Eschborn-Frankfurt

Sie meinen es ernst, die Jungs und Mädels der ASO, daran haben sie bei der Präsentation am Donnerstag im Frankfurter Opernturm keine Zweifel gelassen. Die ASO hat 2017 den Radklassiker Eschborn-Frankfurt übernommen und sich zudem für viele Jahre zur Ausrichtung der Deutschland Tour verpflichtet. Profi-Radsport und Deutschland, das passt zusammen, ist man beim Tour-Veranstalter überzeugt. Es muss eben nur etwas angeschoben werden. Da hilft man gern.

Natürlich macht die ASO das nicht aus selbstloser Velo-Liebe, sondern man hat in Deutschland einen wirtschaftsstarken Standort mit reichlich potenziellen Sponsoren erkannt. Wer will es dem französischen Familienunternehmen verdenken, zumal der Radsportfan in Deutschland nichts gegen hochklassige Rennen hierzulande einzuwenden hat.

 

Eschborn-Frankfurt – der letzte Frühjahrsklassiker

Seit diesem Jahr ist die ASO Veranstalter von Eschborn-Frankfurt. Das Rennen ist in die WorldTour aufgestiegen und soll sich nun in der ersten Liga etablieren. Klar, schon als „Henninger“ gab es prominente Starter und große Sieger, aber das Rennen stand international nie auf Augenhöhe mit den ganz großen Klassikern, wie Lüttich-Bastogne-Lüttich oder Paris-Roubaix. Zudem hatte es in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren.

Nun soll es wieder aufwärts gehen. Man will Eschborn-Frankfurt als letzten Klassiker des Frühjahrs etablieren. Das Starterfeld 2017 konnte sich sehen lassen: Marcel Kittel, Andre Greipel, Peter Sagan – die ganz großen Namen waren dabei. Doch anders als die Lokalmatadoren John Degenkolb und Tony Martin, kamen sie allesamt nicht in Top-Form, sondern aus einer Rennpause nach Frankfurt. Das große Problem ist der Zeitpunkt im Kalender.

 

Der 1. Mai ist gesetzt

Mit dem Tag der Arbeit ist das Rennen fest verbunden. Schaut man sich den UCI-Rennkalender und die Saisonplanung der Teams an, wird das Problem deutlich. Die Pflaster-Klassiker-Fahrer gehen nach Paris-Roubaix, oder spätestens dem Amstel Gold Race in eine Pause, bauen die Form danach wieder auf.

Bei den Ardennen-Klassiker-Spezialisten teilt sich die Gruppe auf. Die einen wollen anschließend den Giro d’Italia fahren, nehmen dafür vielleicht die Tour de Romandie mit. Die andere Gruppe geht in eine Pause und bereitet sich dann auf die Tour de France vor. Eschborn-Frankfurt passt für keine dieser Saison-Planungen perfekt.

Von Paris-Roubaix sind es mehr als drei Wochen bis zum Klassiker in Frankfurt, aus Sicht der Pflaster-Experten eine lange Zeit. Auch für die Giro-Starter erscheint der Termin nicht optimal. Will man vor der Italien-Rundfahrt noch bei Eschborn-Frankfurt starten, müsste man im kommenden Jahr wohl schon direkt aus Frankfurt zum Giro-Auftakt nach Jerusalem fliegen. Alles nicht optimal, aber auch nicht unmöglich.

„Ob es Klassiker-Fahrer sind, oder Rundfahrer, es wird einige Fahrer geben, die Eschborn-Frankfurt dranhängen, oder es zum Aufbau für den Giro nutzen“, so Claude Rach, der Geschäftsführer der ASO-Tochter ‚Gesellschaft zur Förderung des Radsports‘. Mit zwei Tagen nach dem Ende der Tour de Romandie sei man gut positioniert. Rach glaubt zudem, dass auch einige der Pflaster-Klassiker-Spezialisten mit Blick auf das Frankfurter Rennen den Aufbau gestalten können um in Top-Form am Start zu stehen. Dabei verweist Rach auf Sieger Alexander Kristoff. 

Egal welche internationalen Stars man nach Frankfurt locken will, nur wenn das Rennen für die Teams an Bedeutung gewinnt, gewinnt auch die Starterliste an Prominenz. Das hilft dann auch Zuschauer anzulocken und für ein großes Medienecho zu sorgen.

Nathanael Bank, Fabian Wegmann und Claude Rach (Foto: Weitsprung / Isaak Papadopoulus)

Neue Strecke, mehr Spannung

Natürlich hat man sich auch bei der ASO detailliert Gedanken gemacht, wie das Rennen aufgewertet werden könnte. Der WorldTour-Status scheint sicher, denn dem Tour-de-France-Veranstalter wird es wohl gelingen, zehn Erstliga-Teams an den Start zu bekommen. Das ist für die neuen WorldTour-Rennen nötig um den Status zu behalten.

Doch man will eben nicht nur die Teams, sondern auch namhafte Fahrer und ein spannendes Rennen. In den letzten Jahren lief es meist nach dem gleichen Schema ab und Klassikerfahrer hatten es schwer, einen Sprint zu vermeiden. Das soll sich ändern. So hat man den Kurs deutlich schwerer gemacht. „Es war schon das Ziel, das man von diesem reinen Sprintfinale wegkommt, man den Klassikerspezialisten Chancen gibt sich abzusetzen und den ganzen Tag Spannung zu bieten“, sagt Nathanael Bank, der Projektleiter von Eschborn-Frankfurt.

Gut möglich, dass sich das positiv aufs Rennen und das Starterfeld auswirkt, schließlich geht es um reichlich UCI-WorldTour-Punkte. Ein toller Kurs und attraktiver Sport – ein wichtiger Schritt für das Rennen. Sich mit einem anspruchsvollem Parcours als „letzten Klassiker des Frühjahrs“ positionieren zu wollen, klingt einleuchtend.

 

Prestige aufbauen, international ausrichten

Eine tolle Strecke allein lockt nicht automatisch die ganz großen Fahrer zum Rennen. Es muss Prestige aufgebaut werden, das hat man bei der ASO verstanden. Klar, die deutschen Fahrer kommen gern, zeigen sich den einheimischen Fans und genießen die Atmosphäre, aber das können sie auch, wenn sie „nur mitrollen“. Wichtig ist, die Stars top-motiviert nach Frankfurt zu locken. 

Eschborn-Frankfurt muss eine feste Größe im Kalender sein, dann sind Stars und internationale Aufmerksamkeit garantiert. „International“ ist dabei das Stichwort. Denn jedes Team befriedigt die Wünsche der Sponsoren, und diese sind internationale Aufmerksamkeit. Das gilt auch für ein deutsches Team wie Bora-hansgrohe, deren Sponsoren ebenfalls international ausgerichtet sind. 

In welchem Land das Rennen stattfindet, ist für die Sponsoren zweitrangig. Wichtiger ist, in wie vielen Ländern es für Aufmerksamkeit sorgt. Genau an diesem Punkt scheint die ASO der perfekte Veranstalter. Sie haben Kontakte in die ganze Welt, verfügen selbst über Verbreitungskanäle und können mit der Tour de France als Hauptprodukt die deutschen Rennen nebenbei mit anpreisen.

 

Ohne Erfolgsgarantie

Es sind ambitionierte Ziele, die man verfolgt. Eine Erfolgsgarantie gibt es nicht, das ist auch den erfahrenen Veranstaltern klar. Doch es scheint, als folge man einem klaren Plan. Mit Fabian Wegmann hat man jemanden verpflichtet, der weiß, wie Klassiker-Strecken aussehen sollten, und das Orga-Team des Klassikers wurde größtenteils übernommen.

Zudem hat man bei Eschborn-Frankfurt ein riesiges und sehr erfolgreiches Jedermann-Rennprogramm und viele Nachwuchs-Rennen. Die Voraussetzungen für den Aufstieg des Rennens sind gut, auch wegen der Stärke der ASO. Die Radsportfans ins Deutschland würden sich sicher freuen, in den nächsten Jahren noch mehr Superstars und vor allem ein tolles Rennen am 1. Mai erleben zu können.