Luis-Joe Lührs

Hinter Luis-Joe Lührs liegt eine spannende erste Profisaison. „Von Schlüsselbeinbruch und Covid bis zum vollgepackten Rennkalender war alles dabei“, sagt Lührs. Er ist zufrieden mit seinem ersten Jahr als Profi. „Ich habe sehr viel gelernt, genau darauf kam es auch an.“ Mit 18 Jahren wurde Lührs Anfang 2022 Profi beim deutschen Rennstall Bora-hansgrohe. Das Team will ihn langsam aufbauen, die Trainer und sportlichen Leiter achten darauf, ihn nicht zu überfordern.

In der WorldTour kam Lührs noch nicht zum Einsatz, sammelte trotz Schlüsselbeinbruch und Covid zu Beginn der Saison am Ende noch 48 Renntage in seiner Debüt-Saison. „Ich kann jetzt keine ganz großen Ergebnisse vorweise, aber ich bin sehr zufrieden“, sagt Lührs. Er habe viel gelernt und sich deutlich verbessert. Die Vorfreude auf die neue Saison ist groß. In Australien geht los – dann steht mit der Tour Down Under auch das Debüt in der World Tour an.

Dem Bruder hinterher

Bei Bora-hansgrohe war man von seinem Talent überzeugt, kannte Lührs bestens von seiner Zeit beim Farmteam Auto Eder. Der Leiter des Juniorenteams ist Christian Schroth, er leitet auch die Scouting-Abteilung bei Bora-hansgrohe. Lührs war als Junior erfolgreich, vor allem auch auf der Bahn. Zum Radsport kam er durch seinen größeren Bruder Leslie Lührs, der aktuell beim Konti-Team Lotto-Kernhaus fährt. Dieser bekam ein Mountainbike geschenkt und da wollte er auch eins, so erzählt es der jüngere Lührs. Zu seinem ersten Rennen sei Luis-Joe ebenfalls wegen Bruder Leslie gekommen. Eigentlich sei er nur zum Abfeuern mitgereist, habe sich dann aber überreden lassen – mit Turnschuhen startete er sein erstes Rennen. Die Rad-Karriere nahm schnell Fahrt auf und bei den Junioren wurde Luis-Joe Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung auf der Bahn.

Entwicklungsschritte

Die U23-Zeit hat er übersprungen, will sich in der WorldTour-Mannschaft nach und nach weiterentwickeln. Doch der Unterschied zu den Junioren ist groß, nicht nur in Sachen Leistungsdichte. „Es ist eine ganz andere Art Rennen zu fahren. Man hat auf einmal fünf Fahrer, denen man helfen soll, ist voll in die Teamtaktik der Mannschaft integriert. Bei den Junioren war einfach los und Vollgas. Der Unterschied ist insgesamt schon groß, was Professionalität, Teamarbeit und natürlich auch Leistung betrifft“, so Lührs.

Bei der Mallorca Challenge gelang ihm 2022 ein ordentlicher Einstand, bei der Algarve-Rundfahrt bestand er auch den ersten Test des Teams. „Es war auf der zweiten Etappe. Das Finale war sehr anspruchsvoll, es ging da am Ende in einen Berg rein. Das Tempo war sehr hoch, nach einem Sturz vor mir musste ich das Rad wechseln und war gerade erst wieder zurückgekommen. Das Feld sehr langgezogen und es waren nur noch rund 10 Kilometer in den Anstieg“, erzählt Lührs. „Da kam über den Funk die Ansage, ich soll zurück zum Auto – Flaschen holen. Das hab ich dann auch gemacht, bin wieder zurück und hab sechs Flaschen ins Trikot steckt. Dann hab ich mich wieder nach vorn durchgearbeitet. Ich bin exakt keine einzige Flasche losgeworden“, sagt Lührs und lacht. „Nach dem Rennen kam Jens Zemke (Anmerk.: Sportlicher Leiter des Teams) zu mir, klopfte mir auf die Schulter und sagte: Gut gemacht. Ich wusste, dass ich den Test bestanden hatte“. Nur einen Tag später schied Lührs mit Schlüsselbeinbruch aus, fing sich dann noch Corona ein.

Abgucken, lernen

Der Sprung für Lührs war groß, viele der Kollegen haben nicht nur reichlich Erfahrung, sondern sind bereits auf einem anderen Leistungslevel. Es gilt die Lücke möglichst schnell zu schleißen. An Unterstützung mangelt es dem 19-Jährigen nicht. „Ich bekomme viele Tipps, von den Kollegen, aber auch von den Sportlichen Leitern“, sagt Lührs. Er versucht alles aufzusaugen, sich viel abzuschauen. Jens Zemke ist ihm als Sportlicher Leiter zugeteilt, mit ihm kann er auch nach den Rennen noch zusätzlich einige Details besprechen. „Jens ist länger Sportlicher Leiter, als ich auf der Welt bin, der bringt irre viel Erfahrung mit. Aber ich verstehe mich mit allen Sportlichen Leitern sehr gut. Grundsätzlich bin ich sehr dankbar, dass offen mit mir gesprochen wird, auch Kritik geäußert wird und mir gezeigt wird, was ich besser machen kann“, sagt Lührs.

Auf die Frage, wer ihn denn am meisten beeindruckt habe, nennt Lührs den Namen seines Teamkollegen Danny van Poppel. „Ich war viel mit dem Sprintzug unterwegs, mit Danny, Ryan (Mullen) und Sam (Bennett) – die sind schon ein mega eingespieltes Team.

Saisonstart in Australien – erste Grand Tour im Spätsommer?

„Ich hatte schon im Sommer gesagt, dass ich sehr gern in Australien starten würde. Ich freue mich, dass das auch klappt“, sagt Lührs. „Mir haben zwar einige gesagt, dass es mit dem Jetlag nicht so einfach ist, aber ich bin jung, denke mir, ich muss das mal ausprobieren. Wann, wenn nicht jetzt. Außerdem sind Koalas und Kängurus sehr süß„, sagt Lührs und lacht. „Ich bin niemand, der lange braucht um aus dem Winter rauszukommen, ich bin eigentlich immer schon im Januar und Februar recht gut drauf. Dazu passen die Etappen sicher auch gut zu meinem Fahrerprofil“, blickt Lührs auf den Saisonstart in Australien.

Hoffnungen macht sich Lührs auch ein wenig auf einen Start bei einer Grand Tour. „Wenn ich stark genug bin, würde ich gern die Vuelta fahren. Wenn es nicht klappt, bin ich nicht maßlos enttäuscht, weil ich noch sehr jung bin. Andere Fahrer haben deutlich länger auf eine Grand Tour gewartet. Aber wenn ich stark genug bin und die Chance bekomme, würde ich mir den Traum gern erfüllen„, so Lührs.