Premiere am 7. April 2024: Zum ersten Mal überhaupt dürfen sich die Zuschauer im Velodrome von Roubaix auf drei aufeinanderfolgende Zielankünfte freuen. Neben den Profis gehen am Sonntag auch die Fahrer der U19- und der U23-Nachwuchsrennen an den Start. Einer von ihnen ist der 18-jährige Franzose Matys Grisel, der 2023 die Juniorenversion der „Hölle des Nordens“ in einem dramatischen Finale gewonnen hatte.  

Geraint Thomas, Jasper Stuyven, Florian Senechal, Mads Pedersen, Thomas Pidcock. Die Liste der Fahrer, die schon einmal das U19-Rennen des Klassikers im Norden Frankreichs für sich entschieden haben, kann sich sehen lassen. 2023 trug sich Matys Grisel auf der berühmten Radrennbahn in Roubaix in diese Liste ein, nachdem er im Zielsprint knapp die Nase vorn hatte vor seinem damaligen Teamkollegen von AG2R Citroën Oscar Chamberlain.


Bei dem kuriosen Finale war es der Australier, der zwar jubelnd die Ziellinie überquerte, aber im Fotofinish hauchdünn das Nachsehen hatte. „Das war ein sehr emotionaler Moment“, blickt Grisel heute auf seinen größten Triumph beim selbsternannten Lieblingsrennen zurück. Ein Traum sei wahr geworden. Auch wenn das Finale Radsportfans ein wenig an den Strade-Bianche-Zielsprint der Teamkolleginnen Demi Vollering und Lotte Kopecky erinnern mag, betonten später sowohl Grisel als auch Chamberlain, dass sie kein Problem mit dem Finale des Rennens gehabt hätten. Oscar Chamberlain konnte sich 2023 immerhin noch mit dem Zeitfahrweltmeistertitel der Junioren trösten. Auch Grisel nahm an der WM in Glasgow teil und belegte im Straßenrennen den 20. Platz.

Am Sonntag tritt Matys Grisel nun in der U23-Klasse an und rechnet sich mit seinem neuen Team Chancen auf einen erneuten Erfolg aus. Seit dieser Saison ist die französische Nachwuchshoffnung im Trikot des Lotto Dstny Development Teams unterwegs. Als Puncheur sieht er sich nach eigener Auskunft in einem belgischen Team bestens aufgehoben. „Ich bin hier sehr gut aufgenommen worden“, berichtet er. Als einziger Franzose im Team hat der 18-Jährige keine Anpassungsprobleme verspürt.  
(Foto links: Grisel mit seinem Teamkollegen (links) und Sieger-Pokal von La Marzocco)

       

Entsprechend positiv gestimmt blickt er auf die ersten Renneinsätze in diesem Jahr zurück. Bei der Classic Var und der Tour des Alpes-Maritimes stand er neben Profis wie Lenny Martinez, Romain Bardet oder David Gaudu am Start. Die 1. Etappe der Tour des Alpes-Maritimes beendete er knapp hinter Bardet und Benoît Cosnefroy auf dem 10. Platz, noch vor Michael Woods oder Guillaume Martin. Sein bisher bestes Ergebnis in diesem Jahr ist der 5. Platz beim Amateur-Eintagesrennen Brussel-Opwijk, das sein Teamkollege Joshua Giddings gewann. 

Mit seiner neuen Mannschaft möchte Matys Grisel nun auch bei der U23-Ausgabe von Paris-Roubaix vorne mitmischen. Während das Paris-Roubaix-Rennen der U19 in Lecelles gestartet wird und nach 111 km und 17 Pavé-Sektoren in Roubaix endet, müssen die U23-Fahrer am 7. April länger in die Pedale treten. Vom Startort Le Cateau-Cambrésis sind es knapp 164 Kilometer bis nach Roubaix, 25 Kopfsteinpflasterpassagen sind dabei zu absolvieren. In den vergangenen Jahren wurde dieses „Paris-Roubaix Espoirs“-Rennen im Mai oder Juni ausgetragen, 2024 erstmals parallel zu den Rennen der Profis und der U19-Kategorie. 

Dass am 7. April nun noch einige Kilometer und einige Pavés mehr als im Vorjahr auf ihn warten, sieht der junge Franzose gelassen. Gerne würde er seine bisherige Erfolgsgeschichte in der „Hölle des Nordens“ weiterschreiben. Zum nunmehr dritten Mal nimmt er den Kampf mit den tückischen Kopfsteinpflasterpassagen im Angriff. Bei seiner Premiere 2022 wurde er Zehnter, bevor er 2023 – wie erwähnt – gewann.

Wenn man Matys Grisel nach seinen Vorbildern im Radsport fragt, fällt sofort der Name eines Fahrers, dem die Strecke im Norden Frankreichs ebenfalls besonders liegt: „Mathieu van der Poel“. Es dauert nicht lange, bis er einen zweiten Namen nennt. Auch Arnaud De Lie aus dem Profi-Team von Lotto Dstny imponiert Grisel sehr, wie er ausführt. Wenn es mit dem eigenen Traum vom Profisport nicht klappen sollte, hat der Nachwuchsfahrer einen Plan B in der Hinterhand. Dank der Fleischerei des Vaters hat er eine berufliche Alternative. Sein Vater war es auch, der ihn für das Radfahren begeisterte. Seit er sechs Jahre alt ist, sitzt Matys Grisel im Sattel, erst auf einem Mountainbike, dann auf dem Rennrad. Nachdem er für seinen Heimatverein CC Nogent-sur-Oise gute Ergebnisse erzielte, führte ihn sein Weg zum Nachwuchsteam von AG2R Citroën, für das er 2022 und 2023 in die Pedale trat.    

Seinem ehemaligen französischen Team hat er auch ein ganz besonders Souvenir hinterlassen: eine außergewöhnliche Kaffeemaschine von La Marzocco. Der Hersteller sponsort die Junioren-Ausgabe von Paris-Roubaix. Der Sieger des Rennens darf als Erinnerungsstück eine Edel-Kaffeemaschine als Unikat mit nach Hause nehmen. Bei Matys Grisel ist die Mini-Espressomaschine „Paris-Roubaix Juniors“ hingegen bei seinem damaligen Team gelandet – und nicht mit nach Belgien gewechselt. Grisel, der gerne Kaffee trinkt, muss schmunzeln, wenn er davon berichtet. Die Erinnerung an seinen Triumph 2023 bei seinem Lieblingsrennen kann ihm sowieso keiner nehmen.