Andre Greipel (Foto: Roth&Roth)

 

Wenige Sprinter, wenige Helfer

Der Giro begann mit einem Überraschungssieg von Lukas Pöstlberger. Der Österreicher nutze 1900 Meter vor dem Ziel nach einer Kurve eine kleine Lücke, zog davon und schnappte sich das erste Rosa Trikot des Jubiläumsgiro. Eine starke Leistung, ohne Frage, aber es zeigte sich eine weitere Giro-Eigenheit. Durch das schwere Profil in der dritten Woche und die zahlreichen Klassementfahrer am Start, haben nur ganz wenige Teams viele Sprinthelfer dabei. Lotto-Soudal für André Greipel, dann vielleicht noch Bora-hansgrohe (die Pöstlberger natürlich nicht nachfahren), dann wird es schon dünn. Wären mehr Sprinter mit Helfern dabei, hätte eine solche Attacke natürlich weniger Erfolgschancen. Mal schauen, wie das bei den nächsten Flachetappen läuft, denn so erhöht sich auch die Chance auf eine erfolgreiche Fluchtgruppe, wenn die Abstände im Gesamtklassement nach der Etna-Etappe am Dienstag recht groß sind. Denn dann werden die Favoritenteams nur das Trikot absichern und die wenigen Sprintermannschaften müssten die Ausreißer allein wieder einholen.   

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Mit der Wildcard in die Gruppen 

Ein ungeschriebenes Gesetz für Rundfahrten ist, dass die Mannschaften, die vom Veranstalter eine Einladung bekommen haben, das Rennen auf den ersten Etappen animieren. Die Erfolgschancen für Ausreißer sind in den ersten Tagen einer Grand Tour minimal, dennoch findet sich jeden Tag eine Fluchtgruppe. Mit dabei sind immer Fahrer der WildCard-Teams. Das funktioniert auch bei diesem Giro wunderbar. Leider, aus Sicht der kleinen Teams,  haben immer WorldTour-Fahrer das Bergtrikot erobert, so blieb Bardiani CSF, Wilier-Trestina, CCC und Gazprom-Rusvelo ein Platz auf dem Podium bislang verwehrt und sie müssen sich mit viel Sendezeit und Aufmerksamkeit begnügen. Doch der Giro ist noch lang.

 

Nibali & Quintana – sehr aufmerksam und erbitterte Rivalen?

Vincenzo Nibali hat erklärt, er sei besser in Form, als im vergangenen Jahr. Ob das stimmt, werden wir vielleicht am Dienstag am Etna sehen. Was auffällt, ist Nibalis Fahrweise. Er ist ständig in den ersten Positionen, geht kein Risiko ein und versucht allem möglichen Schlamassel aus dem Weg zu gehen. So ließ er sein Team Bahrain-Merida am Samstag auf der Abfahrt das Tempo machen, um vorn zu sein. Vielleicht war das auch der erste Fingerzeig in Richtung Konkurrenz, so nach dem Motto: „Ich bin da und ich bin stark, schnallt euch an, ich dreh am Gas, wann ich will“. Jedenfalls ist es eine gern genommene Geschichte für die italienische Presse. Denn angeblich knirscht es zwischen Nibali und Top-Favorit Nairo Quintana. Der Kolumbianer fährt bislang sehr unauffällig, aber wachsam. Im Rennen sind die beiden noch nicht in den Infight gegangen, doch angeblich gibt es Geplänkel neben der Strecke. Nibali soll ein gemeinsames Foto verweigert haben und Fragen zu Quintana unbeantwortet gelassen haben. Erleben wir wirklich einen erbitterten Kampf zweier erbitterter Rivalen? Wir werden es sehen, für die Medien wäre es eine echte Traumkonstellation. 

 

Rohan Dennis – der erste Name auf der Favoriten-Streichliste 

Rohan Dennis ist nicht als Top-Favorit auf den Girosieg gestartet. Aber der Australier hat sich speziell vorbereitet und wollte schauen, wie weit er im Gesamtklassement kommen kann. Doch nach der dritten Etappe ist der Traum von einer vorderen Platzierung in der Endabrechnung ausgeträumt. „Er ist sehr sehr enttäuscht“, sagte Sportdirektor Max Sciandri am Sonntag. „Es war etwa 10 Kilometer vor dem Ziel. Ein Bardiani-Fahrer hat mein Vorderrad berührt, ich hatte keine Chance den Sturz zu vermeiden. Bevor ich es realisiert hatte, lag ich schon auf meiner rechten Seite“, beschrieb er den Sturz in der entscheidenden Phase des Rennens. Dennis kassierte mehr als fünf Minuten, gibt sich aber kämpferisch. „Ich werde jetzt nicht das Handtuch werfen“, erklärte er. „Aber ich muss realistisch sein und sehen, dass das Gesamtklassement durch ist“, analysierte der Australier. Er wolle einfach weitermachen wie bisher und hofft in den drei Wochen wichtige Erfahrungen zu sammeln. 

 

Drei Etappen, drei verschiedene Rosa-Träger

Für die Streckenplaner und Organisatoren ist der Auftakt nach Wunsch gelaufen. Drei Etappen und jeden Tag ein anderer Fahrer in Rosa auf dem Podium. Der Grund dafür steckt auch im ersten Punkt, siehe oben. Dank der Zeitbonifikationen und Greipels Pech am Sonntag, ist nun Fernando Gaviria für einen Tag in Rosa. Am Dienstag wird sich dann ein Bergfahrer das Trikot am Etna holen und vielleicht sehr lange tragen. Grund zur Freude bei den Organisatoren gibt es zusätzlich, denn obwohl es sehr hektisch war und auffallend viele Fahrer Defekte hatten, blieben schwere Stürze aus. Der Doping-Skandal zum Auftakt war dennoch ein herber Dämpfer fürs Jubiläumsfest.