Romain Bardet vs. Thibaut Pinot – französisches Duell

Die französischen Radsportfans mussten lange warten, ehe sie wieder einen einheimischen Rundfahrer auf Top-Niveau zujubeln konnten. Doch nun gibt es sogar zwei große Talente. Der Stern des inzwischen 26-jährigen Thibaut Pinot ging bei der Tour de France 2014 auf, als er die Nachwuchswertung gewann und das Rennen auf dem Treppchen beendete. Sein Landsmann Romain Bardet wurde immerhin Gesamtfünfter. Bardet ist ein halbes Jahr jünger als Pinot, aber mindestens genauso talentiert.

Fortan schaute nicht nur die Grande Nation auf das französische Duo. Der eine fährt bei Ag2R, der andere beim Konkurrenten FDJ. Zwei junge talentierte Franzosen bei einheimischen Teams die endlich wieder eine Chance auf den Tour-Sieg haben – eine herrliche Kombination für Fans und Presse. Auch 2015 ging es für beide einen Schritt voran. Sie gewannen jeweils eine Tour-Etappe und zeigten starke Leistungen. Mit Spannung erwartete man das Duell der Franzosen für die Saison 2016.

 

Das Duell in Méribel

Beide sind unterschiedliche Typen und haben verschiedene Stärken. Pinot ist unterdessen extrem stark im Kampf gegen die Uhr und hat Schwächen in den Abfahrten. Das Gegenteil ist bei Romain Bardet der Fall.

Natürlich haben beide Fahrer individuelle Interessen, aber diese besondere Konstellation führt unweigerlich zu einem Duell, wenn auch nur für Außenstehende und Journalisten. Ein echtes Duell gab es im Sommer 2016 und es hätte für die Reporter nicht passender sein können.

Beim Criterium du Dauphiné war Romain Bardet nicht nur deutlich stärker als Thibaut Pinot, sondern er kämpfte um den Gesamtsieg. Wir alle wissen, dass er die Tour de France wenig später auf Rang zwei beendet und nun zum kleinen Kreis der Favoriten für 2017 gehört. Doch im Juni konnten wir das erst erahnen.

Auf dem Weg nach Méribel hatten sich Pinot und Bardet mit einer stark besetzten Gruppe abgesetzt. Am Schlussanstieg attackierte Bardet und nur Pinot konnte folgen. Was dann begann, war ein taktisches Spiel, das den Radsport so sehenswert macht. Beide fanden sich in der Situation wieder, diese prestigeträchtige Etappe gewinnen zu können und den Rivalen zu schlagen. Der Kräfte-Vorteil lag bei Bardet, doch der befand sich taktisch in einer Zwickmühle. Denn er hatte noch Chancen aufs Gesamtklassement und wollte so wenig Zeit verlieren wie möglich. Immerhin ging man mit einem komfortablen Vorsprung in den Schlussanstieg.

Was sollte Bardet machen? Mit Pinot am Hinterrad bis nach oben fahren und ausgerechnet IHM den Etappensieg überlassen um vielleicht Gelb zu holen? Oder besser taktieren und Etappensieg mitnehmen? Oder mit ihm zusammenarbeiten? Letzteres schien unmöglich und es kam, wie es kommen musste. Pinot nutzte seinen taktischen Vorteil, parierte alle Attacken und feierte den Etappensieg. Romain Bardet war enttäuscht über Platz zwei und es fehlten am Ende 21 Sekunden zum Gesamtsieg.

Thibaut Pinot streckt die Siegerfaust (Foto: Roth&Roth roth-foto.de)

Zu Platz 5 – Cunego vs Nieve