Im Trainingslager vor der Saison 2023 (Foto: Bora-hansgrohe)

Zur neuen Saison hat sich beim Team Bora-hansgrohe einiges geändert. Vier Fahrer verließen das Team, vier Fahrer kamen neu in die Mannschaft. Dazu wurde der Performance-Bereich neu strukturiert. Dan Lorang wird nun als Head of Performance keine Sportler mehr trainieren, sondern die einzelnen Performance-Bereiche koordinieren. „Die neue Stelle hat sich aus einem Bedarf heraus ergeben. Wir haben viele gute Ideen, aber es hat eben an einigen Stellen nicht alles so geklappt, wie wir uns das erhofft hatten. Wir haben Innovationsprojekte angestoßen, mussten aber sehen, dass uns dafür einfach die Manpower fehlte“, erklärt Dan Lorang.

Grundsätzlich lag bereits zuvor ein Teil des Performance-Bereichs im Aufgabenbereich von Lorang, neben der Trainertätigkeit blieb allerdings nur wenig Zeit. „Um ein Beispiel zu nennen: Wenn wir bezogen auf das Thema Hitze nach der Analyse aktueller Studien und wissenschaftlicher Arbeiten eine Innovation anschieben, dann wollen wir diese auch auch optimal umsetzen und schauen, was genau etwas bringt. Wenn wir dann Daten von 30 Fahrern erheben, braucht man auch die Möglichkeit, diese auszuwerten. Da geht es schon los. Das ist bisher im Kleinen geschehen, nun aber wollen wir es in einigen Bereichen besser angehen, das Innovationspotenzial insgesamt mehr ausschöpfen. Das war bislang auch schon ein Teil meiner Aufgabenbeschreibung, aber wenn man Head Coach sein will, kann man das auf hohem Level unmöglich nebenbei machen“, so Lorang.

Zweigeteilte Struktur – Aldag + Lorang

Teamchef Ralph Denk schaffte die Grundlage für die neue Performance-Struktur. „Grundsätzlich unterscheiden wir im Bereich Performance zwischen Mensch und Maschine. Also auf der einen Seite alles was mit Material zu tun hat, auf der anderen alles, was die Leistung der Fahrer beeinflusst“, erklärt Denk. „Der Bereich Material unterliegt Rolf Aldag, für das Physiologische ist Dan Lorang zuständig. In den Bereichen, wo sich beide Themenfelder überschneiden, ist eine gute und enge Zusammenarbeit natürlich besonders wichtig.“

Die Mannschaft Bora-hansgrohe will sich langfristig in der Riege der Top-Mannschaften festsetzen, ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess ist dafür notwendig. „Es geht für uns in allen Bereichen darum, Potenziale zu identifizieren und gezielt daran zu arbeiten. Es sind die berühmten marginal gains, die bei der extremen Leistungsdichte in der Spitze unseres Sports den Unterschied machen. Mit Rolf und Dan haben wir absolute Top-Leute, die uns in den Bereichen voranbringen“, so Denk.

Aldag ist neben dem Material auch für den Bereich Taktik verantwortlich. „In Sachen Material sind wir mit Rolf und Gerd (Kodanik), unserem Head of Technical Performance und Technik-Mastermind, super aufgestellt. Rolf hat dabei auch die Verantwortung für die Sportdirektoren“, erklärt Lorang.

„Meine Aufgabe ist es, die Bereiche der Trainer, Physios, Ärzte, Nutritionists und Köche besser zu koordinieren. Jedes Department arbeitet dabei für sich. Meine Aufgabe ist es, das zu koordinieren, abzustimmen und für eine optimal funktionierende Kommunikation zu sorgen. Ich behalte den Überblick, wenn ich sehe, wo es vielleicht etwas hapert, dann versuche ich für Spezialisten das Umfeld zu schaffen, wie sie noch besser arbeiten können“, sagt Lorang.

Das gilt für bestehende Prozesse, aber auch für Innovationen. „Um es anschaulich zu machen: Ich stelle natürlich keine Diagnosen, das machen unsere Ärzte. Aber wenn wir ein Konzept für beispielsweise Hitze oder Höhe brauchen, dann schaue ich dass wir das entwickeln. Hier sind eben meist alle physiologischen Bereiche involviert, da müssen auch Physios, Trainer, Nutritionists zusammenarbeiten, um eine mögliche Verbesserung umsetzen zu können“, so Lorang.

Koordinator

Für Lorang ist es eine neue Rolle, die ihn durchaus gereizt hat. „Ja, das ist ein Stück weit neu für mich und es reizt mich auch. Es lief aber so, dass wir gemeinsam, also auch mit Ralph und Rolf, überlegt haben, wer diesen Job übernehmen könnte. Ich hatte ja bereits gesagt, dass die Stelle aus einem Bedarf heraus entstand, nun ging es darum, wer kann das machen. Ich kenne die Strukturen, die Menschen, brauche keine Zeit um das alles kennenzulernen. Da lag das eigentlich auf der Hand. Dazu hat es mich persönlich gereizt, es hat neue Dimensionen für mich. Ich muss nun manchmal auch unangenehme Entscheidungen treffen. Als Trainer hat man doch eher die angenehmen Sachen“, sagt Lorang und lacht. „Ralph sieht einen Nutzen in der Neustrukturierung und wir haben uns dann gemeinsam darauf geeinigt, dass meine Rolle verändert wird. Dann haben wir gezielt nach einem neuen Trainer gesucht.“

Mit dem Beginn der Vorbereitung auf die neue Saison begann auch Lorangs neuer Job. „Zunächst habe ich den Bezug zum Personal intensiviert. Ich werde das Personal genau so behandeln, wie die Sportler zuvor – ich versuche das beste aus ihnen rauszuholen, gute Beziehungen zu schaffen und zu pflegen und dafür zu sorgen, dass jeder seinen Job möglichst gut machen kann. Es gab durchaus ein paar Sachen, die nicht ausgesprochen waren, wo wir direkt ansetzen wollten. Zudem arbeiten wir nun mit Hansi Friedl intensiv zusammen. Er koordiniert sämtliche physiktherapeutische Maßnahmen. Ich versuche eine Struktur zu schaffen, die den optimalen Austausch zwischen Hansi, den Docs, den Physios und so weiter ermöglicht.“

Das Team bringt den Erfolg

„Am Ende ist es mein Job, dafür zu sorgen, dass alles läuft. Für meine neue Position ist das Team der Spezialisten extrem wichtig. Das Zwischenmenschliche muss passen, das ist entscheidend“, so Lorang. „Das ist ja auch die Philosophie des Teams. Man will von allen Menschen etwas mitnehmen, jeder soll sich einbringen, nicht einfach ein Chef alles vorgeben. Das bedeutet aber mehr Arbeit, mehr Kommunikation und das muss natürlich auch zu den Menschen passen. Ich denke, das ist insgesamt eine große Stärke von Bora-hansgrohe.“

Die Sportler, die bislang von Lorang trainiert wurden, bekommen nun neue Trainer. „Im ersten Moment waren sie schon überrascht, wobei es einige wohl auch schon vermutet hatten, weil sie mitbekommen haben, mit welchen Themen ich mich beschäftige. In einem Trainer-Wechsel liegt immer auch eine Chance, wir haben exzellente Leute im Team und dazu bin ich ja auch nicht weg. Das ist am Ende des Tages wirklich kein Problem“, so Lorang.

Die Herausforderung sieht er eher an anderer Stelle. „Es ist nun natürlich so, dass man schwer sagen kann: Das war ein erfolgreicher Monat. Erfolge sind bei der neuen Aufgabe schwerer messbar, als beispielsweise beim Trainer-Job. Vielleicht muss man nach einem Jahr mal schauen, was man erreicht hat und dann überlegen wie man weiter macht. Aber im Moment sind durchaus schon erste Verbesserungen erkennbar. Zudem geht es für mich dann auch eher darum, dass es gut ist, wenn alles klappt. Beispielsweise im Trainingslager. Konnten wir wirklich alles umsetzen, was wir wollten? Das ist dann schon ein wenig messbar. Was das anbetrifft, bin ich sehr zufrieden, wie es bislang läuft.“

Auch wenn Lorang beim Team Bora-hansgrohe nun eine neue Aufgabe hat, ganz verzichten muss er auf die Trainertätigkeit nicht. Die Sportler anderer Disziplinen abseits des Radsports, die er bisher trainiert hat, wird er weiterhin betreuen.