Simon, du hast deinen Vertrag bei Cofidis nach wenigen Monaten um zwei weitere Jahre verlängert – war dir schnell klar, dass du bleiben wirst?

„Eigentlich schon, ja. Ich hab mich schnell eingelebt und direkt wohl gefühlt. Man merkt ja, wenn das Team mit einem zufrieden ist. Sie haben sich immer gefreut, wenn ich gut gefahren bin und mit Guillaume Martin und auch Christophe Laporte klappt auch alles. Und für mich persönlich war klar: Wenn ich zufrieden bin, dann will ich bleiben. Ich bin nicht der Typ, der jedes Jahr wechseln will.“

Also fiel es dir leicht, so früh zu verlängern?

„Na klar, jetzt hab ich hart an meinem Französisch gearbeitet, damit ich beim Abendessen auch mal einen Witz verstehe (lacht). Nein, es passt einfach, da haben wir uns schnell geeinigt. Vor Lüttich hatte ich ein gutes Gespräch mit Cédric Vasseur. Mit 35 Jahren muss man auch nicht mehr groß pokern, warten bis nach der Tour muss ich nicht. Das könnte auch mein letzter Vertrag sein, ich hab ja für 2 Jahre unterschrieben. Auch daran kann man ablesen, dass die Mannschaft an mich glaubt. Denn zwei Jahre bei einem 35-Jährigen sind auch nicht selbstverständlich. Ich spüre großes Vertrauen und sie wissen, dass ich ein loyaler Fahrer bin.“ 

Zuletzt bist du konstant gut gefahren – es macht fast den Eindruck, als hättest du dich mit deinen Leistungen noch mehr stabilisiert?

„Ja, das habe ich auch schon überlegt. Ich denke auch, dass ich noch stabiler geworden bin. Früher hatte ich öfter mal einen schlechteren Tag, oder auch mal zwei. Schon letztes Jahr haben ich mich noch einmal gesteigert und kann die Leistung eigentlich halten, wenn nix passiert.“

Wenn nix passiert – du meinst sowas, wie der Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt?

„Ja, genau. Ich war bei Paris-Nizza mit meiner Form sehr zufrieden, aber der Sturz bei der Baskenland-Rundfahrt hat mich viel gekostet. Ich hatte sehr lange Rückenschmerzen. Erst später hatte sich rausgestellt, dass ein Wirbel gebrochen war. Auf dem Rad ging es, aber teilweise hatte ich echt Probleme auf einem Stuhl zu sitzen. Nun ist alles ausgeheilt, nur um den Wirbel herum war es noch ein wenig gereizt. Sowas dauert eben und ist einfach nervig. Aber für die Tour bin ich sehr zuversichtlich. Ich mache jetzt eben noch mehr Rückenübungen.“

Bei deinem Kapitän Guillaume Martin scheint es aktuell nicht ganz so gut zu laufen, oder täuscht das?

„Naja, im Trainingslager war er extrem stark. Da war es ihm immer zu langsam (lacht). Er hat es nicht raushängen lassen, aber man merkt das schon. Er sagt dann: ‚ich fahr mal noch ein bisschen etwas schneller‘ und zack ist er weg. Leider ist er dann bei der Dauphine gestürzt. Nach so einem Sturz schläft man auch nicht gut, das ist dann alles nicht ideal. Ich hoffe wirklich, dass er nicht zu zweifeln beginnt, denn das muss er eigentlich nicht. Wir haben gut trainiert und sollten wirklich bereit sein. Ich merke das auch bei mir, dass die Form da ist.“

Wie merkst du das?

„Es kommt mir alles einfach vor. Wenn ich sehe, was ich im Training machen muss, dann denke ich schon: ui, dass wird schwer. Aber wenn ich es dann mache, macht es einfach Spaß. Dann weiß man: Die Form ist da!“

Kurz zurück zum Sturz von Guillaume bei der Dauphine: Ihr habt als Mannschaft sehr schnell und gut reagiert und Guillaume war dank euch schnell zurück im Feld – das sah eingespielt und nach gutem Teamwork aus.

„Ja, das fand ich auch cool. Die Atmosphäre ist einfach extrem gut. Das ist ja auch ein Grund, warum ich gern bleiben will. Guillaume ist ganz klar der Leader – jeder weiß, was seine Aufgabe ist und allen ist in solchen Momenten sofort klar, was zu tun ist. Das macht wirklich Spaß. Da war keine Panik, oder Chaos im Funk, sondern einfach alles ruhig. Und zack waren wir wieder da. So muss es sein. Es gibt bei uns auch keinen Neid, oder so. Und Guillaume ist auch niemand, der allen die Luft nimmt, sondern es gibt für jeden was zu holen. So wird es auch bei der Tour möglich sein, mal in die Gruppe zu gehen. Das ist schon alles relativ entspannt.“

Aber deine Rolle bei der Tour ist klar?

„Absolut – Helfer von Guillaume. So lange wie möglich bei ihm sein, vor allem in Woche zwei und drei. Bei der Dauphine hatte er einen schwierigen Tag, aber das sollte man nicht überwerten, auch wegen des Sturzes. Er ist Leader und wir hoffen, dass er Top10 fahren kann. Wenn es gut läuft traue ich ihm auch Top5 zu, aber die Zeitfahren sind natürlich nicht ideal. Wir werden als Team aber weiterhin in Gruppen gehen, auch um dann im Finale noch einen vorn zu haben. Christophe Laporte hätte vielleicht auch gute Karten für einen Etappensieg, vielleicht aus einer Gruppe, oder bei einer mittelschweren Etappe. Er kann aber auch ein guter Helfer sein, kann den Schalter umlegen – das ist enorm wichtig.“

Hast du dir die Strecke schon angeschaut? Was denkst darüber, dass recht viele Bergetappen mit einer Abfahrt enden?

„Du weißt ja, dass ich niemand bin, der schon Monate vorher den Etappenplan genau studiert, aber grob hab ich es schon angeschaut. Die ersten Tage werden wieder ein Krimi. Die Frage bleibt: Gibt es Wind oder nicht? Aber es ist sowieso immer nervös. Die zwei Zeitfahren sind für uns kein Vorteil, und ingesamt ist es keine Tour für die reinen Bergfahrer. Ich find es an sich aber nicht schlecht, dass es weniger Bergankünfte gibt. Denn die sind nicht immer super spannend. So kann es die Bergfahrer vielleicht schon triggern, dass früh auf Teufel komm raus attackiert wird. Man wird es sehen.“

Du bist unterdessen sehr erfahren, gehst in deine 16. Grand Tour – ist irgendwas anders als sonst?

„Eigentlich nicht. Außer, dass dieses Jahr schon ratz fatz rum ging. Krass, jetzt ist schon wieder Tour!“

Jetzt wirst du doch alt?

(Lacht) „Hab ich auch schon gedacht. Liegt aber vielleicht auch daran, dass ich zwei Mal im Höhentrainingslager war, das hatte ich so noch nicht gemacht. Sonst ist nichts anders. Ich freue mich wirklich auf die Tour. Im Training merke ich, dass die Form echt passen müsste. Und ein wenig schaue ich auch, wie es danach weiter geht. Olympia wäre wirklich cool. Ich hätte mich da nicht aufgedrängt, wenn es jüngere Fahrer gäbe, die sich anbieten. Ich war ja schon mal bei Olympia dabei. Aber ich hab da schon etwas Glück, dass es zwei Spiele mit sehr bergigen Strecken sind. Was die WM betrifft muss man gucken, ob ich da helfen kann. Aber das ist um Moment einfach noch sehr weit weg. Jetzt erstmal volle Konzentration in Richtung Tour.“

Danke und viel Erfolg!