Ach, Cav

Da war er, der 34. Sieg. Der Rekord ist eingestellt – kein Fahrer hat mehr Etappen bei der Tour de France gewonnen als Cav. Nicht mal Merckx, der Kannibale. Nach seinen ersten drei Siegen bei dieser Tour hatten wir es alle kommen sehen. Sein Team ist einfach zu stark, dass jemand anderes gewinnen könnte. Michael Morkov war wieder einmal brillant in der Vorarbeit. Er wartet ab, scheint zu fühlen, was als nächstes passiert. Er lässt eine Lücke, wenn sie zu früh sind, er tritt voll an, wenn es nötig ist. Und am Ende achtet Morkov darauf, dass er bloß nicht aus Versehen vor Cavendish landet. Rang zwei reicht ihm, und bringt Cav noch mehr Punkte im Kampf um Grün Vorsprung.

In diesen Sprints, auf den letzten fünf Kilometern zum Ziel, zeigt sich, was wirklich Weltklasse ist. Keine andere Mannschaft bekommt es auch nur annähernd so gut hin, wie Deceuninck-QuickStep. Eddy Merckx wird es Wurscht sein, ob Cav bald auch noch den 35. Tour-Etappensieg einfährt – er ist eh die größte Legende des Sports. Mindestens in Paris wird es noch einen Sprint geben – doch dafür muss Cav über die Pyrenäen.

Straßenblockade

Der Anfang der Etappe war schnell und hektisch. Eine sehr große Gruppe setzte sich ab, wurde aber wieder eingeholt. Dann rollten drei Fahrer weg und Deceuninck-QuickStep, Alpecin-Fenix und auch der Mann in Gelb parkten den Team-Bus quer auf der Straße, natürlich nur bildlich gesprochen. Sie fuhren nebeneinander in der ersten Reihe und ließen keinen Platz für potenzielle Angreifer. Natürlich gewinnt man damit nicht den Preis des Gentleman-Radsportlers des Jahres, aber es ist eine einfache Methode um das Rennen zu beruhigen. Denn haben die Ausreißer davor erstmal 3-4 Minuten Vorsprung, wird aus dem Feld niemand mehr hinterherfahren.

Für die Zuschauer natürlich unbefriedigend, werden sie doch eines Attacken-Gemetzels beraubt. Aber es ist eine Oldschool Radsport-Taktik, die es schon ewig gibt. Das Ergebnis ist meist eine sehr langweilige Etappe, aber für die Sprinter ein gut kontrollierbares Rennen. Man darf gespannt sein, ob man irgendwann Anstrengungen unternimmt, dieser Praxis Einheilt zu gebieten. Wie auch immer man das anstellen will …


Goldstein & Latour

Auf der sonst eher wenig spektakulären Etappe sorgte ein toller, aber aussichtsloser Kampf an der Spitze für Unterhaltung. Omer Goldstein (Israel Start–Up Nation) und Pierre Latour (Total Energies) wussten nach rund 150 Kilometern an der Spitze, dass sie bald eingeholt werden würden, attackierten sich aber gegenseitig auf Biegen und Brechen. Beide hatten wohl die Rote Rückennummer im Sinn und attackierten, als ginge es um den Sieg bei Paris-Roubaix. Sportlich am Limit, aber fair einigten sie sich am Ende auf Unentschieden und reichten sich die Hände. Hart gekämpft, aber respektvoll und ohne Streit auseinander gegangen – sehr vorbildlich.

Was dann aber nicht passte, war die Entscheidung der Jury im Kampf um die Rote Nummer. Die bekam Quentin Pacher, der keine 30 Kilometer allein an der Spitze gefahren war. Wenn zwei sich streiten, …. endet es manchmal auch nicht fair.


Grün = Cav

Mark Cavendish hat nun 101 Punkte Vorsprung auf Michael Matthews im Kampf um Grün. Rechnerisch nicht uneinholbar, aber wenig realistisch, dass „Bling“ diesen Rückstand noch gutmachen kann. Es scheint im Kampf um Grün also nur die Frage zu sein, ob Cav Paris erreicht, oder in den Pyrenäen die Segel streichen muss. An der Motivation wird es bei Cav nicht scheitern. Zudem hat er eine starke Mannschaft an seiner Seite, die ihn ganz sicher voll unterstützen wird. Es scheint so, als sei die 15. Etappe das kniffligste Teilstück, weil es da direkt nach dem Start bergauf geht. Also werden am Sonntag die Augen auch auf Grün gerichtet sein!


Die Zusammenfassung der Etappe


Die noch anstehenden Etappen der Tour 2021

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Profil der 20. Etappe der Tour de France 2021