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Die Tränen des Champions, die Anerkennung der Fans

Es war einer dieser Radsportmomente, die man nicht so schnell vergisst. Sieger Mathieu van der Poel hatte das Ziel bereits passiert, sich von den Fans im Velodrom feiern lassen. Auch der Sprint zwischen Jasper Philipsen und Wout van Aert war unter tosendem Applaus gelaufen, die Verfolgergruppe um Filippo Ganna und Stefan Küng hatte die Runde absolviert und das Ziel erreicht. Dann bog John Degenkolb ins Velodrom. Vom Sturz gezeichnet, sein Gesicht drückte Schmerz und Enttäuschung aus. Es wurde wieder laut, im Velodrom – eine andere Geräuschkulisse, als beim Sieger, aber ähnlich laut. Degenkolbs eineinhalb Runden im Velodrom wurden von einer Welle des Applauses begleitet, die sich mit dem Ex-Champion durchs Oval bewegte.

Ein Gänsehaut-Moment, in dem die Zuschauermassen einem Champion ihren Respekt zollten, ihn für seinen Mut, seinen Siegeswillen und seinen Kampfgeist feierten. Degenkolb erreichte enttäuscht und unter Tränen das Ziel, er sank nach dem Zielstrich nieder, ließ den Emotionen freien Lauf. Keine Stunde später stand er im kleinen Rennbüro des Junioren Rennens, machte Fotos mit Fans und den Organisatoren der Junioren-Rennens, das er selbst vor wenigen Jahren vor dem Aus bewahrte. „Achtung, meine Schulter„, sagte Degenkolb Freunden, die ihn in den Arm nahmen. Die Enttäuschung war längst noch nicht gewichen, aber der Respekt und die Anerkennung, die ihm entgegengebracht wurden, schienen Balsam zu sein.

John Degenkolb war die tragische Figur in einem denkwürdigen Rennen. Ein blöder Rennunfall nahm ihm alle Hoffnung, nach einigen schweren Jahren wieder ganz vorn ins Velodrom zu fahren – das Podium war an diesem Tag sicher nicht unmöglich.

Sein Sieg 2015, der Tour-Etappensieg in Roubaix 2018, die Rettung des Junioren-Rennens, sein eigenes Pflasterstück und nun dieses Drama – die Karriere von John Degenkolb wird immer noch fester mit rauen Kopfsteinpflaster in Nordfrankreich verbunden.

John Degenkolb hat ein starkes Rennen geliefert, war am Ende der tragische Held – genau das sind die Geschichten, die den Radsport ausmachen, die man besonders auch in Frankreich liebt. Degenkolb hat die ganz große Chance verpasst, noch einmal in Roubaix auf dem Podium zu stehen, aber ganz sicher hat er sich in die Herzen vieler Radsportfans gefahren.

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