Lennard Kämna

Die Teamvereinigung Velon und der Vermarkter Infront wollen mit ihrer „Hammer Series“ den Radsport revolutionieren. Das kündigten sie bei der Präsentation des neuen Rennserie an. Die Serie ist ein Mannschaftswettbewerb, der an jeweils drei aufeinanderfolgenden Tagen ausgetragen wird. Preisgelder für einzelne Fahrer gibt es nicht, Sieger ist ein Team, nicht ein Fahrer. Die Teams nominieren jeweils sieben Fahrer, von denen täglich fünf starten. Am vergangenen Wochenende fand nun die mit Spannung erwartete Premiere statt. 

 

Innovation

Zunächst muss man den Versuch, mal etwas Neues zu probieren, anerkennen. Der Radsport ist sehr traditionell und nicht für seine Innovationsfreude bekannt. Der Sport muss sich weiterentwickeln und braucht neue Erlösquellen. Das Konstrukt der Sponsor-Namensgeber-Abhängigkeit macht eine langfristige Planung für die Teams nahezu unmöglich. Betrachtet man allein die World-Tour-Teams, wird schnell klar, dass ohne finanzkräftige Gönner eine Handvoll Teams nicht mehr dabei wären. Dies aufzubrechen wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Ob das jedoch mit dieser Rennserie gelingen kann, bleibt abzuwarten. Dass nur wenige Zuschauer beim Rennen vor Ort waren, sollte man nicht überbewerten, denn aller Anfang ist schwer. Dass nur Velon-Teams am Start waren und nicht die ganz großen Stars, hat sicher auch eine Rolle gespielt. Dass das Rennen parallel zur Dauphine stattfand, dem wichtigsten Tour-Vorbereitungsrennen, macht das ganze zusätzlich schwierig.  

Sehr positiv war, dass man das Rennen ganz bequem verfolgen konnte: über Live-Streams bei Facebook, oder via Twitter – sehr komfortabel. Das würde man sich bei vielen Radrennen wünschen.

 

Wie steht es eigentlich?

Kern der neuen Serie ist ein Punktesystem. An den ersten beiden Renntagen sammelt man Punkte und Bonussekunden, diese sind für die abschließende Mannschaftsverfolgung entscheidend. Während beim Finale das bekannte „wer vorn ist, führt“ gilt, konnte man bei den beiden anderen Wettbewerben sehr leicht den Überblick verlieren. Allein das Punktesystem (10, 8.1, 6.6, 5.3, 4.3, 3.5, 2.8, 2.3, 1.9, 1.5) für die Platzierungen bei den Wertungen ist eher was für Mathematik-Fans. Wenn dann noch, wie beim „Hammer Climb“ zum Auftakt, die Website mit den „Live Standings“ abstürzt, wird es schwer. Vor allem für die Zuschauer an der Strecke. So fuhren da die Renner im Kreis, sprinteten, aber viele wussten nicht, wie es steht und wer welche Taktik verfolgt. Schön, dass der erste Fahrer, der das Ziel erreicht jubelt, aber das nur wenig über das Abschneiden des Teams aussagt. Weniger Verwirrung und mehr Übersicht wären wünschenswert.

 

Unterhaltsames Rennen, aber nicht nach Plan

Eigentlich sollte der zweite Renntag, der „Hammer Sprint“, für Sprintspannung sorgen. Doch Radrennen werden eben von den Fahrern gemacht, nicht von den Organisatoren. Gesprintet wurde in den acht Runden nur ein Mal. Dafür entwickelte sich ein sehr unterhaltsames Rennen. Attacken im Sekundentakt, jede Minute eine andere Rennsituation und definitiv keine Langeweile. Während beim „Hammer Climb“ früh die Gruppe stand, aus der sich dann eben meist Carlos Betancur die Punkte holte, war der „Hammer Sprint“ mit Abstand das interessanteste Rennen.

 

Peloton TTT und Gaga-Finale

Zum Abschluss stand die Mannschaftsverfolgung an. Teamzeitfahren auf einem engen Kurs und eigentlich nach klaren Regeln. Eigentlich. Doch als die ersten Teams sich einholten, fuhren vier Mannschaften hintereinander im Pulk. Windschatten galore und so als sportlicher Wettkampf wenig sinnvoll, denn gerade beim Mannschaftszeitfahren soll ja die Stärke der Teams entscheidend sein. Der Kampf um den Gesamtsieg war dennoch spannend. Sunweb holte Sky ein, diese folgten bis kurz vor die letzte Kurve, sprinteten vorbei und am Ende reichte es knapp. 

 

 

 

Bessere Regeln, mehr Taktik? 

Dass man zum Abschluss ein Mannschaftszeitfahren wählte, ist nachvollziehbar. Denn die Rennserie ist im Kern ein Mannschaftswettbewerb. Doch so wie es ausgetragen wurde, ergab es sportlich wenig Sinn. Windschattenfahren, teilweise schuldlos, denn auf schmalen Wegen war schlichtweg nicht genügend Platz. Holen sich Teams ein, wird es immer schwierig. Alle disqualifizieren ist da wohl wenig sinnvoll. Vielleicht müsste man dort einen Schritt weiter gehen. Nur Straßenräder erlauben und Windschattenfahren erlauben? Oder weg vom Mannschaftszeitfahren hin zu einem Staffel-Rennen? Man wird probieren müssen, was machbar und sinnvoll wäre. 

Eines wurde bei der Premiere deutlich: Es braucht klarere Regeln, sonst wird es für die Zuschauer undurchsichtig bleiben. Der Radsport lebt auch von der Taktik. Hat man verstanden, wie der Sport funktioniert, ist eine Flandern-Rundfahrt 100 Mal spannender als diese Hammer Series. Doch geht es darum, neue Zuschauer zu locken, kann weniger Taktik durchaus sinnvoll sein. Dann muss das Rennen aber auch nachvollziehbar sein, für jeden Zuschauer. Und genau hier wird es schwer, wenn nicht der erste an der Linie der Sieger ist. Man darf gespannt sein, welche Schlüsse die veranstaltende Teamvereinigung Velon zieht und wie es mit der Serie weitergeht.