Herr Denk, die neue Saison steht unmittelbar bevor, aktuell sind Sie mit der Mannschaft im letzten Trainingslager vor dem Saisonstart, wie ist Ihr Eindruck vom Team?
Es läuft aktuell sehr gut. Die meisten Rennfahrer sind sehr gut über den Winter gekommen, wurden von Krankheiten verschont. Jetzt feilen wir noch an der Form, bevor es ja auch schon bald wieder losgeht.
„Die Speerspitze besteht nicht mehr nur aus Dominik Nerz“
Sie betonen selbst, mit der Mannschaft langfristig zu arbeiten – wo ist der Unterschied, zwischen dem Team 2015 und der Mannschaft für diese Saison?
Wir waren vor der letzten Saison mit vielen Veränderungen konfrontiert. Wir haben viele deutsche Fahrer ins Team genommen und einen neuen Sponsor bekommen. Das ist dieses Jahr anders, und das spürt man auch. Wir haben die gleichen Fahrräder, die gleichen Sachen, die meisten Fahrer kennen sich bereits, wir haben ja nur vier Neuzugänge. Das sind alles Faktoren der Kontinuität und das hilft beim Wohlfühlen. Man merkt deutlich, dass die Mannschaft zusammengewachsen ist, es sind nicht nur Teamkollegen, sondern auch Freunde, und ich hoffe, dass dies natürlich auch zum Erfolg beiträgt.
Vor der letzten Saison mussten Sie den Verlust ihres besten Rundfahrers, Leo König, verkraften, der bei der Tour de France 2014 Platz 7 erreichte. Als Ersatz wurde Dominik Nerz verpflichtet, der bei der Tour aufs Gesamt-Klassement fahren sollte. Damit lastete großer Druck auf Nerz und er konnte dann krankheitsbedingt auch nicht zeigen, was möglich gewesen wäre. Glauben Sie, dass der Druck in diesem Jahr kleiner ist?
Ich denke der Druck ist jetzt anders verteilt. Leo König ist ein Weltklasse-Fahrer, das belegen die Top-10 Resultate bei Giro, Tour und Vuelta. Wir wussten, dass es schwer würde, seinen Abgang zu kompensieren. Dominik Nerz war bis dahin einmal 14. und einmal 18. der Vuelta. 2015 hatte er dann ein miserables Jahr. Da war zum einen viel Pech dabei, er hat aber auch den ein- oder anderen Fehler selbst gemacht. Auf jeden Fall lief es nicht so, wie wir es uns alle vorgestellt hatten. Jetzt haben wir aber eine andere Situation. Wir haben mit Emanuel Buchmann einen Fahrer, der sein Talent schon mehrfach aufblitzen lassen hat, und wir haben mit Gregor Mühlberger und Silvio Herklotz zwei sehr talentierte Fahrer und dazu Patrick Konrad, der schon gezeigt hat, dass er große Rennen unter den besten Zehn beenden kann. So besteht die Speerspitze nicht mehr nur aus Dominik Nerz. Es ist durchaus möglich, dass ihm das etwas den Druck nimmt. Ich bin zuversichtlich, dass Dominik sein volles Potenzial zeigen wird, wenn nicht alle Erwartungen nur auf seinen Schultern liegen.
Was sind die größten Ziele für die Saison 2016?
Für mich persönlich ist das große Ziel, dass wir im Sommer wieder an der Tour de France teilnehmen können. Das zweite große Ziel ist der Start bei der Spanienrundfahrt. Aber dafür brauchen wir eine Einladung der Organisatoren. Demnächst werden die Wildcards für Tour und Vuelta vergeben, ich hoffe, dass wir berücksichtigt werden. Solange dort keine Entscheidung gefallen ist, tue ich mich schwer mit dem Festlegen von Zielen. Das ist eben das Problem, wenn man zur zweiten Liga gehört.
„Bei Degenkolb und Greipel laufen die Verträge aus – also, warum denn nicht?“
Auch deshalb wollen Sie mit Ihrer Mannschaft in die erste Liga aufsteigen, wollen ab 2017 in die WorldTour. Was fehlt Ihrem Team, finanziell und sportlich, um aufzusteigen?
Alle unsere Partner haben signalisiert, dass sie ihren Teil dazu beitragen wollen, wenn wir in die WorldTour aufsteigen. Aber wir sind da auch auf externe Hilfe angewiesen. Man will ja nicht auf der letzten Rille reinrutschen, sondern zumindest ordentlich mitfahren können. Primär fehlt das Geld, aber wenn das vorhanden ist, werden wir uns verstärken. Da schaue ich nicht nur ins Ausland. Wir haben mit Tony Martin, Marcel Kittel, John Degenkolb und André Greipel tolle deutsche Rennfahrer. Nicht alle sind im nächsten Jahr vertragsfrei, aber bei Degenkolb und Greipel laufen die Verträge aus – also, warum denn nicht? Aber zunächst brauchen wir das nötige Kleingeld, dann können wir auf dem Fahrermarkt aktiv werden.
Wie viel Geld würden Sie benötigen, um nicht „auf der letzten Rille“ arbeiten zu müssen?
Der Durchschnitt liegt bei 13,5 Mio Euro, das sollten wir anstreben.
„Egal mit welcher Lizenz, wir haben gute Karten in Düsseldorf am Start zu stehen“
Was beim Thema WorldTour eine große Rolle spielt, ist der Streit zwischen Tour-de-France-Veranstalter ASO und dem Weltradsportverband. Die ASO hat die Tour de France nun aus der WorldTour genommen, somit ist die Anzahl der World-Tour-Teams bei der Frankreichrundfahrt limitiert. Das bedeutet, dass man trotz Erstliga-Lizenz keinen Startplatz beim wichtigsten Rennen sicher hat. Lässt Sie diese Entwicklung den Schritt in die World-Tour doch noch einmal überdenken?
Ich denke, dass wir, egal mit welcher Lizenz, gute Karten haben in Düsseldorf am Start zu stehen. Wir haben gute Verbindungen zur ASO und ich hoffe, dass die beiden Parteien den Streit beilegen und man sich einigt. Denn im Endeffekt leidet der Sport darunter und das wäre sehr schade.
Haben Sie als Teammanager irgendeinen Einfluss?
Nein, man hat da keinen Einfluss. Das sind die obersten Gremien der beiden Parteien und das müssen die untereinander klären. Ich hoffe, dass sie das schnell tun und vor allem zum Wohle des Radsports.
„Was fehlt ist Lobbyismus.“
Es gibt neben Ihrem Team mit Stölting und dem WorldTour-Team Giant-Alpecin noch zwei weitere deutsche Profimannschaften. Wir haben viele gute deutsche Fahrer, die bei den wichtigsten Rennen sehr erfolgreich sind, dennoch ist es nicht gelungen, in diesem Jahr eine Bayern-Rundfahrt zu organisieren. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation des deutschen Radsports?
Der Radsport ist auf einem guten Weg. Es gibt gute Rennfahrer und eine gute und breite Amateur- und Hobby-Basis. Was fehlt ist Lobbyismus. Durch die Übermacht des Fußballs bleibt für die anderen Sommersportarten nur noch wenig Platz, davon ist nicht nur der Radsport betroffen. Das ist schade, aber es ist so. Da leiden wir alle drunter. Ich würde mir wünschen, dass die deutschen Medien nicht mehr nur über Fußball berichten, die Sportschau beispielsweise wieder eine echte Sportschau wird und keine Fußballschau. Alle Sportarten sind auf mediale Berichterstattung angewiesen, wenn sie das Interesse der Menschen hervorrufen wollen. Ich hoffe, dass da ein Umdenken stattfindet. Natürlich wird der Fußball immer die Nummer Eins bleiben. Aber der Radsport hat durchaus das Potenzial für Position Zwei, das zeigen die Einschaltquoten im Vergleich zu anderen Sportarten ganz deutlich. Die Quoten der Tour-de-France-Übertragung waren in diesem Jahr beispielsweise ganz ordentlich – trotz der langen Abstinenz.
Sie haben den Ruf, solide, seriös und langfristig zu arbeiten, vor allem mit dem Ziel junge Fahrer nach oben zu führen. Wie funktioniert bei Ihnen die Nachwuchsarbeit, welche Rolle spielt Ihr Farmteam in Bayern?
Unser Nachwuchsteam, die Auto-Eder Mannschaft, führen wir gemeinsam mit dem Bayrischen Radsportverband vor allem aufgrund sozialer Aspekte. Natürlich ist es schön, wenn einer der Fahrer den Sprung zu den Profis schafft, aber um das ganze Konstrukt deutlich effektiver gestalten zu können, bräuchten wir noch eine U23-Mannschaft, für die uns im Moment aber das Geld fehlt. Deshalb sind wir derzeit gezwungen, uns bei anderen U23-Mannschaften umzuschauen, uns auf das Scouting zu konzentrieren.
Könnten Sie sich vorstellen, eine eigene U23-Mannschaft aufzubauen, wenn der Aufstieg in die WorldTour gelingt?
Das ist die logische Schlussfolgerung. Das würden wir dann auch machen, zumal es dann vielleicht sogar die Regeln der UCI verlangen. Aber wie gesagt, im Moment fehlt uns für den Aufstieg in die WorldTour erst mal das Geld.