Wout van Aert macht Tempo

Die fünfte Etappe der Tour de France 2022 war mit Spannung erwartet worden und es wurde tatsächlich ein dramatisches Rennen. Die Hatz über das grobe Kopfsteinpflaster Nordfrankreichs ist gefährlich, vor allem für die Klassementfahrer. Und wie erwartet kam es zu Stürzen und Defekten, die den weiteren Verlauf dieser Tour beeinflussen. Mit Jack Haig musste einer der Mit-Favoriten das Rennen bereits aufgeben.

Der Sturz im Kreisverkehr – Haig raus, Roglic kugelt sich die Schulter aus

In einem Kreisverkehr kurz vor dem Eingang zu Sektor 5 – einem der schwersten Pflasterabschnitte des Rennens – kam es zu einem folgenschweren Sturz. Das Kameramotorrad streifte einen Sicherungsballen, der auf die Straße rutschte. Stefan Küng konnte noch ausweichen, aber dahinter krachte es. Caleb Ewan musste zu Boden und es wurde eine Kettenreaktion ausgelöst. „Ich hatte großes Glück, Caleb war direkt neben mir“, sagte Maximilian Schachmann. John Degenkolb fuhr etwas weiter hinten und auf der anderen Seite des Kreisverkehrs. „Ich hatte keine Chance, bin voll reingekracht. Es hat da einige erwischt, mir ist glücklicherweise nichts passiert. Ich bin ganz schnell wieder aufs Rad und weiter“, so Degenkolb.

Hart erwischt hatte es in dieser Situation Jack Haig, der das Rennen aufgeben musste. Auch Primoz Roglic stürzte und kugelte sich die Schulter aus. Er konnte sie auf dem Stuhl eines Fans wieder einrenken, verlor aber am Ende mehr als zwei Minuten.


Pech bei Jumbo-Visma, starke Leistung von Wout van Aert

Das Team Jumbo-Visma erwischte einen „Scheiß Tag“, wie es Wout van Aert ausdrückte. Zuerst stürzte Van Aert mehr als 90 Kilometer vor dem Ziel. Dann hatte Jonas Vingegaard in einem ungünstigen Moment Defekt, sprang auf das viel zu große Rad seines Teamkollegen, wechselte auf das Rad eines anderen Teamkollegen um dann erst vom Auto sein Ersatzrad zu bekommen. Es wirkte ein wenig kopflos, denn schließlich wechselten gleich drei Fahrer die Räder. „Ich hätte es anders handhaben sollen“, sagte Vingegaard im Ziel gegenüber NOS. Vermutlich wäre es besser gewesen, er hätte direkt auf das Teamauto gewartet. „Mit Adrenalin kann so etwas passieren“, sagte Niermann.


Dass Vingegaard am Ende nur 13 Sekunden auf Tadej Pogacar einbüßte, hat er vor allem Wout van Aert zu verdanken. „Ich habe die besten Teamkollegen der Welt“, sagte Vingegaard im Ziel. Das gesamte Team opferte sich für ihn und Roglic auf. Herausragend fuhr der Mann in Gelb. „Ich war nach dem Sturz nur 20 Sekunden dahinter, mit zwei, drei weiteren Fahrern, aber ich hätte die Lücke nicht schließen können“, sagte John Degenkolb. „Dann kam Wout mit Vingegaard, G (Geraint Thomas) und weiteren Fahrern von hinten. Ich weiß nicht, wie viel Watt Wout da gefahren ist, aber das war brutal“, zeigte sich Degenkolb von der Leistung des Belgiers beeindruckt.

Pogacar überragend, Bora stark, O’Connor im Pech

Einen beeindruckenden Auftritt zeigte auch Titelverteidiger Tadej Pogacar auf dem Pflaster der „Hölle des Nordens“. In Sektor fünf war er der einzige Fahrer der nach dem Sturz der kleinen Favoritengruppe, Jasper Stuyven folgen konnte. Sie arbeiteten gut zusammen und erreichten schließlich 13 Sekunden vor der Verfolgergruppe um Vingegaard das Ziel.

Stark fuhr auch das Bora-hansgrohe-Team. Erst hielt Nils Politt gemeinsam mit Marco Haller Aleksandr Vlasov gut in Position, später machte auch Maximilian Schachmann eine herausragende Arbeit. Vor allem Schachmann beeindruckte auf dem Pflaster. Dass sie auf Thomas und Vingegaard keine Zeit rausholen konnten, lag an Wout van Aert. Dennoch war es für Bora-hansgrohe ein sehr ordentlicher Renntag.

Großes Pech hatte Ben O’Connor. Der Australier hatte im ungünstigen Moment Defekt und büßte viel Zeit ein. Er liegt nun in der Gesamtwertung mehr als viereinhalb Minuten zurück.

Die Position der GC-Fahrer in der Gesamtwertung:

RangFahrerTeamZeit
1Wout Van AertJumbo Visma16:17:22
2Neilson PowlessEF Education-EasyPost0:13
4Tadej PogacarUAE Team Emirates0:19
7Jonas VingegaardJumbo-Visma0:40
8Adam YatesINEOS Grenadiers0:48
10Geraint ThomasTrek – Segafredo0:50
12Aleksandr VlasovBora-hansgrohe0:56
17Daniel Felipe MartinezINEOS Grenadiers1:09
18Romain BardetDSM1:10
19Nairo QuintanaTeam Arkéa Samsic1:14
20David GaudiGroupama-FDJ1:15
21Jakob FuglsangIsrael PremierTech1:20
22Enric MasMovistar1:21
39Guillaume MartinCofidis2:07
40Rigoberto UranEF Education-EasyPost2:18
44Primoz RoglicJumbo-Visma2:36
67Ben O’ConnorAg2R-Citroen4:34
73Louis MeintjesIntermarché – Wanty – Gobert4:47
 

Gogl und Oss verletzt, Clarke mit emotionalem Sieg

Neben dem Kampf der Klassementfahrer gab es erneut eine emotionale Sieger-Story. Simon Clarke, der im Winter ohne Vertrag dastand und am kommenden Ruhetag seinen 36. Geburtstag feiert, holte sich hauchdünn den Sieg. Ausgerechnet Clarke holt für sein in dieser Saison nicht so starkes Team Israel-PremierTech den Tour-Etappensieg.

In einen Sturz mit einem Zuschauer verwickelt waren Daniel Oss, Danny van Poppel und Michael Gogl. Oss und Gogl mussten das Rennen nach Brüchen aufgeben. Gogl brach sich Schlüsselbein und Hüfte, Oss erlitt einen Halswirbelbruch.


Die Highlights der Etappe im Video: