Vicenzo Nibali | Hai mit Handicap
Team Trek-Segafredo | 36 Jahre alt | 2x Girosieger, 1x Tour, 1x Vuelta
Der „Hai von Messina“ wirkt manchmal Oldschool, fast wie ein Überbleibsel aus einer vergangenen Radsportepoche. Die großen Stars der neuen Zeit sind akribische Arbeiter, wissenschaftlich perfekt betreut und so auf den Sieg programmiert. Sodass es fast den Eindruck macht, als folgen sie ausnahmslos der aufgesetzten Formel, die den Sieg als wahrscheinlichstes Ergebnis ausgibt.
Vincenzo Nibali ist anders. Der Italiener ist ein Instinkt-Radfahrer. Natürlich wird auch er wissenschaftlich betreut und arbeitet akribisch, aber er folgt in den Rennen oft seinem Gefühl, weniger den Wattzahlen. Gut, mal verstrickt er sich so in Scharmützeln mit der Konkurrenz, wovon dann auch mal ein Dritter profitiert, aber das kann sich Nibali erlauben – er hat fast alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt und fährt längst nicht mehr nur für Ruhm und Geld die großen Rennen.
Nibali ist ein Fahrer, der in der Abfahrt attackiert, der das Rennen sprengt, wenn er fühlt, dass dies möglich ist. Er ist, wenn er in Top-Form ist, ein Element des Rennens und nicht nur Teilnehmer. Schon öfter schien er abgeschrieben, gab nie auf und triumphierte.
Nach seiner schweren Handverletzung kurz vor dem Giro scheint er wieder geschlagen zu sein, ehe es losgeht. Aber Nibali ist vor allem dann gefährlich, wenn er nichts zu verlieren hat. Mit 36 ist der Hai in die Jahre gekommen, längst nicht mehr so schnell und wendig. Aber es dürfte immer noch verdammt weh tun, wenn er zubeißt.
Berg: 9/10 – In Top-Form sehr stark.
Zeitfahren: 8/10 – Nicht mehr so gut, wie früher, aber ordentlich.
Form: ?/10 – Nach seiner Handverletzung schwer einzuschätzen.
Team: 9/10 – Für die Berge durchaus stark aufgestellt.
Taktisches Vermögen: 10/10 – Extrem erfahren, sehr clever.
Bonus: Der Hai hat alles erlebt, alles gewonnen – Druck macht nur er sich selbst und er gibt nie auf.
Schwäche: Es fehlt ihm unterdessen an Explosivität.
Prognose: Hält die Hand, ist Top10 realistisch.
