Verdienter Sieg

Andrea Vendrame hat sich mit einem starken und cleveren Rennen den Tagessieg ganz sicher verdient. Im letzten Anstieg griff er über eine Kuppe in eine kleine Abfahrt an und behauptete sich dann vorn. So ging er bewusst den Angriffen der wohl etwa stärkeren Kletterer Gianluca Brambilla und George Bennett aus dem Weg.

Auf den letzten Kilometern musste er wachsam sein, denn als der vermutlich endschnellste Fahrer in der Spitze, durfte er es zwar auf einen Sprint ankommen lassen, musste aber stets vorn bleiben.

Er profitierte vom Privat-Duell zwischen Brambilla und Bennett und setzte allein Chris Hamilton nach. Am Ende war er im Sprint erwartungsgemäß schneller und holte sich den Sieg. Es ist sein erster World-Tour-Erfolg und ein ganz wichtiger für das Team. Das Soll hat man bereits erreicht – und ohne Druck fährt es sich manchmal etwas leichter. Über seinen Teamkollegen in Blau steht ein paar Zeilen weiter unten etwas geschrieben.


Katz & Maus

Es ist ein echter Radsport-Klassiker! Treffen zwei starke Fahrer in einer Ausreißergruppe aufeinander und betrachten jeweils den anderen als den größten Konkurrenten, kommt es oft zur „Ich fahre nicht mit dir, du fährst nicht mit mir“ Situation. Man setzte sich jeweils immer nach, beäugt sich, will dem anderen mehr Verantwortung und Tempoarbeit zuschreiben. Irgendwann ist dann machmal ein Punkt erreicht, wo daraus ein privat-Duell wird und gern jemand anderes gewinnen darf, aber NICHT der große Konkurrent. Genau diesen Anschein machte das Privat-Duell zwischen Gianluca Brambilla und George Bennett.

In den allermeisten Fällen gewinnen in solchen Situationen nur die Konkurrenz und die Zuschauer. Dass am Ende im Sprint um Platz drei noch Brambilla solch Welle vor das Rad von Bennett fuhr, dass die Jury ihn zurückversetzte machte aus dem Finale der 12. Etappe eine Radsport-Soap vom feinsten – samt Augenrollen. Hoffentlich beruhigen sich beide schnell wieder, denn so stark wie sie heute fuhren, könnten sie an einem anderen Tag sicher noch einmal um den Etappensieg kämpfen.


So schnell kann es gehen – Marc Soler muss aufgeben

Gestern kämpfte Marc Soler noch auf den Schotterpisten um Sekunden. Heute musste er das Rennen nach nur wenigen Kilometern aufgeben. Ein Sturz und alles ist vorbei. Bitter, aber harte Realität. Es war eine Etappe, bei der noch Alessandro de Marchi schwer stürzte und mit mehreren Brüchen ins Krankenheus gebracht wurde. Auch Fausto Masnada und Gino Mäder mussten aufgeben. Mäder war am Mittwoch gestürzt und offenbar nicht erholt. Masnada hatte Knieprobleme.

So ausgelutscht der alte Spruch erscheint, dass der Giro erst in Mailand zu Ende ist – er stimmt. Grand Tours sind anspruchsvoll, tückisch und lang – ein kurzer Moment der Unachtsamkeit, oder einfach Pech und alles ist vorbei.


Bouchard – fleißiger Punktesammler

Sein Teamkollege gewann die Etappe und Geoffrey Bouchard applaudierte, als er einige Minuten später über die Linie rollte. Er darf sich freuen, für seinen Kollegen, aber auch sich selbst. Denn er sammelte wichtige Bergpunkte und bleibt in Blau.

Egan Bernal wird wohl in den nächsten Tagen noch automatisch Bergpunkte einsammeln, so war es enorm wichtig für Bouchard, den Vorsprung zu vergrößern. Mit nun 96 Punkten ist er noch lange nicht durch, aber gelingt es noch 2-3 Mal in die Gruppe des Tages zu kommen, könnte er nach dem Gewinn der Bergwertung bei der Vuelta 2019 nun auch beim Giro dieses Wertungstrikot holen. Es bleibt schwer, ist aber durchaus möglich.


Der Hai attackiert

Er kann vermutlich nicht anders – im Finale der 12. Etappe griff Vincenzo Nibali in der letzten Abfahrt an und setzte sich ab. Sein Ziel wird wohl gewesen sein, die Konkurrenz unter Druck zu setzen und Lücken im Feld zu provozieren. Der „Hai von Messina“ ist in der Gesamtwertung so weit zurück, dass die Ineos Mannschaft ihm locker ein paar Sekunden „schenken“ kann. Am Ende waren es sechs, die sicher niemandem wehtun.

Bei Gianni Moscon könnte es aber durchaus schmerzen. Denn der wollte bei seinem Landsmann am Rad bleiben und stürzte. Er konnte zwar weiterfahren, wird sich aber im Nachhinein sicher auch denken, er hätte den Hai einfach ziehen lassen sollen.