Der flämische Frühling ist für viele Radsportfans die schönste Zeit des Jahres. Vom Omloop bis zur Ronde – von Ende Februar bis Anfang April geht es bei zahlreichen Rennen durch die flämischen Ardennen. Echten Radsportfans muss niemand erklären, was Oude Kwaremont, die Kapelmuur oder Molenberg sind. In der Region gibt es 59 Anstiege und Kopfsteinpflasterabschnitte, die die flämischen Rennen prägen. Und für Hobby-Fahrer gibt es seit ein paar Jahren eine ganz besondere Herausforderung – die „Flandrien Challenge“ – an deren Ende ein Platz im Museum winkt.
Kampf um den Stein im Museum – das ist die Flandrien Challenge
Was ist die Challenge?
Die Erfinder der Flandrien Challenge haben ein Paket der belgischen Hellinge und Kopfsteinpflasterabschnitte geschnürt. Ihre Version ist mehr als 400 Kilometer lang und hat weit über 5000 Höhenmeter. Bewältigt man alle 59 Segmente, erhält man seinen persönlichen Pflasterstein im Museum der Flandern-Rundfahrt in Oudenaarde. Doch die Sache hat einen Haken: Man hat nur 72 Stunden Zeit.
Was brauche ich dafür?
Im Normalfall genügen Zeit, Kondition, ein Rennrad und vor allem ein Strava-Account. Letzterer dient als Nachweis, dass man die Challenge tatsächlich in der vorgegebenen Zeit geschafft hat. Es ist problemlos möglich, die Challenge an einem langen Wochenende zu schaffen. Wer schon einmal die Jedermann-Version der Flandern-Rundfahrt oder eines anderen belgischen Rennens gefahren ist, dürfte ein wenig im Vorteil sein.
Welche Rolle spielt die Zeit?
Hier wird es entscheidend, da ist in manchen Fällen taktieren gefragt. Die Zeit läuft ab dem ersten der 59 Segmente. Da der erste Tag in der Regel der kürzeste ist, ist es durchaus lohnenswert bspw. an einem Freitag erst um 17 Uhr zu starten, wenn es die Tageslänge hergibt. So hat man bis Montagabend 17 Uhr Zeit, die Challenge zu schaffen.
Wie plane ich die Routen?
Die Routenplanung muss man nicht selbst übernehmen. Auf der Website der Challenge gibt es zwei Vorschläge inklusive der zum Download zur Verfügung gestellten GPS-Files. Es gibt eine Variante über 3 Tage und eine über 4 Tage. Die Streckenlängen variieren zwischen 75 und 190 Kilometern. Jedes Segment ist auf der Straße markiert, so dass man sicher sein kann, es auch von der richtige Seite aus anzufahren. Natürlich kann man sich seine Route auch selbst zusammenstellen. Das ist etwas aufwendiger, kann aber Routen kürzen und Kräfte sparen. So liegen zum Beispiel die Kapelmuur und der Bosberg etwas abseits. Fährt man dort einfach mit dem Auto hin und bewältigt die zwei Anstiege an einem Abend, spart man viele Kilometer auf dem Rad.
Challenge an einem Tag – Unmöglich?

Flamen wären keine Flamen, würden sie nicht zeigen wollten, wie hart sie auf dem Rad sein können. Deshalb gab es schon in der ersten Zeit der Challenge Fahrer, die die Segmente an einem Tag bewältigt haben.
Mittlerweile kann man die Eintagesroute auch auf der Website herunterladen. Mit 304 Kilometern und 4150 Höhenmetern ist die Nummer allerdings ein Brett. Zudem liegen Start- und Zielort weit voneinander entfernt, was eventuell den logistischen Aufwand erhöht.
Was ist die beste Zeit für die Challenge?
Einen Vorteil hat man, wenn die Tage länger sind und das Wetter besser ist. Von daher bieten sich Frühsommer oder der September wunderbar an. Da dies außerhalb der meisten Ferienzeiten ist, kommt man recht einfach an eine Unterkunft.
Wo schlafe ich?
Unterkünfte sind problemlos über die gängigen Plattformen zu finden. Auch über die Website der Challenge gibt es Vorschläge und Hilfe. Taktisch vorteilhaft ist es, die Unterkunft direkt an der Strecke oder nicht weiter als fünf bis zehn Kilometer entfernt zu wählen. So spart man sich lange Anfahrten und damit Zeit.
Wie komme ich ins Museum?
Sobald alle Segmente bewältigt sind, landet man durch eine Strava-Verbindung im System des Ronde-Zentrums in Oudenaarde. Dort meldet man sich einfach vorn an der Kasse am Eingang und sagt, dass man die Flandrien Challenge komplettiert hat. Der Name ist im System bereits hinterlegt, man muss allerdings den Usernamen von Strava nennen.

Man bekommt dann zwei «Pflasterseine», den Namen darauf kann man frei wählen. Einer ist ein Kühlschrankmagnet, den anderen klebt man an die Wall of Fame im Ronde-Museum. Der Platz an der Wand darf frei gewählt werden. Zudem bekommt man einen Gutschein für ein Getränk im Café des Ronde-Zentrums.
Infos auf cyclinginflanders.cc
Website Ronde Museum: crvv.be
Radsport und Kultur beim Kurzurlaub in Flandern verbinden
Wer bei einem Kurztrip nach Flandern neben der sportlichen Herausforderung der Flandrien Challenge nicht genug vom Radsport bekommt, kann bei einem Besuch in einem der Radsportmuseen tief in die flämische Radsportkultur eintauchen. Eines der schönsten (Radsport)Museen ist das Koers Museum in Roeselare.

Unzählige Ausstellungsstücke, uralte Fahrräder, interessante Exponate aktueller Profis, großartige Fotos, spannende Geschichten und meist auch eine sehr interessante Sonderausstellung machen einen Besuch lohnenswert. Man kann tief in die Geschichte des Radsports eintauchen, anhand der vielen Ausstellungsstücke in Erinnerung an große Helden schwelgen und immer wieder darüber staunen, mit welch Material die Sportler im vergangenen Jahrtausend unterwegs waren.

Alte Trikots, Ledersturzhelme, Radsportschuhe aus einer längst vergessenen Zeit. Es gibt viele historische Ausstellungsstücke, aber auch Pokale und Wertungstrikots aktueller Helden, wie etwa John Degenkolb oder Tadej Pogacar.
Alte Zeitungsartikel, jede Menge Pokale – wie der Paris-Nizza-Siegerpokal von Frank Vandenbroucke oder eine der E3-Prijs-Trophäen von Tim Boonen – für Fans gibt es an vielen Stellen etwas zu entdecken. Bei unserem letzten Besuch kamen wir mit einer belgischen Familie ins Gespräch, die ihrem „Geburtstagskind“ einen Wunsch erfüllte. Ein Mann hatte sich für seinen 84. Geburtstag einen Tag im Radsportmuseum gewünscht und Kinder, Enkel und deren Tanten begleiteten ihn – Radsport und Flandern, eine ganz besondere Verbindung.

Für Technik-Fans – das „Flandrien Hotel“ ist selbst fast Museum
Wer beim Kurzbesuch in Flandern die komplette volle Radsport-Dröhnung möchte, kann sich im „Flandrien Hotel“ in der Nähe von Geraardsbergen einquartieren. Das Hotel ist eigentlich selbst auch eine Art Radsportmuseum, denn man findet nicht nur unzählige Profi-Boliden, die in den wichtigsten Rennen der Welt gefahren wurden, sondern auch einige sehr seltene Räder und Exponate.
Betreiber des Flandrien Hotel ist der radsportverrückte Australier Jamie Anderson. Er war selbst erfolgreich im Amateursport und hat sein Herz an Rennräder verloren. Zu jedem der mehr als 150 Rennräder im Hotel kann Jamie eine Geschichte erzählen, und egal welchen Namen eines Ex-Profis man nennt, er hat ein Rad von ihm, oder zumindest eines der Teamkollegen.

Ein original Klassiker-Rad von Tom Boonen, ein Zeitfahrrad von Alexandr Vinokurov aus der Telekom Ära, wilde Zeitfahrräder aus den 90ern, eines der ersten Carbonräder überhaupt, die legendären Cannondale mit Dämpfung von Paris-Roubaix oder ein original Tour-de- France-Trek aus der US Postal Zeit – Jamie hat sie alle!
Die Sammlung im Hotel ist beeindruckend und oft nimmt sich Jamie Zeit für eine Führung. Oft ist die Geschichte, wie Jamie die Räder ergattert hat, noch beeindruckender als das Exponat selbst.
Natürlich herrscht in einer solch speziellen Unterkunft auch eine besondere Atmosphäre – auch wenn die Gäste des Hauses vielleicht nicht ganz so radsportverrückt sind wie der Hotelier, im großen Speise- und Aufenthaltsraum werden Radsportgeschichten erzählt, gemeinsam gegessen und Tourentipps ausgetauscht. Radsport verbindet, in solch Umgebung ganz besonders. In der kleinen Werkstatt im Hof gibt es Werkzeug, und Leihräder sind auch verfügbar.
Ein Tipp für Rad- und Musikfans: Jamie beim Besuch nach der Gitarre fragen. Das Köfferchen mit dem Schmuckstück wird besonders aufbewahrt und die Geschichte dieses Instrumentes hat natürlich etwas mit Radsport zu tun – sie gehörte einem gewissen Lance Armstrong.

Infos: flandrienhotel.com