Nach der Sensations-Saison 2023 mit dem Grand-Tour-Triple lag die Messlatte extrem hoch und es konnte fast nur bergab gehen. Doch die Saison 2023 war tatsächlich ein Schritt zurück für das niederländische Team. Das ging schon mit der Popcorn-Geschichte um die Verpflichtung von Cian Uijtdebroeks los und zog sich durch die gesamte Saison. Doch nicht alle Dinge hat ein Team selbst in der Hand, selbst ein solch professionelles wie Visma | Lease a Bike. Die schweren Stürze von Wout van Aert vor den Pflaster-Höhepunkten und der von Jonas Vingegaard bei der Baskenland-Rundfahrt trafen die Mannschaft hart. Fraglos bitter und unverschuldet, doch von solchen Rückschlägen bleibt auf lange Sicht keine Mannschaft verschont.
Der Visma-Höhenflug von 2023 konnte nicht fortgesetzt werden, auch wenn es insgesamt eine gute Saison war. Doch ein Team, das in einer Saison alle drei Grand Tours mit drei verschiedenen Fahrer gewinnt und bei der Vuelta das komplette Podium stellt, wird anschließend eben an diesen Erfolgen gemessen. Die Äußerungen der Teamleitung bezüglich des vermeintlich unprofessionellen Verhaltens anderer Teams prägt mit all diesen Erfolgen im Rücken natürlich auch das Image und kam nicht überall gut an. Wenig verwunderlich, dass die niederländische Mannschaft in diesem Jahr besonders beobachtet wurde.
Eine gute Saison
Man holte immerhin 18 Siege auf WorldTour-Level – nur UAE gelangen mehr! Dazu Gesamtrang zwei bei der Tour de France und wichtige Siege im Frühjahr – beispielsweise bei den Etappenrennen Paris-Nizza und Tirreno-Adriatico, dazu auch den Eintagesrennen Omloop Het Nieuwsblad und Kuurne-Brüssel-Kuurne. Insgesamt 32 Siege – nur drei Teams holte mehr Erfolge.
Die Gesamtsiege bei Paris-Nizza und Tirreno-Adriatico wurden allerdings nicht gegen Pogacar eingefahren, und bei den wichtigsten Klassikern im Frühjahr war man gegen Van der Poel chancenlos – auch wegen Van Aerts bitterem Ausfall. Die überraschend gute Tour de France von Vingegaard, die Etappensiege von Van Aert bei der Vuelta und auch der Etappensieg von Olav Kooij beim Giro sorgen für eine ordentliche Bilanz bei den Grand Tours. Doch weder beim Giro, noch bei der Vuelta konnte man sich in der Gesamtwertung in den Top10 platzieren. Hier sei jedoch angemerkt, dass Uijtdebroeks auf Gesamtrang fünf lag, als er das Rennen aufgeben musste.
Anspruch und Wirklichkeit
Als Klassenlehrer der WorldTour 2024 wurde man dem Team Visma | Lease a Bike durchaus eine gute Gesamtnote ins Zeugnis schreiben. Doch gemessen an den Erfolgen und dem Auftreten 2023 ist es durchaus ein Leistungsabfall. Wo geht es nun 2025 hin, für die niederländische Mannschaft? Das Team galt als besonders innovativ und Vorreiter des Radsports in Sachen Training, Professionalität, Teamführung und Nachwuchsförderung. Dieses Image genoss man sehr. Doch es scheint, als habe die Konkurrenz aufgeholt, nicht nur UAE.
Klar ist, dass sich die Mannschaft verändern wird. Mit Merijn Zeeman verlässt eine bislang sehr wichtige Person das Team. Im Jahr 2013 kam der Sportdirekter ins Team, gilt als einer der wichtigsten Figuren für den Aufstieg der Mannschaft. Zudem verlassen altgediente Fahrer die Mannschaft – wie beispielsweise Robert Gesink. Man darf gespannt sein, wie es für das Team weitergeht. Dass Vingegaard und Van Aert langfristig gebunden sind, auch Jorgenson mindestens noch bis Ende 2026 bleibt und dazu einige junge Fahrer nachrücken, muss man sich keine Sorgen machen. Doch der Anspruch ist, die größten Rennen der Welt zu gewinnen – dort Messlatte liegt extrem hoch, durch Pogacar bei den Grand Tours, und auch bei Klassikern, durch Fahrer wie Van der Poel. 2024 war ok, 2025 soll es aber sicher wieder etwas aufwärts gehen.