel top fit ist, oder nicht.

Extrem stark zeigte sich in den vergangenen Wochen Mads Pedersen. Dem Dänen liegt Roubaix sehr gut, er muss auch eine Sprintentscheidung aus einer Gruppe nicht fürchten. Ganz sicher zählt auch er zu den absoluten Favoriten. Auch Filippo Ganna darf man für Paris-Roubaix in diesen Kreis aufnehmen. Das flache Roubaix liegt dem Kraftpaket viel besser, als die Ronde. Und endschnell ist Ganna auch. Doch beim Italiener muss man abwarten, ob es ihm gelingt stets in guter Position zu sein und auf dem Pflaster keine Fehler zu machen.

Zum Favoritenkreis gehört natürlich auch Wout Van Aert. Der Belgier kommt immer besser in Schwung und zählt auf dem Pflaster zu den besten Fahrern im Peloton. Seine Formkurve scheint weiter nach oben zu zeigen und seine spezielle Vorbereitung sorgt nun dafür, dass er für Paris-Roubaix die Top-Form erreicht. Und noch etwas spricht für Van Aert – sein Team kann ein Reifendrucksystem einsetzen, mit dem er den Reifendruck nach den Pflastersektoren erhöhen kann, dann vor den Sektoren wieder senken. Vor allem für die letzten 15 Kilometer nach den schweren Pflastersektoren kann dies ein großer Vorteil sein. Pauline Ferrand-Prévot setzte dies am Samstag bei den Frauen erfolgreich ein. Sie sagte während der Pressekonferenz, dass sie für die Sektoren jeweils den Druck anpasste und vor allem für das Finale eine großen Vorteil sieht. So rückt Van Aert am Ende einer für ihn schwierigen Klassiker-Kampagne tatsächlich in die Favoritenrolle.

Im Peloton sind weitere Top-Fahrer. Stefan Küng beispielsweise, der herausragende Rennen abliefert. Das UAE-Team hat neben Pogacar noch taktische Optionen mit Nils Politt oder Florian Vermeersch. Stefan Bissegger fuhr zuletzt sehr stark, Laurence Pithie muss man auf dem Zettel haben. Davide Ballerini, Max Walscheid, Laurenz Rex, Madis Mihkels, Soren Waerenskjold, Tim Merlier, Jonathan Milan, Biniam Girmay, Iván García Cortina, Alex Kristoff, Jordi Meeus … die Liste ließe sich problemlos erweitern.

John Degenkolb muss auf einen Start leider verzichten – er stürzte bei der Ronde schwer und brach sich Handgelenk und Ellenbogen. Genau 10 Jahre ist es her, dass „Dege“ in Roubaix triumphierte.

***** –
**** Pedersen, Van der Poel, Van Aert
*** Pogacar, Philipsen, Ganna
** Politt, Küng, Vermeersch, Pithie, Waerenskjold
* Meeus, Stuyven, Brennan, Rex, Van Dijke, Mihkels, Milan, Bini, Ballerini, Teunissen, Tarling

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