Der Wecker klingelt normalerweise nicht vor acht Uhr, aber spätestens um Neun. Das kommt mir als Morgenmuffel entgegen. Der erste Weg führt dann direkt zum Frühstück. Logischerweise mit dem Fahrstuhl – bei einer Tour de France wird keine Energie unnötig verschwendet. Etwa drei Stunden vor dem Start sollte man frühstücken, danach richtet sich der Ablauf. So hat der Körper noch etwas Zeit zum Verdauen bevor das Rennen startet.
Nach dem Frühstück heißt es schnell den großen Koffer packen und vor die Tür stellen. Die Betreuer laden ihn in den Truck und stellen ihn im nächsten Hotel in dein Zimmer – ein super Service! Wenn ich nach dem Kofferpacken noch etwas Zeit habe, mache ich mir noch einen Kaffee. Ich habe immer eine kleine Aeropress, einen Wasserkocher, Bohnen und ein Mahlgerät dabei. Der Kaffee in den meisten französischen Hotels schmeckt menschenverachtend – da gehe ich lieber auf Nummer sicher und mache meinen eigenen Kaffee.
Taktik-Besprechung, Einschreiben, Barbershop
Der Transfer mit dem Bus zum Start ist meistens entspannt. Jeder hat sein Smartphone in der Hand und guckt was es Neues gibt. Man klebt dann schon die Nummer ans Trikot oder putzt sich die Zähne.
Sobald wir am Start angekommen sind, gibt es die taktische Besprechung. Da schauen wir uns die letzten Meter der Etappe zum Teil mit Google-Streetview-Videos, oder GoPro-Aufnahmen an. Für jede Etappe wird ein taktischer Plan festgelegt und jeder Fahrer weiß genau, was seine Aufgabe ist.
Nach der Taktik-Besprechung ziehe ich mich meistens schnell um und fahre zum Einschreiben. Anschließend, wenn Zeit bleibt, schaue ich noch im Tour-Village vorbei. Das ist ein abgesperrter Bereich für Sponsoren, geladene Gäste, Journalisten und uns Fahrer. Dort gibt es Kaffee, Köstlichkeiten aus der jeweiligen Region, alle aktuellen Zeitungen und sogar einen Barbershop. Ihr könnt euch vorstellen, dass ich dort ein gern gesehener Gast bin. Im Village trifft man immer andere Fahrer zum Plaudern und kann noch einen Kaffee oder ein Wasser trinken.
Massage und Entspannung
Was während der Etappe passiert, lässt sich ja im TV verfolgen. Nach der Etappe fahre ich mich meistens noch auf der Rolle aus. Das ist gut für die Regeneration. Danach gehts im Bus unter die Dusche und es steht auch bereits Essen bereit. Während einer Grand Tour isst man eigentlich die ganze Zeit. Der Körper verbrennt während der Etappe so viel Energie, dass man permanent für Nachschub sorgen muss.
Sobald alle Fahrer fertig sind, mit Duschen und Geben von Interviews, geht es ins nächste Hotel, der Koffer ist ja bereits vor mir dort. Meist falle ich erstmal ins Bett, bis eine Nachricht von einem unserer Betreuer kommt, dass ich zur täglichen Massage kommen kann, genieße ich die Ruhe. Es ist der einzige Moment am Tag, wo man wirklich mal zur Ruhe kommt. Ich habe immer eine Musikbox dabei und versuche bei etwas Musik einigermaßen zu entspannen.
Tonnenweise Kohlenhydrate und Proteine
Der nächste Termin ist das Abendessen. Da man jeden Tag das Hotel wechselt, kann es schon mal vorkommen, dass man länger nach dem Restaurant sucht, als einem lieb ist. Dann heißt es, gefühlt tonnenweise Kohlenhydrate und Proteine in sich reinzuschaufeln. Meistens sitzen wir noch lange am Tisch, trinken noch einen koffeinfreien Kaffee und quatschen einfach nur über dies und das – über Autos, die Gruppettogeschichten des Tages und alles was uns so bewegt.
Abends passiert dann nicht mehr viel. Wir bekommen unsere Wäsche wieder, die noch aufgehängt werden muss und danach bin ich meistens bereit fürs Bett. Netflix ist eine willkommene Abwechslung, und leichte Unterhaltung ist nach einem stressigen Tag genau das Richtige. Denn am nächsten Tag steht schon die nächste Etappe an.
Der Tagesabluf während der Tour:
8 Uhr Wecken
9 Uhr Frühstück
10:30 Abfahrt zum Start
11:30 Uhr Etappenstart
16:30 Uhr Etappenziel
19:00 Uhr Massage
20:00 Uhr Abendessen
22:30 Uhr Licht aus
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