Im Winter steckte man die Ziele für die Saison 2022 ab. Erstmals konzentriert sich das Team Bora-hansgrohe bei einer Grand Tour voll auf Gesamtwertung. Das Podium beim Giro d’Italia wurde als großes Ziel ausgegeben, das Team für die Italien-Rundfahrt voll darauf ausgerichtet. Gleich drei potenzielle Podiumskandidaten werden ins Rennen geschickt, so sah es der Plan schon im Winter vor. Neben Emanuel Buchmann sind Wilco Kelderman und Jai Hindley dabei – beide standen bereits auf dem Podium des Giro.
Dazu waren seit Winter Lennard Kämna, Giovanni Aleotti und Ben Zwiehoff fest für den Giro eingeplant und haben sich auch darauf vorbereitet. Reibungslos lief die Vorbereitung nicht, Corona, Erkältungen und Stürze haben an vielen Stellen die Teams ausgebremst, so auch bei Bora-hansgrohe. Dennoch ist der Giro-Kader beim einzigen deutschen WorldTour-Team in großen Teilen so, wie im Winter geplant. Wir stellen die Mannschaft hier vor.
Wilco Kelderman – Kapitän Nr. 1
Der erfahrene Niederländer bringt alles mit, was ein guter Grand-Tour-Fahrer benötigt. Ordentliche Zeitfahrqualitäten und gerade an langen Bergen extrem stark. Dazu kann er auch über drei Wochen ein gutes Niveau halten. In den Nachwuchskategorien galt der inzwischen 32-Jährige als künftiger Grand-Tour-Sieger. Eine große Rundfahrt gewinnen konnte Kelderman nicht, doch er war bei Tour de France und Vuelta in den Top5, stand beim Giro auf dem Podium. Kelderman ist sehr konstant in seinen Leistungen. Er hat keinen spektakulären Fahrstil, aber in Top-Form gibt es nur ganz wenige, die vor allem bergauf besser sind. Seine große Schwäche ist, dass er zu oft stürzt. Auch bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2022 erwischte es ihn beim Massensturz, schuldlos. Bitter, so kurz vor dem Giro. Doch glücklicherweise kam er ohne Brüche davon und kann beim Giro starten.
„Schon im ersten Meeting im Januar haben wir sagt, dass wir für den Giro sehr offensiv ausgerichtet sind, haben drei Kapitäne“, sagt Jens Zemke, Sportlicher Leiter bei Bora-hansgrohe. Die Idee dahinter ist klar und drückt Zemke so aus: „Dann kann man auch etwas spekulieren, mal was Verrücktes machen und vielleicht auch so in Rosa fahren“. Wie sehr man von Kelderman überzeugt ist, macht auch Zemke klar. „Wilco ist ein exzellenter Radfahrer, der alles mitbringt. Er stand 2020 auf dem Podium, hatte kurz vor Schluss noch das Rosa Trikot, das sagt alles“, so Zemke.
Die Vorbereitung war nicht optimal. Auch Kelderman wurde im Frühjahr krank, musste das geplante Höhentrainingslager verschieben. Konsequent richtete man alles auf den Giro aus, baute den Rennplan um. Seit Mitte März ist Kelderman nur beim Monument in Lüttich gestartet, wo er leider verletzt aufgeben musste.
Wilco Kelderman ist ein extrem professioneller Radprofi, der so viel Erfahrung hat, dass er ganz genau weiß, wo er steht. Das Team wird versuchen, dass der Niederländer in der ersten Woche möglichst keine Zeit verliert. Geht er mit wenig Rückstand in die entscheidende Schlusswoche, ist Kelderman viel zuzutrauen. Ist er aber selbst bereits zu weit in der Gesamtwertung zurück, kann er als Helfer für einen der anderen Leader extrem wertvoll sein. Kommt Kelderman heil und gesund durch die ersten eineinhalb Wochen, ist ein Zwischenziel erreicht.