Seit Jahren gehört das Team Deceuninck-QuickStep zu den erfolgreichsten der Welt. Meist holt man die meisten Saisonsiege – so auch 2021. Satte 65 Erfolge konnte man feiern – beeindruckend! Im Siegesranking steht Jumbo-Visma an Rang zwei – mehr als 20 Siege weniger.
Doch es ist nicht nur die Anzahl der Siege, die Deceuninck-QuickStep zum Top-Team machen – die Qualität ist enorm. Fünf Tour-Etappensiege, dazu mit der Flandern-Rundfahrt eines der Monumente gewonnen. Schaut man nur auf die WorldTour-Erfolge, sind es immer noch 25 Siege. Das Team steht nicht ohne Grund an der Spitze des WorldRankings.
Bei den Klassikern geliefert
Seit Jahren sind die Frühjahrsklassiker von großer Bedeutung für das Team. Hier müssen Siege eingefahren werden, so der Anspruch. Seit mehr als einem Jahrzehnt gilt das belgische Team als das Top-Team für die Pflasterklassiker. Der Anspruch ist enorm und der Druck, gerade in der belgischen Heimat, gewaltig. Mit den neuen Wunderknaben Mathieu van der Poel und Wout van Aert hat man nun bei den Klassikern extreme Konkurrenz. So wurde vor der Saison spekuliert, ob das Team seine Vormachtstellung verlieren könnte und dann möglicherweise mächtig Gegenwind zu spüren bekäme. Die Antwort ist eindeutig: Nein. Abgesehen vom im Herbst ausgetragenen Paris-Roubaix, wo man nach vielen Defekten am Ende etwas blass blieb, lieferte das Team von Patrick Lefevere bei den Klassiker ab. Der Sieg bei der Ronde – als Kasper Asgreen im Sprint sensationell Mathieu van der Poel bezwang, war das Highlight.
Doch dazu holte man mit exzellenter Teamleistung den Sieg beim E3-Prijs, gewann den Omloop, siegte bei der Classic Brugge-De Panne. In den Ardennen lief es ebenfalls ordentlich – Sieg beim Fleche, Rang zwei in Lüttich. Mehr als solide.
Rundfahrten – Cav als unerwarteter Tour-Star
Bei den Grand Tours kann man ebenfalls zufrieden sein. Die Etappensiege und das Grüne Trikot von Mark Cavendish waren eine der ganz großen Stories der Tour und sorgten für mächtig Aufmerksamkeit. Beeindruckend, wie Cavendish im „Bonusjahr“ seiner Karriere wieder aufblühte und zum besten Sprinter der Tour wurde. Eine Story, ideal für das Image des selbsternannten „Wolfpack“. Zusammenhalt, Teamarbeit und Selbstvertrauen spielten bei Cavs Erfolgen sicher eine große Rolle.
Beim Giro blickte die Radsportwelt auf Remco Evenepoel, der dort nach seinem Beckenbruch bei Il Lombardia im Jahr zuvor wieder ins Renngeschehen einstieg. Der belgische Überflieger schlug sich ordentlich, konnte aber (noch) nicht ganz vorn mitfahren. Sein Teamkollege Joao Almeida fuhr zunächst nicht auf Top-Niveau, drehte in der Schlusswoche aber auf und landete am Ende auf Rang sechs. Doch die Spannungen waren zu spüren und es überrascht wohl kaum jemanden, dass Almeida das Team verlässt.
Bei der Vuelta war es Fabio Jakobsen, der nach dem Horror-Unfall in Polen 2020 nun wieder mit neuem Lächeln von Sieg zu Sieg eilte und für emotionale Geschichten sorgte. Drei Etappensiege und das Sprintertrikot holte Jakobsen in Spanien – eine tolle Comeback-Geschichte.
Abseits der Rennen
Es ist Patrick Lefevere und seinen Kollegen erneut gelungen, ein sehr erfolgreiches Team zu formen und an die vergangenen Jahre anzuknüpfen. Immer wieder gelingt das exzellent. Abgänge von Top-Fahrern werden kompensiert, jungen Talenten Chancen eingeräumt – wie beispielsweise Mauri Vansevenant in diesem Jahr. Da werden aber auch mal Fahrer wie Tim Declerq aus kleineren Teams verpflichtet und mit einer ganz konkreten Aufgabe versehen, die sie dann erfüllen und dafür Anerkennung erhalten. Man scheint bei wechselndem Kader stets den Charakter und Spirit des Teams beibehalten zu können. Durchaus beeindruckend, denn das gelingt nicht vielen Mannschaften.
Doch im Jahr 2021 sorgte der Teamchef höchstselbst für Schlagzeilen, die man nicht nur bei den Sponsoren als unnötig empfinden dürfte. Vor allem die Geschichte mit Sam Bennett, der das Team wieder verlässt und nun zurück zu Bora-hansgrohe wechselt, dass er damals unbedingt verlassen wollte, sorgte für Wirbel. Wie auch immer man die Geschichte inhaltlich bewerten mag, Lefevere vergriff sich mehrfach im Ton und musste zurückrudern und entschuldigte sich dann (was ihm positiv anzurechnen ist) auch für seine Wortwahl. Lefevere ist eine Radsportgröße alter Schule. Stolz und Eitelkeit wird er wohl nicht abstreiten – sein sportlicher Erfolg ist beeindruckend, dass er es immer wieder schafft auch in schwierigen Zeiten neue Geldgeber zu finden, ist ebenso beachtlich. Doch seine Kolumne als das ewige Öl ins Feuer der teaminternen Auseinandersetzungen hilft vor allem der Het Nieuwsblad.
QuickStep bleibt QuickStep
Sam Bennett wird das Team verlassen, aber das wird man nach dem Comeback von Fabio Jakobsen und den Querelen verschmerzen können. Die Eckpfeiler im Team bleiben – Alaphilippe, Asgreen, Evenepoel, Lampaert, Morkov. Dazu setzte man weiter auf Talente, beispielsweise Vansevenant und Honore. Dazu wurden mit Ethan Vernon und Martin Svrček zwei Talente verpflichtet. Noch ist die Transferperiode nicht beendet und Lefevere ist bekannt dafür, das ein oder andere kluge Schnäppchen zu realisieren.
Am Charakter des Teams wird sich wohl auch 2022 wenig ändern – möglicherweise wird man bei den Grand Tours mit Evenepoel und Weltmeister Alaphilippe eine größere Rolle spielen können, als in diesem Jahr. Doch das erste ganz große Ziel bleibt auch 2022 die Klassikerkampagne.