Dieses Buch ist mehr als eine Biografie. Es geht nicht nur um die Karriere des Jonathan Vaughters, sondern es steckt eine ganze Menge mehr Radsport darin: Sport-Politik, Doping, Strukturen, Hintergründe zu Teams und Sponsoren. Auch wenn es vorrangig um die Ansichten des Ex-Profis und heutigen Team-Managers der EF Pro Cycling Equipe geht, reißt es viele Dimensionen der Welt des Profisports an und liefert damit einen kleinen Blick hinter die Kulissen des Profi-Zirkus.
Beste Radsport-Unterhaltung
Jonathan Vaughters war Profi beim spanischen Team Porcelana Santa Clara, fuhr für die französische Crédit Agricole Mannschaft und auch für das berühmt-berüchtigte Team US Postal Service. Er ist ein intelligenter und eloquenter Mann, beherrscht das Spiel mit den Medien und trifft mit seinen Worten stets die richtigen Töne. Das merkt man auch im Buch. Er weiß genau, wie es wirkt, wenn er seine Außenseiter-Kindheit beschreibt und den Wunsch nach Anerkennung als Antrieb seiner Handlungen.
Ihm ist klar, welches Bild beim Leser entsteht, wenn er die Geschichte des Nachwuchsfahrers Lance Armstrong erzählt, der stumpf aber übermächtig den ganzen Tag an der Spitze das Tempo macht, dann aber von der Konkurrenz listig ausgetrickst wird. Vaughters hat ein Gespür für die Story und weiß sie zu verpacken. Zudem hat sich die Mühe ausgezahlt, die sich Übersetzer und Lektoren ganz offensichtlich mit der deutschen Version des Buchs gegeben haben. Es liest sich gut und flüssig weg, mit der richtigen Prise Humor. Sehr gute Radsportunterhaltung!
Seine Geschichte
Vaughters beschreibt seinen Weg vom ambitionierten Außenseiter-Teenager, der es bis nach Europa schafft. Dann dort mit der fremden Kultur und der Einsamkeit weit weg von daheim zu kämpfen hat. Er beschreibt, wie sein Weg zum Doper fast unumgänglich war und dass er im EPO-Peloton dieser Zeit schlimme Erfahrungen machte.
Er beschreibt die Widersprüchlichkeit des eigenen Dopens, die Grau-Bereiche wo es eigentlich nur Schwarz und Weiß gibt. Der Leser bekommt so einen Einblick in die EPO-Hochphase – wenn auch im typisch cleveren „JV-Style“ – mit klugen Worten, stets um die Wirkung bewusst. So scheint es manchmal, als würde er genau an den richtigen Stellen das eigene Verhalten kritisieren, um am Ende nicht als einer der „bösen Doper“ wahrgenommen zu werden, sondern seine Geschichte als Geläuterter und starker Anti-Doping-Kämpfer zu untermauern.
Fakt ist, und das beschreibt Vaughters auch im Buch, dass er früh mit den Behörden zusammengearbeitet hat und seine Vergehen preisgegeben hat. Er hat gedopt, um Anerkennung zu bekommen und dafür den entsprechend hohen Preis bezahlt. Dass er sich nun gegen Doping einsetzt, darf man ihm zugutehalten und es scheint ihm ernst, bei seiner eigenen Mannschaft die Sportler vor den Fehlern bewahren zu wollen, die er selbst gemacht hat (wenn auch in einem ganz anderen Umfeld, als in der heutigen Zeit).
Lesenswert
Dieses Buch ist aber nicht wegen der ausführlichen Doping-Berichte oder des Konfliktes mit Lance Armstrong lesenswert, sondern vor allem wegen der Breite der Themen. Man erfährt von medizinischen Untersuchungen spanischer Teams vor einer Fahrerverpflichtung in den 90ern, vom Kampf um Nominierungen für internationale Wettkämpfe im Jugend-Bereich, von geplatzten Träumen, dem schlechten Gewissen beim Dopen, davon wie Team-Manager nach Sponsoren suchen, aber eben auch davon, wie die Kräfte im Radsport um die Macht kämpfen.
Klar, es ist die Geschichte des Jonathan Vaughters, so wie er sie erzählen möchte, aber dieses Buch bietet auf fast 400 Seiten einen tiefen Einblick in die Welt des Profiradsports. Es ist lesenswert und sehr unterhaltsam.
Preis: 18,00 € inkl. 5% MwSt.
Erscheinungsdatum: 19. Februar 2020
Hier kann man es beim Covadonga-Verlag kaufen