Sportwetten boomen bereits seit einigen Jahren und spätestens seit der Werbung mit Oli Kahn kommt man beim Sportschauen gar nicht mehr drumherum. Vor allem die vielen Fußballfans sind für die Wettanbieter eine sehr interessante Zielgruppe. Aber auch im Radsport wächst der Markt. Sportwetten im Radsport – wie funktioniert das & kann sich das lohnen?

 

Über die Wetten zum Radsport

Bis 2016 hatte ich selbst mit Radsport wenig zu tun. Klar, Fahrer wie Marcel Kittel, Tony Martin oder Alberto Contador kannte ich, aber mehr nicht. Im Mai blieb ich dann bei Eurosport beim Giro hängen. Dort stand das Bergzeitfahren an, welches letztendlich Alexander Foliforov völlig überraschend gewann. Ich sah die Zwischenzeit von Foliforov und die Wettanbieter hatten eine Quote von 101 (1€ Einsatz würde mit 101 multipliziert werden, heißt 101€ würden ausgezahlt werden). Foliforov unterbot die Zeit des Führenden und daher dachte ich mir: „Setze ich mal einen Euro auf ihn, warum eigentlich nicht?“ Dass er dann tatsächlich diese Etappe gewann, kam überraschend und war mein Startschuss als Radsportfan. 
Dennoch würde ich immer den Tipp geben – nie auf etwas wetten, von dem man keine Ahnung hat.

 

Langfristig Gewinn zu machen ist sehr schwer

Bei vielen „kleineren“ Rennen lässt sich in der Regel nur auf den Gesamtklassementssieger bzw. den Etappensieger tippen. Auch Duellwetten (welcher Fahrer erreicht eine bessere Platzierung) werden angeboten. Bei Sprints werden hier beispielsweise Marcel Kittel und Mark Cavendish und bei Bergetappen Nairo Quintana und Richie Porte gegeneinander angeboten. Bei Grand Tours lässt sich darüber hinaus noch tippen, ob ein Fahrer die Top 10 erreicht, wer die Sprintwertung, Bergwertung oder eine andere Sonderwertung gewinnt und auch wie viele Etappen ein Fahrer gewinnen kann.

Klingt auf den ersten Blick einfach, doch es ist alles andere als leicht, langfristig Gewinn zu erzielen. Selbstverständlich kann in jedem Sprint auf Marcel Kittel gewettet werden, allerdings ist klar, dass er in Sprints ohne großartige Hindernisse eigentlich immer einer der Favoriten ist. Daher ist seine Quote bei einer Flachetappe sehr gering. Es ist die Kunst, auch mal hohe Quoten zu treffen von Fahrern, die nicht gerade zu den Favoriten gehören.

Vor einiger Zeit war es wohl noch etwas leichter, einen guten Treffer zu erzielen, aber das Niveau der Wettanbieter ist deutlich gestiegen. Erfolge, wie im Frühjahr bei der Ruta del Sol, als ich mit Thomas Boudat eine 101er Quote für ihn bekam, also das 101-Fache meines Einsatzes zurückerhalten habe, ist sehr selten.

Bei den belgischen Rennen gibt es sie noch, die lokalen Wettanbieter vor Ort

 

Große Community auf Twitter – Know How gegen Geld

 Auf Twitter existiert eine große Community an Radsportwettern, welche sehr international besetzt ist. Da nur wenige Leute Deutsch sprechen, sind auch die meisten meiner Tweets über Radsport auf Englisch. Viele Leute teilen ihre Wetten und es ist immer ein schöner Moment, wenn eine unwahrscheinliche Wette gewinnt, welche zuvor mit anderen geteilt wurde. In der Community geht es auch um den Austausch untereinander und manchmal versucht man andere zu überzeugen, die eigene Wette mitzuspielen. Es gibt auch Leute, die mit ihrer Expertise Geld verdienen, indem sie ihre Tipps verkaufen. Gegen Bezahlung erhalt man dann für einen bestimmten Zeitraum (bsp. eine Grand Tour) Informationen, wer die Favoriten sind und worauf man wetten kann. Für den Juli kostet dieser Service dann bis zu 130 €. In anderen Monaten nur rund 85 €.

Der Schritt dieser erfolgreichen Wetter ist nachvollziehbar, denn ist man zu erfolgreich, wird man von Anbietern eingeschränkt. So ist es möglich, dass der Einsatz auf einen Euro oder sogar weniger beschränkt wird. Leider erging es auch mir schon bei einigen Anbietern so und ich kann sagen, dass ich noch nicht in einer Villa sitze, weil ich mit großen Einsätzen megareich geworden bin. ?

Wettquoten für den Vuelta-Sieg

Spaß vs. Geld verdienen

Ein großer Faktor beim Wetten ist ebenfalls, dass man nicht nach Sympathie wetten soll. Klar, es ist schöner auf einen Fahrer aus Deutschland zu wetten, aber man muss so gut es geht neutral bleiben, wenn eine ernsthafte Gewinnerzielungsabsicht vorliegt und nicht nur die Unterhaltung im Vordergrund steht. Besteht einmal die Möglichkeit, einen höheren Beitrag zu gewinnen, passen sich Puls, Emotionen etc. dementsprechend natürlich an – das ist die Basis des Wettanbieter-Business. Man ist aufgeregt und fiebert mit, ist aber absolut machtlos und kann nur hoffen.

 

Profis sind interessiert, dürfen aber selbst nicht wetten

Unsere internationale Community auf Twitter behaltet sogar ein paar Profiradfahrer. Diese wetten natürlich nicht und dürfen in der Regel auch keine Informationen mitteilen, aber es ist ganz cool, sich mit ihnen einmal über Rennen auszutauschen oder Glückwünsche zu senden. Im Reglement der Tour de France ist es beispielsweise genau festgelegt, dass Fahrer nicht an Wetten teilnehmen dürfen. Auch Trainern und den Betreuern ist es untersagt an Wetten teilzunehmen. Das gilt auch für andere große Rennen.

Klare Regeln für Wetten bei der Tour de France

Mit Fahrern wie Toms Skujins (Trek-Segafredo) oder Sam Brand (Novo-Nordisk) kann man sich hin und wieder austauschen. Darüber hinaus gibt es vor dem Rennen eine Preview-Show von einigen Tippern wie etwa @cyclingmole. In den Vorschauen von @CyclingHubTV sind regelmäßig auch Profis aus dem Peloton als Gast eingeladen, die ihre Einschätzung abgeben. Dabei geht es um die Sportlichen Aspekte und nicht um Wetten, aber die Informationen von Fahrern wie Michael Valgren (Astana) und Oliver Naesen (AG2R) sind sehr interessant und helfen auch bei der Einschätzung. Deutsche Fahrer sind bisher noch nicht großartig mit der internationalen Twittercommunity in Verbindung getreten.

 

 


Über den Autor: Benni Veit ist 20 Jahre alt und studiert im hohen Norden VWL. Mit dem Thema Sportwetten beschäftigt er sich bereits seit einigen Jahren.