O’Connor – verdienter Sieger

Er war im richtigen Moment vorn dabei, ließ sich auch von den beiden Kolumbianern nicht austricksen und spielte am Ende seine Klasse aus – Ben O’Connor ist der verdiente Sieger dieser 9. Etappe. Dass er nebenbei auch in der Gesamtwertung richtig Boden gutmacht, ist ein toller Nebeneffekt. Aber für seine Mannschaft war vor allem der Tagessieg enorm wichtiger! Diese Tour ist schon jetzt ein Erfolg, der Druck nun weg. Mit dem neuen Sponsor Citroen an Bord und nach dem schwierigen Jahr 2020 ist dieser Sieg besonders wertvoll.


Cofidis – Teamwork

Das Team Cofidis kämpft seit Jahren um einen Erfolg bei der Tour. Die französische Mannschaft hat sich neu aufgestellt, hatte im vergangenen Jahr Guillaume Martin verpflichtet und ihm nun immer mehr das Vertrauen gegeben. Schon bei der Dauphine war zu sehen, dass die Mannschaft gut zusammenarbeitet und wohl insgesamt einen großen Schritt nach vorn gemacht hat. Anthony Perez opferte sich am Sonntag für seinen Kapitän auf und machte lange das Tempo. Martin wurde Tagesvierter und rutscht vor in die Top10 der Gesamtwertung. Ein Etappensieg wäre für das Team sicher der größere Erfolg, als am Ende Rang neun – aber das Team präsentiert sich stark und fährt offensiv. Das werden auch Fans und Sponsoren gutheißen.


Pogacar souverän

Auch wenn er das Gelbe Trikot zwischendrin virtuell an Ben O’Conner verloren hatte, Tadej Pogacar schien auch am Sonntag alles im Griff zu haben. Am Ende war er erneut der stärkste der Klassementfahrer und setzt den nächsten Wirkungstreffer bei der Konkurrenz. Es waren zwar „nur“ 30 Sekunden, die er der Konkurrenz heute aufbrummte, aber sie wirkten vernichtend. Carapaz setzte die Attacke und Pogacar konterte spielend. Es war eine Demonstration der Stärke, die nun keinerlei Zweifel mehr aufkommen lässt – Pogacar ist in dieser Verfassung unschlagbar. Man muss fast befürchten, dass er am Mittwoch am Mont Ventoux erneut zum Schlag ausholt – es wäre dann fast eine Art K.O. Denn, bleibt er gesund und sturzfrei, kann er in den Pyrenäen vermutlich komplett in den Vorsprung-Verwaltungs-Modus schalten. Aber die Tour bleibt die Tour – ein Hund, eine Erkältung, ein Moment der Unachtsamkeit und das Rennen ist vorbei, selbst für Pogacar.


Nairo der Bergkönig

Nairo Quintana hat eingesehen, dass er mit dem Kampf um das Podium nichts zu tun hat. Er ist nicht in der Verfassung früherer Jahre und einfach nicht stark genug. Also setzte er sich ein neues Ziel – das Bergtrikot. Eine kluge Entscheidung, denn sollte er tatsächlich im Gepunkteten Trikot nach Paris rollen, wird das seinem Team Arkea-Samsic viel Anerkennung bescheren. Quintana ist absolut in der Lage dieses Trikot zu behalten, auch, weil die Konkurrenz bislang überschaubar ist. Wout Poels ist aktuell vielleicht der einzige ernstzunehmende Konkurrent. Und bei wenigen Bergankünften in dieser Tour, wird ihm vielleicht auch Tadej Pogacar das Trikot nicht wegschnappen.
Auch für Quintanas Fans wäre das Trikot ein wichtiger Erfolg. Denn der Kolumbianer ist von dem Nairo Quintana, der den Giro gewann, meilenweit entfernt. Damals nutzte Quintana jede Chance zum Angriff, wirkte selbstbewusst und clever. Nun sprintet er um Bergpunkte, wo es keine mehr zu holen gibt, zuckt mit dem Ellenbogen (als Aufforderung für die Fahrer hinter ihm das Tempo zu machen) gefühlt noch häufiger als in der Vergangenheit. Dazu scheint er einfach ein paar PS verloren zu haben. Doch wer weiß, vielleicht verleiht ihm das Bergtrikot neuen Mut, Selbstbewusstsein und Stärke – seine Fans würden sich freuen.


Die Cav-Faust fürs Zeitlimit

Mark Cavendish ist auf einer Genusstour durch Frankreich. Er genießt nicht nur den Erfolg, sondern auch das Leiden in vollen Zügen. Zumindest scheint es so. Die Geschichte des Mark Cavendish, der im Herbst in Tränen ausbrach, weil er sich am Ende seiner Karriere wähnte, dann von Patrick Lefevere auf eine Abschiedstour geschickt wurde, bei der man den ehemaligen Top-Sprinter so mit Vertrauen auflud, dass er wieder Rennen gewann, dann mit etwas Glück zur Tour nominiert wurde und schließlich das Märchen mit zwei Etappensiegen perfekt machte, ist bekannt. So lang wie dieser Satz war auch der Weg von Cav zurück in die Weltspitze.

Nun kostet er es aus, wieder mittendrin zu sein. Er kämpfte auf dem Weg nach Tignes am Sonntag abgehängt um jede Sekunde. Als er im Zeitlimit blieb, reckte er die Faust des Trumpfes und herzte im Ziel seine Helfer ausgiebig. Emotional berührt, wie wohl bei so manchen Siegen nicht. Es scheint so, als sei es für ihn eben alles nicht selbstverständlich, sondern bedeutend und ein Genuss. Selbst das Leiden in den Bergen. Für viele Fans wird es sehr schön sein, zu beobachten, dass ein großer Champion im Spätherbst seiner Karriere mit so viel Feuer seinen Traum lebt.


Die Highlights der Etappe