Wout van Aert Trainingslager

Ein Trainingslager ist immer wieder mit Herausforderungen verbunden. Egal, ob man zum zehnten oder zum ersten Mal fährt.  CyclingMagazine hat mit Björn Geesmann, Geschäftsführer der Leistungsdiagnostiker von STAPS, über die wichtigsten Tipps für ein gelungenes Trainingscamp gesprochen.

 

CM: Wann ist der beste Zeitpunkt für ein Trainingslager?

Björn Geesmann: „In puncto Trainingsanpassung gilt grundsätzlich je früher desto besser. Denn wenn ich durch ein Trainingslager eine höhere Leistungsfähigkeit habe, kann ich auch im Training danach höhere Leistungen treten und den Trainingsreiz erhöhen. Für den Hobby-Radfahrer, der nach Mallorca fährt, ist Ende Februar/Anfang März ein guter Zeitpunkt.“

 

CM: Was sollte man vor einem Trainingslager schon in den Beinen haben?

Geesmann: „Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Denn das Trainingslager rettet einem nicht den Rest der Saison. Es ist vielmehr ein Grund dafür, schon vorher vernünftig zu trainieren. Man sollte vorher sechs bis acht Wochen kontinuierlich trainiert haben. Dann ist auch das Trainingslager selbst gewinnbringender. Und: Die Zeit danach entscheidet über den Effekt. Man darf sich also nie auf einem Trainingslager ausruhen.“

 

CM: Wie lang sollte ein Trainingslager sein?

Geesmann: „Zunächst einmal hängt das von den eigenen Möglichkeiten ab. Wie lange habe ich Urlaub, wie groß ist mein Budget, wie lange lässt mich die Frau von zu Hause weg. Für mich sind zwei Wochen das Maximale. Da stecken dann zwei Tage für An- und Abreise drin, zwei Ruhetage und drei Dreier-Blöcke qualitativ gutes Training. Wichtig ist, an den Ruhetagen auch wirklich Ruhe zu haben, maximal eine halbe Stunden auf dem Rad zu sitzen.“

 

CM: Wie bereite ich mich auf ein Trainingslager kurz vorher vor?

Geesmann: „Hier ist es wichtig, ausgeruht ins Trainingslager zu fahren. Also das Training die Tage zuvor runterzufahren, vielleicht auch ganz aus einer Ruhewoche zu kommen. Völlig wild ist es am Morgen vor dem Abflug nochmal Vollgas zu geben und dann mit einem hoch sensiblen Immunsystem ins Flugzeug zu steigen.“

 

CM: Gruppe oder allein – was ist sinnvoller?

Geesmann: „Ich bin hier durchaus ein Freund der Gruppe. Die sollte allerdings nicht zu groß sein und man sollte nicht jeden Morgen mit dem Messer zwischen den Zähnen losfahren. Eine Gruppe hat Vorteile in der gegenseitigen Motivation und man kann sich durchaus einmal anstacheln am Berg. Aus meiner Erfahrung ist es für das Klima in der Gruppe wichtig, vorher Regeln festzulegen. Wann fahren wir morgens los? Machen wir Pausen, wenn ja, wie oft? Fahren wir Anstiege zusammen oder jeder für sich? Für den einzelnen Fahrer ist es wichtig, in der Gruppe nicht ständig im Windschatten zu hängen, sondern sich ausreichend zu belasten.“

 

CM: Welche Inhalte sollte ich trainieren?

Geesmann: „Natürlich unterscheidet sich das Training im Camp von dem zu Hause. Generell sollte man nicht mehr als 20 Prozent der Trainingszeit unter dem G1-Bereich sein. Das ergibt sich meistens schon durch Abfahrten. In einem Dreier-Block ist es sinnvoll, nicht gleich am ersten Tag Vollgas zu geben, sich am zweiten ordentlich zu belasten und am dritten wieder mit etwas weniger Druck auf dem Pedal zu fahren.“

 

CM: In welchen Trainings-Bereichen sollte man fahren?

Geesmann: „Ich kann auf jeden Fall nur davon abraten, immer gleichmäßig Grundlage zu fahren. Ein Trainingslager ist dafür da, viel am Berg zu fahren, also Kraftausdauer am Berg zu tanken und Umfänge zu fahren. Die Intensität ergibt sich meistens aus der Topografie, da sollte man sich nicht allzu sehr den Kopf zerbrechen. Ich bin auch ein Freund davon, mal an einem Anstieg einen Critical-Power-Test einzustreuen.“

 

CM: Wichtiges Thema: Wie sieht’s mit der Ernährung aus?

Geesmann: „In der Tat sehr wichtig. Fangen wir mal morgens an. Hier sollte man sich nicht unbedingt die Waffel mit Nutella gönnen, sondern auf hochwertige Kohlenhydrate setzen und ruhig mal ein Vollkornbrot essen. Nach der Einheit ist es wichtig, dass möglichst wenig Zeit bis zur Energieaufnahme vergeht. Dafür sollte man es am Abendbuffet schon etwas ruhiger angehen lassen. Den Nachtisch bitte stehen lassen. Dafür ist für den Hobby-Fahrer ein Bier am Abend drin, obwohl es für die Regeneration nicht gerade förderlich ist.“

 

CM: Was muss ich nach dem Trainingslager beachten?

Geesmann: „Es gilt im Prinzip dasselbe, was vor dem Camp gilt. Mit Sinn und Verstand weiter trainieren. Nur weil man im Trainingslager war, kann man nicht vier Wochen die Beine hoch legen und denken, alles geht von allein. Vier bis fünf Tage danach sollte man es ruhig angehen lassen, damit die Anpassung stattfinden kann. Dabei sollte die Regeneration aktiv sein, also zwei oder drei Mal bis zu zwei Stunden locker rollen.“

 

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