Du bist 30 Jahre alt, was kannst du jetzt besser, als vor fünf Jahren?

Die Erfahrung macht sich schon bemerkbar. Auch bei ganz einfachen Dingen. Als junger Profi bist du ins erste Trainingslager gefahren und wusstest nicht, was auf dich zukommt. Jetzt ist es ganz normal und man macht sich weniger Gedanken, ist weniger aufgeregt.

 

Gilt das auch für die Rennen – bist du weniger aufgeregt?

Bei den großen Rennen nicht. Da bin ich immer noch aufgeregt. Aber das brauche ich auch, das pusht mich. Dieses Gefühl erinnert einen auch daran, was in der Vergangenheit passiert ist. Es ist ein Gefühl wie vor einer Prüfung. Aber nicht „Scheiße, ich hab nicht gelernt“ (lacht). Es ist eher eine Form von Vorfreude.

 

Kannst du dir vorstellen, mit 40 noch Radprofi zu sein?

Nein.

 

Glaubst du, dass du noch fünf Jahre Bock hast?

Schon, ja. Aber das ist vor allem auch eine mentale Sache. Vielleicht ändert sich das auch noch einmal. Es gibt ja viele, die gesagt haben, ich will nicht länger fahren als soundso, waren dann aber doch noch zwei Jahre länger Profis. Ich will mich da nicht festlegen, aber im Moment fühlt es großartig an und ich hoffe, dass bleibt noch ein paar Jahre.

 

Es gibt nun immer mehr Rennen über Schotter, zuletzt auch bei Paris-Tours, wo es viel Kritik gab – findest du die Entwicklung zu immer mehr Gravel gut?

Zu Paris-Tours konkret kann ich wenig sagen, weil ich nicht dabei war. Aber ich verstehe die Überlegungen dahinter natürlich. Wenn wir die Tour de France nehmen, wo es bei einem Anstieg auch diese Gravel-Sektion gab. Das waren schon tolle Bilder, auch mit dem Staub. Aber sportlich war es weniger bedeutend. Ich finde, es gibt Rennen, wo das dazugehört, auch aus der Tradition heraus. Aber ob es jetzt bei jedem Rennen sein muss, wage ich zu bezweifeln.

 

Wie siehst du das bei Gent-Wevelgem, mit den Plugstreets?

Bislang sind wir immer im Trockenen gefahren und das war kein Problem. Ich hoffe, dass es nicht nach hinten losgeht, wenn es mal regnet. Grundsätzlich steckt bei diesem Thema hinter den Überlegungen der Veranstalter natürlich die Idee, das Rennen interessanter zu machen. Vor allem die kleineren Rennen kämpfen um Aufmerksamkeit. Und ich denke, es schon sinnvoll, Überlegungen anzustellen, wie man die Rennen aufwerten kann.

Wenn wir beispielsweise die ASO nehmen, die auch oft kritisiert wird, da finde ich es schon gut, dass man mal mit den Bonussprints versucht etwas mehr Spannung reinzubringen. Es ist vielleicht nicht auf Anhieb perfekt, aber das sind schon interessante Überlegungen.

Um den Radsport voran zu bringen braucht es vielleicht noch mehr Innovationen. Warum nicht mal über Ansätze nachdenken, die vielleicht ein Spielsystem haben wie „Schlag den Raab“? Wo man vielleicht im Verlauf eines Etappenrennens immer mehr Punkte holen kann. Natürlich nicht bei jedem Rennen, aber vielleicht mal ein Event, dass anders ist, etwas auflockert. Ich denke, man sollte offen sein, neben den sehr traditionellen Rennen auch mal etwas Neues zu versuchen.

 

Wie siehst du die Powermeter-Debatte? Glaubst du, dass ein Verbot etwas bewirken würde?

Also es ist schon krass, wie extrem einige Fahrer sich am Berg an den Powermetern orientieren. Die wissen genau, wie viele Watt sie fahren können und fahren dann genau nach Wattmesser. Aber wenn wir die Klassiker nehmen, da bringt dir ein Powermeter nichts, da musst du mit, wenn die Attacken gehen. Da ist es dann im Nachhinein krass die Werte zu sehen: bei Dwars door Vlaanderen 330 Watt im Schnitt über fünf Stunden ist schon krass. Aber es bringt im Rennen nichts, da kannst du nicht nach Wattmesser fahren.

Degenkolb (ganz links) auf dem Weg zum Tour-Etappensieg
Also nicht verbieten?

Naja, das ist ein schwieriges Thema. Will man dann komplett den Garmin verbieten? Wie will man verhindern, dass die Info dann nicht aus dem Auto kommt? Dann müsste man die Datenaufzeichnung unterbinden. Aber wollen wir wirklich auf dieses moderne Analyseinstrument verzichten? Es bietet ja auch die Möglichkeit eine Leistung nachzuvollziehen. Um ehrlich zu sein, ich hab da auch keine Lösung parat, aber ich bin mir sicher, dass die Wattmesser einen großen Einfluss auf die Rennen haben.

 

Also wärst du grundsätzlich für ein Verbot?

Wenn es einen sinnvollen Lösungsansatz gibt, ja. Aber ich denke, das wird extrem schwierig.

Perfekter Saisonstart 2018 – 1. Rennen, 1. Sieg | John Degenkolb gewinnt Trofeo Campos
Zum Abschluss: Wann und wo startet deine Rennsaison 2019? 

Wie 2018 bei der Mallorca Challenge, und wenn es nach mir geht, dann genau so wie im vergangenen Jahr – mit einem Sieg.