
Die Transfers zur Saison 2025
Abgänge:
Koen Bouwman, Robert Gesink, Michel Heßmann, Johannes Staune-Mittet, Jan Tratnik, Milan Vader, Mick van Dijke, Tim van Dijke
Zugänge:
Matthew Brennan, Niklas Behrens, Victor Campenaerts, Tijmen Graat, Menno Huising, Daniel McLay, Jorgen Nordhagen, Simon Yates, Axel Zingle
Mit 8 Abgängen und 9 Neuzugängen ist beim Team Visma | Lease a Bike einiges in Bewegung geraten. Mit Jan Tratnik und Robert Gesink verliert das Team zwei sehr erfahrene Fahrer. Durchaus schmerzhaft dürfte es sein, neben Tratnik auch die umworbenen van-Dijke-Zwillinge an die RedBull-Bora-Konkurrenz zu verlieren. Etwas überraschend sagte auch das norwegische Klettertalent Johannes Staune-Mittet „Tot ziens!“ und verließ die niederländische Equipe trotz eines langfristigen Vertrags. Große Sorgen dürfte der Aderlass der Teamleitung aber nicht bereiten, konnten mit Victor Campenaerts und Simon Yates zwei leistungsstarke Routiniers verpflichtet werden. Gespannt sein darf man auf die weitere Entwicklung von Neuzugang Alex Zingle – und natürlich auf die von U23-Weltmeister Niklas Behrens, der jüngst zu Deutschlands Radsportler des Jahres gewählt wurde. Aus dem eigenen Development-Team kommen verheißungsvolle Talente wie Tijmen Graat, der 2024 bei der Tour de l’Avenir den 3. Platz belegte und die Bergwertung gewann, oder Jorgen Nordhagen, der bei seinem ersten Profi-Einsatz in 2024 in die Top 10 der Deutschland-Tour fuhr.
Der Kader ist auch 2025 sehr breit aufgestellt und bietet eine erfolgsversprechende Mischung aus Grand-Tour-Fahrern, Eintagesspezialisten und hungrigen Talenten, die sich auf dem höchsten Level weiterentwickeln können. Für alle Terrains und Rennarten kann die niederländische Mannschaft eine schlagkräftige Truppe aufbieten, sofern sie nicht wieder wie 2024 von großem Verletzungspech verfolgt wird.
Der Visma | Lease a Bike Kader für die Saison 2025
Der Kader ist auch 2025 sehr stark. Jonas Vingegaard, Sepp Kuss und Simon Yates haben bereits große Rundfahrten gewonnen. Der Däne will bei der Frankreich-Rundfahrt Tadej Pogacar erneut herausfordern. Dabei kann er nicht nur auf starke Kletterkollegen bauen, sondern auch auf die Erfahrung und Rennintelligenz von Benoot, Yates oder Van Aert.
Dazu kommen jüngere Top-Fahrer wie Jorgenson und Uijtdebroeks. Gerade der Belgier dürfte nach einer enttäuschenden Premieren-Saison bei Visma | Lease a Bike mit einer Extraportion Motivation in die neue Saison gehen.
Neben Vingegaard sticht natürlich Wout van Aert heraus, der sich mit einem reduzierten Cross-Programm auf das Frühjahr vorbereitet. In Normalform ist mit dem Belgier der bereits auf stolze 16 Klassiker-Siege kommt, immer zu rechnen. Selbstverständlich nicht nur bei Eintagesrennen, sondern auch bei den Rundfahrten.
Mit Laporte und Benoot hat das Team weitere Asse für die Frühjahrsrennen im Ärmel – spannend wird sein, wo Neuzugang Behrens als Allrounder eine Chance bekommt, sein Potenzial zu zeigen.
Visma | Lease a Bike kann aber nicht nur bei Klassikern und Grand Tours vorne mitmischen. Mit Affini und Campenaerts hat die Mannschaft zwei Zeitfahrspezialisten in ihren Reihen. Für einwöchige Rundfahrten gibt es mit Yates, Jorgenson oder Kuss hervorragende Siegesanwärter. Und mit Olav Kooij hat die Mannschaft einen guten Sprinter, der mit Neuzugang Dan McLay einen erfahrenen Lead-out bekommt. Kooij hat 2024 von den insgesamt 32 Siegen der Mannschaft immerhin 8 Erfolge beigesteuert – er will 2025 beim Giro angreifen.
Schlüsselfahrer
Die beiden Schlüsselfahrer sind fraglos Jonas Vingegaard und Wout van Aert. Beide haben für das Team bereits enorm wichtige Siege herausgefahren – und beide haben dank schwerer Verletzungen ein ziemlich schwieriges Jahr hinter sich.
Dass der Däne, der sich beim Horrorsturz auf der Baskenland-Rundfahrt mehrere Knochenbrüche und eine schwere Lungenverletzung zugezogen hatte, überhaupt so stark bei der späteren Tour de France auftrumpfte, überraschte auch die Teamleitung, wie jüngst noch Grischa Niermann ausführte.
Die Strecke der Tour de France ist 2025 gewiss nicht von Nachteil für Vingegaard – wenn da nicht der übermächtig scheinende Konkurrent wäre. Doch warum soll sich das, was dem Team 2023 mit perfekter Mannschaftstaktik gelang, nicht noch mal wiederholen lassen? Voraussetzung für einen weiteren Tour-Coup ist allerdings, dass die Vorbereitung optimal läuft und nicht nur Vingegaard, sondern auch seine zentralen Helfer in Bestform antreten.
Dass Wout van Aert 2024 als Eichhörnchen verkleidet bei der TV-Show „Masked Singer“ auftrat, dürfte noch zu den vergnüglichsten Momenten des Jahres für den belgischen Ausnahmefahrer zählen. Der 29-Jährige stürzte schon im Frühjahr bei Dwars door Vlaanderen schwer und musste bei Frühjahrsklassikern und beim Giro d’Italia zusehen. Ein heftiger Sturz bei der Vuelta überschattete dann die zweite Saisonhälfte. In Spanien hatte er zuvor mit 3 Tageserfolgen und 8 Top-10-Plätzen alte Stärke gezeigt.
Auch für ihn gilt: Bleibt er dieses Jahr von Verletzungen verschont, sollte man sich lieber keine großen Hoffnungen auf hohe Quoten bei den Wettanbietern machen, wenn van Aert bei bestimmten Rennen am Start steht.
Stärken
Drei ehemalige Grand-Tour-Gewinner, ein Klassikerkönig, Top-Fahrer für jedes Terrain, dazu eine Reihe erfahrener Helfer und vielversprechende Talente: Die enorme Qualität in der Breite zeichnet das Team auch 2025 aus. Die Erwartungshaltung insgesamt ist weiterhin hoch. Die Equipe hat nach der Traumsaison 2023 im Folgejahr zwar nicht enttäuscht, aber auch nicht überragend agiert. Das kann ein Ansporn sein für das neue Jahr. Für die Niederländer spricht, dass sie es in der Vergangenheit immer wieder geschafft haben, Fahrer weiterzuentwickeln. Man denke an Roglic, Laporte oder Vingegaard. Welche Fahrer künftig Schritte nach vorne machen, wird spannend zu beobachten sein.
Schwächen
Wenn es eine sportliche Schwachstelle in dem ansonsten breiten Kader gibt, ist es der Sprint. Mit dem 23 Jahre jungen Olav Kooij hat die Mannschaft nur einen echten Fahrer in ihren Reihen, der bei handelsüblichen Sprintankünften ganz vorne mitmischen kann.
Darüber hinaus bleibt abzuwarten, wie sich die Veränderungen auf der Ebene der Teamleitung auswirken. Die niederländische Mannschaft hat den modernen Radsport durch eine Vielzahl innovativer Herangehensweisen geprägt. Diese sind eng mit dem Namen von Sportdirektor Merijn Zeeman verbunden, der in dieser Funktion seit 2017 für das Team tätig war. Er wechselt nun die Sportart und arbeitet künftig beim niederländischen Fußball-Erstligisten AZ Alkmaar. Mit Martijn Redegeld, dem Head of Nutrition, zieht es noch eine weitere Fachkraft in den Profi-Fußball: Nach fünf Jahren beim Team wechselt der Ernährungsexperte zu Ajax Amsterdam. Eine Folge der Umstrukturierungen ist, dass Grischa Niermann in Zukunft noch mehr Verantwortung übernimmt.
Ziele
Über allem steht bei Visma | Lease a Bike ein Erfolg bei der Tour de France. 2024 überwog im Team trotz famoser Leistung von Vingegaard die Enttäuschung darüber, es nicht ganz oben aufs Podium geschafft zu haben. Auch bei den Klassikern dürfte man angesichts der zurückliegenden Erfolge und des starken Kaders nicht weniger als den einen oder anderen Sieg erwarten. Prestigeträchtige Erfolge bei Paris-Nizza oder Tirreno-Adriatico nimmt man quasi als Beifang im Hinblick auf die Grand Tours gerne mit.
Prognose
Visma | Lease a Bike erlebt ein ähnliches Jahr wie 2024. Für den Tour-Sieg reicht es nicht ganz, dafür wird das Team insgesamt aber mehr Siege einfahren als im Vorjahr. In alter Form wird Wout van Aert wieder einen der großen Frühjahrsklassiker gewinnen – ob es aber endlich für eines der Pflaster-Monumente reicht, bleibt abzuwarten.